# taz.de -- Antisemitische Hetze auf Wahlplakaten: Gerichte bremsen Ermittlungen
       
       > Die Partei Die Rechte verbreitete antisemitische Plakate. Aber das Amts-
       > und das Landgericht Hannover genehmigten keine Durchsuchungen.
       
 (IMG) Bild: Die Holocaust-Leugnerin und Die Rechte-Spitzenkandidatin Ursula Haverbeck im Jahr 2020
       
       HAMBURG taz | Das Statement der Partei Die Rechte markiert ihren Feind
       unmissverständlich: „Israel ist unser Unglück! Schluss damit“, steht in
       fetten Lettern auf einem ihrer Plakate. Und: „Zionismus stoppen“. Ein
       deutlicherer verbaler Angriff auf jüdische Menschen und den israelischen
       Staat lässt sich kaum formulieren, ohne ausdrücklich radikal-antisemitisch
       zu werden. Die Provokation und bewusste Grenzverletzung findet hier
       inmitten der Öffentlichkeit statt, auf einem offiziellen Plakat der
       rechtsextremen Kleinstpartei. Strafrechtliche Konsequenz hat es nicht.
       
       Am Montag bestätigte Bernd Kolkmeier, Oberstaatsanwalt bei der
       Generalstaatsanwaltschaft Celle, dass von Seiten der Gerichte keine
       weiteren Ermittlungen angeordnet werden. Wegen der inhaltlichen Aussage
       würden zwar keine Zweifel daran bestehen, „dass die plakatierten Äußerungen
       sich unter dem dünnen Schleier vermeintlicher Kritik an dem Staat Israel
       als antisemitische Hetze darstellen“.
       
       Es habe jedoch nicht hinreichend aufgeklärt werden können, wer an der
       Konzeption, Herstellung und Verbreitung des Wahlplakats beteiligt gewesen
       sei. Deshalb bekam die Staatsanwaltschaft Hannover weder vom Amtsgericht
       Hannover noch vom Landgericht Hannover die Erlaubnis für Durchsuchungs- und
       Beschlagnahmungsmaßnahmen. Die Gerichte sahen keinen Anfangsverdacht für
       eine Straftat. Diese Entscheidung kann nicht angefochten werden.
       
       Im Europawahlkampf 2019 hatte Die Rechte um Sascha Krolzig und Sven Skoda
       das Plakat nicht allein für mögliche Stimmengewinne genutzt, sondern auch,
       um ihre eindeutigen Positionen offen zu propagieren: Der Rechtsrahmen der
       Wahlen als legales Moment der politische Provokation. Die Spitzenkandidatin
       der Partei war die verurteilte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck, die
       sich zur Zeit der Wahl in Haft befand.
       
       Mehrere Anzeigen von Privatleuten und jüdischen Gemeinden hatten zu den
       Ermittlungen geführt. Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte das Plakat
       zunächst als nicht strafbar eingestuft, nahm die Ermittlungen nach einer
       Beschwerde aber wieder auf. Erneut einstellen musste sie aufgrund der
       abgelehnten Durchsuchungsbeschlüsse.
       
       Dagegen erhob eine in Laatzen lebende Jüdin erneut Beschwerde bei der
       Generalstaatsanwaltschaft. Ihre Großeltern und weitere Verwandte sind im
       Konzentrationslager Auschwitz ermordet worden. Sie und andere sehen in der
       Parole einen „Aufruf, der letztlich auf die Ermordung der Juden
       hinausläuft“. Mit Rede über Israel seien hier alle Juden und Jüdinnen
       gemeint.
       
       Die Generalstaatsanwaltschaft sieht das im Grunde nicht anders. Im November
       2019 hatte sie die Ermittlungen angeordnet, eben weil sich das Wahlplakat
       nicht nur gegen den Staat Israel und dessen aktuelle Politik, sondern gegen
       die jüdische Bevölkerung im Allgemeinen richte. Die gewählte Formulierung
       erkannten auch die Ermittelnden als bewusste Anleihe an die Hassparole „Die
       Juden sind unser Unglück“, die in der NS-Zeit auf der Titelseite der
       antisemitischen Wochenzeitung Der Stürmer propagiert worden war. Die
       Formulierung sei als antisemitische Hetze nicht von der
       Meinungsäußerungsfreiheit geschützt. Ohne Durchsuchungen könnten jedoch
       nicht die notwendigen Beweismittel gewonnen werden und somit erfolge keine
       Anklage.
       
       4 Feb 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Rechtsextremismus
 (DIR) Die Rechte
 (DIR) Justiz
 (DIR) Niedersachsen
 (DIR) Holocaust-Leugner
 (DIR) Combat 18
 (DIR) Rechtsextremismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Urteil gegen Holocaustleugnerin: 92-Jährige steht auf Knast
       
       Das Berliner Amtsgericht verurteilt eine notorische Holocaustleugnerin zu
       einer Haftstrafe. Sie war erst wieder wenige Wochen auf freiem Fuß.
       
 (DIR) Nicht verbotene rechte Gruppen: Ein deutsches Gruselkabinett
       
       Die rechtsextreme Gruppe „Combat 18“ wurde endlich verboten. Doch viele
       Organisationen vom rechten Rand sind weiterhin legal.
       
 (DIR) Rechtsextremismus im Ruhrgebiet: Die Nazistraße von Dortmund
       
       Im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld haben die Neonazis der Partei Die Rechte
       einen wichtigen Rückzugsort. Ein ganzer Straßenzug ist in ihrer Hand.