# taz.de -- Hamburg legt Steuereform vor: Sozialere Grundsteuer
       
       > Der Hamburger Senat weicht mit seinem Grundsteuer-Modell von der
       > Bundesregelung ab und kritisiert damit SPD-Bundesfinanzminister Olaf
       > Scholz.
       
 (IMG) Bild: Über 8.000 Euro pro Quadratmeter Eigentumswohnung: Neubauten im Hamburger Stadtteil St. Georg
       
       HAMBURG taz | Vor diesem Termin haben Hamburgs
       Immobilienbesitzer:innen und Mieter:innen ein wenig gezittert. Der
       Hamburger Senat beschloss am Dienstag ein neues Modell zur Berechnung der
       Grundsteuer für die 415.000 Hamburger Wohn- und Gewerbeflächen und geht
       damit einen Sonderweg.
       
       Denn das Hamburger Modell weicht in wesentlichen Grundpfeilern [1][von dem
       von Bundesfinanzminister und Ex-Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) vorgelegten
       Bundesgesetz ab], das Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD)
       ungewöhnlich harsch kritisiert und an dem er sogar „verfassungsrechtliche
       Zweifel“ hat. Das Bundesgesetz wurde mit einer Öffnungsklausel
       verabschiedet, die es den Bundesländern möglich macht, eigene, vom Bund
       abweichende Regeln zu verabschieden.
       
       Die Gesetzesnovelle war notwendig geworden, nachdem das
       Bundesverfassungsgericht 2018 die bisherigen Bemessungsgrundlagen für die
       Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt hatte. Die beanstandeten
       Bewertungsregeln dürfen aber noch für bis Ende 2024 angewendet werden. So
       wird auch die neue Hamburger Regel erst zum Jahresbeginn 2025 in Kraft
       treten. Sie soll „aufkommensneutral sein“, also genauso viel Grundsteuer in
       die Kasse spülen wir bisher – in Hamburg ist das knapp eine halbe Milliarde
       Euro.
       
       Die Grundsteuer entfällt auf alle privaten Hamburger Flächen. Da sie für
       Immobilienbesitzer:innen umlagefähig ist, taucht sie auch in den
       Mietnebenkosten auf. Dem rot-grünen Senat geht es nun darum, zu vermeiden,
       „dass sich die Mieten erhöhen und Menschen sich das Wohnen in bestimmten
       Stadtteilen nicht mehr leisten können“. Genau dazu aber führt laut Dressel
       das Scholz-Gesetz. Danach vollzieht die Grundsteuer vor allem die
       Bodenpreisentwicklung der letzten Jahre nach. Die „dramatische Entwicklung
       der Bodenpreise“, sagt Dressel, hätte bei Anwendung der Bundesregelung auf
       Hamburg bedeutet, dass die Grundsteuer in gefragten Stadtteilen explodiert
       wäre. Zudem würde, warnt Dressel, jede weitere Steigerung der Bodenpreise
       „zu automatischen Grundsteuer- und damit auch Mieterhöhungen“ führen.
       
       ## Die Bundesregelung hätte höhere Mieten zur Folge
       
       Das Hamburger Modell berücksichtigt hingegen nur die Grundstücks- und die
       Bruttogeschoß-Fläche der Gebäude sowie die Lage eines Grundstücks. Die
       Bewertung der Lage orientiert sich am [2][Mietspiegel, der die Grundstücke
       in „normale“ und „gute“ Wohnlagen einteilt]. Die „normalen Wohnlagen“, die
       zwei Drittel ausmachen, sollen um 25 Prozent geringer besteuert werden, als
       die „guten“.
       
       Zudem soll eine „[3][Grundsteuer C“] eingeführt werden, die die Spekulation
       mit leeren Grundstücken eindämmen soll: Für brachliegende Grundstücke, die
       bebaut werden könnten, soll ein besonders hoher Steuersatz berechnet
       werden.
       
       Die Reaktionen auf den Senatsentwurf fielen recht wohlwollend aus. Selbst
       die oppositionelle CDU signalisierte für das Berechnungsmodell
       „Unterstützung“, kritisierte aber die Grundsteuer C für unbebaute Flächen
       als „Alibi-Lösung“.
       
       Auch verschiedene Verbände der freien Wohnungswirtschaft befürchten, dass
       die C-Steuer „Bodenspekulationen eher befördert als eindämmt“, da
       finanzschwache Eigentümer ihre Grundstücke verkaufen könnten, um die
       Grundsteuer zu umgehen. Der Chef des Verbands Norddeutscher
       Wohnungsunternehmen Andreas Breitner, ist hingegen sicher, „dass die neue
       Grundsteuer nicht als Preistreiber für die Wohnkosten in Hamburg wirkt“.
       
       ## Auch Niedersachsen sucht die Alternative zum Scholz-Modell
       
       Der Hamburger Weg wird auch in den anderen norddeutschen Ländern mit
       Interesse verfolgt. Niedersachsen hat bereits angekündigt, das
       Berechnungsmodell für die Gewerbesteuer so anzupassen, dass es „mehr
       Gerechtigkeit“ verkörpert als das Bundesgesetz. Bremen hingegen setzt voll
       auf das Scholz-Modell und auch in Schleswig-Holstein sieht es danach aus,
       dass sich die Jamaica-Koalition auf die Berechnungsmethode des
       Bundesfinanzministeriums einigt und die Grünen sich damit durchsetzen. CDU
       und FDP hatten lange dafür plädiert, sich an dem Hamburger Modell zu
       orientieren.
       
       17 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Neuregelung-der-Grundsteuer/!5588678
 (DIR) [2] https://www.hamburg.de/contentblob/13249502/f1d8d2f37003ba5c364c747db622aef8/data/d-wohnlagenverzeichnis-2019.pdf
 (DIR) [3] /Steuerzuschlag-fuer-unbebaute-Grundstuecke/!5605507
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Carini
       
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