# taz.de -- Paraden im Pride-Month: Ein großes Queeres Myzel
       
       > In diesem Jahr sind Pride-Paraden wieder möglich. Nach so vielen
       > digitalen Treffen wäre unser Autor gern bei allen Protesten dabei.
       
 (IMG) Bild: Drag Queens beim Pride March in Paris 2020
       
       Nachdem [1][die meisten Pride-Paraden] im vergangenen Jahr ausfallen
       mussten, kommen sie nun zurück. Allerdings immer noch eingeschränkt zwecks
       Infektionsschutz. So fallen an vielen Orten die üblichen Parade-Wagen weg.
       Ganz nett, wie ich finde, so gewinnt der Pride hier und da wieder mehr den
       Charakter einer Demo und es wird Unternehmen und Parteien etwas schwieriger
       gemacht, das Event als Werbefläche zu benutzen.
       
       Die Pariser Parade, die am Samstag stattfindet, hat sich dieses Jahr
       passend in „Marsch“ umbenannt. „Wir marschieren für gleiche Rechte, gegen
       Diskriminierung“, heißt es im Aufruf, „um in unserem Körper, in unserem
       Geschlecht, in unserem Leben, in unseren Familien zu leben und zu
       gedeihen“. Paris marschiert dieses Jahr von der Banlieue ins Zentrum. Mit
       der Präsidentschaftswahl in greifbarer Nähe geht es um – alles: um ein
       Verbot von Konversionstherapien, von Genitalverstümmelung bei intersex
       Kindern, um die Gesundheitskrise und gegen Faschismus, der sich in
       Regenbogenfarben anmalt. Eines ist klar: Les Queers de Paris sont furieux
       ses. Gut, dass sie wieder Krach machen können. Genau wie in Budapest, wo
       zeitgleich der Pride-Monat beginnt, wenige Tage [2][nachdem Ungarn ein
       Zensurgesetz gegen Aufklärung in Schulen verabschiedet hat]. Anders leider
       als in São Paolo, wo die Parade zuletzt erneut ausfallen musste. Das ist
       auch Realität 2021: Nicht überall ist die Rede von Lockerungen.
       
       [3][In Berlin] starten derweil am Samstag drei Demos zeitgleich in
       unterschiedliche Richtungen. Dort macht man sich ja traditionell mit
       mehreren Queer-Paraden gegenseitig Konkurrenz. Die „Sterndemo“ am Samstag
       läuft gleichzeitig in drei Bezirken. Man muss sich entscheiden: Ein Arm
       erinnert an queere Widerstände in der DDR, der zweite mahnt gegen das
       Absterben queerer Räume in Berlin nach der Pandemie, der dritte behandelt
       Rassismus und Transphobie. Ein schöner Gedanke, dass eine queere Demo sich
       sternförmig langsam in alle Richtungen durch die Stadt gräbt. Dass man ihr,
       egal wohin man unterwegs ist, nicht aus dem Weg gehen kann. Aber auch
       schade, denn ich will mich gar nicht entscheiden. Und ich habe die
       Befürchtung, dass die verschiedenen Teile verschiedene Cliquen anziehen,
       die sich ohnehin selten begegnen.
       
       Nach diesem Jahr, in dem uns Onlinetreffen und Streams das Gefühl
       vermittelt haben, überall zu sein, während wir eigentlich nirgends waren,
       wäre ich am liebsten selber sternförmig. Wäre gerne an all diesen Orten, wo
       tolle Queers Stimmung machen gegen den Mist der Mehrheitsgesellschaft. Ich
       wünschte wir wären alle ein großes Queeres Myzel, dessen Pilze unerwartet
       irgendwo auftauchen und die Idioten wie Hexenringe einkesseln.
       
       Aber am Ende sind wir, Internet oder nicht, nur Körper, die ihren festen
       Ort haben, ihre Termine und ihre Verletzlichkeiten.
       
       25 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Nichts-zu-feiern-im-Pride-Month/!5779497
 (DIR) [2] /EU-Kommission-verurteilt-Viktor-Orban/!5782774
 (DIR) [3] /Organisatoren-ueber-Berliner-CSD/!5772681
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Peter Weissenburger
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Unisex
 (DIR) Pride Parade
 (DIR) Gay Pride
 (DIR) Schwerpunkt LGBTQIA-Community
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) Pride Parade
 (DIR) Kolumne Habibitus
 (DIR) Schwulen- und Lesbenpolitik
 (DIR) Christopher Street Day (CSD)
 (DIR) Kolumne Unisex
 (DIR) Pride Parade
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Billie Eilish
 (DIR) Schwerpunkt Fußball-EM 2024
 (DIR) Kolumne Habibitus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Pride Month: Alles nur Einzelfälle
       
       Sich mit dem Regenbogen als Zeichen für Diversity zu schmücken, ist en
       vogue. Dabei wird gern verdrängt: Queers leben noch immer gefährlich.
       
 (DIR) Trans- und Queerfeindlichkeit: Die Mär vom Kinderschutz
       
       Trans- und queerfeindliche Organisationen tarnen sich gerne mit der Sorge
       um Kinder. Dabei ignorieren sie die wirklichen Probleme, die diese haben.
       
 (DIR) Queere Forderungen an den nächsten Senat: Weit hinterm Regenbogen
       
       Die Erwartungen queerer Träger und Clubs an den nächsten Senat sind hoch.
       Unklar ist, welche Rolle Queerpolitik in den Koalitionsverhandlungen
       spielt.
       
 (DIR) Christopher Street Day 2021: Wie wollen wir leben?
       
       Der CSD im Wahljahr ist unserer Autorin Anlass, über ihr Schwarzes und
       queeres Leben nachzudenken – und politische Ansprüche zu formulieren.
       
 (DIR) Queere Familienkonflikte: Kein gleiches Recht für alle
       
       Ein privater Samenspender fordert Umgangsrecht mit dem Kind eines
       lesbischen Paares. Die möchten das nicht. Doch welcher Wunsch wiegt
       schwerer?
       
 (DIR) Gewalt gegen Queers in Georgien: Der pure Hass
       
       In Tiflis wurde die Pride Parade abgesagt, weil es zu Übergriffen von
       Rechten gekommen war. Unterstützung erhalten sie von Kirche und Regierung.
       
 (DIR) Ungarns LGBTQ-Vereine bedroht: Der Sport und das Gesetz
       
       Queere Sportklubs in Budapest sorgen sich, dass sich ihre schlechte Lage
       mit dem neuesten Parlamentsbeschluss künftig noch mehr verschlechtert.
       
 (DIR) Queerbaiting in der Popkultur: Die Projektionsflächen
       
       Vermarktet Billie Eilish sich als queer, obwohl sie es vielleicht nicht
       ist? Die Frage führt zurück zum Sinn von Diversität und Repräsentation.
       
 (DIR) EM-Stadion in Regenbogenfarben: Wer im Glasstadion sitzt
       
       Das grelle Wehklagen nach der Uefa-Entscheidung zum Regenbogen ist
       verlogen. Im deutschen Fußball ist es kaum besser. Deswegen outet sich kein
       Profi.
       
 (DIR) Nichts zu feiern im Pride Month: Weiterkämpfen und Erinnern
       
       Während sich das Land in Regenbogenflaggen hüllt, trage ich schwarz. Ich
       denke an alle trans oder queeren Menschen, die gestorben sind.