# taz.de -- Mega-Share-Deal auf dem Wohnungsmarkt: Vonovia zahlt keine Dummensteuer
       
       > Bei der geplanten Übernahme der Deutschen Wohnen fällt keine
       > Grunderwerbssteuer an. Per Steuerschlupfloch will Vonovia eine Milliarde
       > Euro sparen.
       
 (IMG) Bild: Ist aufs Gemeinschaftsfeld gekommen: Vonovia muss keine Grunderwerbssteuer zahlen
       
       BERLIN taz | Steuerzahler*innen hassen diesen Trick: Der
       Wohnungskonzern Vonovia könnte bei der Übernahme der Deutschen Wohnen mit
       einem Steuerschlupfloch rund eine Milliarde Euro sparen. Während
       Privatpersonen beim Hauskauf Grunderwerbssteuer zahlen müssen, plant
       Vonovia bei der Übernahme von circa 3.000 Immobilien mit 161.000 Wohnungen
       für 18 Milliarden Euro, diese Zahlung zu umgehen. Immobilienfirmen sparen
       häufig diese Steuer mit einem legalen Steuertrick – per sogenanntem Share
       Deal. Nicht umsonst heißt die Abgabe in der Branche „Dummensteuer“. Als
       Gemeindesteuer wäre sie an Berlin geflossen.
       
       Dass die Vonovia für die Übernahme von Berlins größter privater
       Wohnungsfirma einen Share Deal nutzen will, geht nun schwarz auf weiß aus
       den [1][veröffentlichungspflichtigen Papieren zum Übernahmeangebot] hervor.
       Bei der Übernahme sollen demnach nicht alle Anteile des Unternehmens und
       seiner Unterfirmen gekauft werden, sondern unter 90 Prozent. Vonovia
       übernimmt damit faktisch alle Immobilien und Grundstücke der Deutschen
       Wohnen, auf dem Papier werden aber nur Anteile unter dem Schwellenwert
       übernommen und so keine Umschreibung und Grunderwerbssteuer fällig.
       
       So heißt es unter dem Punkt Grunderwerbssteuer: „Vorstand und Aufsichtsrat
       der Deutsche Wohnen ist bekannt, dass die Bieterin durch den Abschluss der
       Drittbankvereinbarung sicherstellen wird, dass die Bieterin eine
       Beteiligungshöhe von 90 Prozent an der Deutschen Wohnen nicht erreichen
       wird.“ Und weiter: „[…] der Vollzug des Angebots sollte keine
       Grunderwerbssteuer in der ab dem 1. Juli 2021 geltenden Fassung auslösen.“
       
       Im [2][Übernahmeangebot von Vonovia] heißt es übereinstimmend: „Zu einer
       Vereinigung von 90 Prozent oder mehr der Anteile kann es allerdings nicht
       kommen.“ Drittbankvereinbarung heißt: Sollten doch mehr Anteile bei der
       Übernahme zusammen kommen, hat sich ein unabhängiger Finanzdienstleister,
       hier die französische Bank Société Generale, dazu verpflichtet, alle
       Anteile über 89,9 Prozent zu übernehmen.
       
       ## „Gesellschaftlich verantwortungsvolles Unternehmen“
       
       Auf taz-Anfrage äußert sich Vonovia nicht direkt zum geplanten Share Deal,
       ergeht sich stattdessen in PR-Sprech: „Durch den angestrebten
       Zusammenschluss entsteht ein mieterorientiertes und gesellschaftlich
       verantwortungsvolles Unternehmen.“ Die grüne Bundestagsabgeordnete Lisa
       Paus sagte der [3][Berliner Zeitung dazu]: „Das Signal an die Investoren
       ist eindeutig: Macht euch keine Sorgen, wir haben uns gegen Steuerzahlungen
       abgesichert.“
       
       Der Deal zeigt, dass die gerade in Kraft getretene Reform der
       Grunderwerbssteuer durch die Immobilienlobby ausreichend verwässert wurde.
       Während die [4][SPD] die Grenzen von steuerpflichtigem Grunderwerb weiter
       herabsetzen wollte, scheiterte sie damit an der CDU. [5][Grüne] und
       [6][Linke] hatten kritisiert, dass die Reform nicht weit genug geht.
       
       Besonders pikant: Um sich für die Übernahme schlank zu machen, will die
       Deutsche Wohnen 20.000 Berliner Wohnungen in teils offenbar schlechtem
       Zustand an das Land verkaufen. Die SPD verkauft das als Verhandlungserfolg.
       Allerdings gehören dazu offenbar auch die [7][großen Blöcke am Kreuzberger
       Kottbusser Tor], wo [8][zuverlässig jeden Winter die Heizungen ausfallen],
       weil die Deutsche Wohnen nicht ausreichend saniert hat. Angesichts dessen
       und Kosten von über 2 Milliarden Euro [9][hat die Linke noch Redebedarf],
       ebenso wie [10][zahlreiche Mieter*innen-Bündnisse].
       
       SPD-Spitzenkandidatin Giffey sagte kürzlich, dass sie [11][gegen
       Enteignungen sei] und in der Wohnraumfrage [12][auf einen Dialog mit
       Immobilienfirmen] setzen wolle. Wie börsennotierten Immo-Firmen tatsächlich
       am Gemeinwesen gelegen ist, zeigt dieser Deal. Das Agieren von Vonovia
       dürfte bei vielen Wähler*innen eher die [13][Argumente] des
       erfolgreichen [14][Volksbegehrens für die Vergesellschaftung] privater
       Immo-Konzerne mit mehr als 3.000 Wohnungen stützen.
       
       2 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://ir.deutsche-wohnen.com/download/companies/dewohnen/takeover_information/DeutscheWohnen_Begruendete_Stellungnahme_27_WpUeG_DE.pdf
 (DIR) [2] https://de.vonovia-st.de/download/companies/ma1056/1056_01offer/Angebotsunterlage.PDF
 (DIR) [3] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/uebernahme-der-deutsche-wohnen-durchs-steuerschlupfloch-li.168701?pid=true
 (DIR) [4] /Cansel-Kiziltepe-ueber-Share-Deals/!5761046
 (DIR) [5] https://lisa-paus.de/2021/pm-steuerschlupfloch-share-deals-bleibt-offen/
 (DIR) [6] https://www.linksfraktion.de/themen/positionspapiere/detail/share-deals-zur-steuervermeidung-ausbremsen/
 (DIR) [7] https://kottiundco.net/2021/06/29/das-ende-der-deutsche-wohnen-am-kotti/
 (DIR) [8] /Heizungsausfall-bei-der-Deutsche-Wohnen/!5751698
 (DIR) [9] /Wohnungsdeal-der-SPD-in-Berlin/!5783746
 (DIR) [10] https://iniforum-berlin.de/2021/07/fuenf-grundsaetze-zum-ankauf-der-20-000-wohnungen/#more-7229
 (DIR) [11] https://twitter.com/FranziskaGiffey/status/1408082636904534016
 (DIR) [12] https://twitter.com/FranziskaGiffey/status/1402935300196814851
 (DIR) [13] /Volksbegehren-fuer-Vergesellschaftung/!5750674
 (DIR) [14] https://www.dwenteignen.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
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