# taz.de -- Antifaschismus in Berlin: Nie mehr wegsehen
       
       > Von Reinickendorf bis zu den kurdischen Gebieten muss gelten: es gibt
       > kein „minderwertiges“ Leben. Hier einige Termine.
       
 (IMG) Bild: Reinickendorf: Gedenken an Beate Fischer am 23.7.2019
       
       Der Abend des 23. Juli 1994. Drei Neonazis erwürgen die 32-jährige Beate
       Fischer und legen sie an eine Reihe von Mülltonnen in Reinickendorf. Zuvor
       war ihnen die Sexarbeiterin in eine Wohnung gefolgt, nach einer
       Misshandlung will sie aber gehen. Die Nazis hindern sie daran und
       vergewaltigen die Frau. Dann töten sie die Mutter zweier Kinder.
       
       Rechtes Überlegenheitsdenken war das Motiv der Täter. Dass Beate eine
       Sexarbeiterin, die bloße Tatsache, [1][dass sie eine Frau war], machten sie
       in den Augen der Nazis „minderwertig“. Im Urteil gegen die Neonazis heißt
       es, die drei haben „nach ihrer Wolfsmoral Sex als die Bühne ihrer Macht
       benutzt“.
       
       „Gegen [2][Frauen*morde]! Gegen die Stigmatisierung von
       [3][Sexarbeiter*innen]! Niemand ist vergessen!“, heißt es im Aufruf zu
       einer Gedenkdemo am Todestag Beate Fischers (Freitag, 23. Juli, 17.30 Uhr,
       S- und U-Bahnhof Gesundbrunnen).
       
       Eine Frau, die ebenfalls rechte Entmenschlichung erleiden musste, doch
       überlebte, war Esther Bejarano. Mit 18 Jahren wurde die Jüdin vom
       „Sammellager“ in der Großen Hamburger Straße aus nach Auschwitz deportiert.
       
       ## Nie mehr wegsehen
       
       Die Mitgliedschaft im Lagerorchester bedeutete für sie das Überleben. Im
       November 1943 wurde Bejarano in das KZ Ravensbrück verlegt und musste
       Zwangsarbeit leisten. Auf dem Todesmarsch gelang ihr gemeinsam mit
       Freundinnen die Flucht.
       
       „Aus der Erfahrung unseres Lebens sagen wir: Nie mehr schweigen, wegsehen,
       wie und wo auch immer Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und
       Ausländerfeindlichkeit hervortreten!“, wurde zum Motto ihres fortwährenden
       antifaschistischen Engagements, unter anderem in der [4][VVN-BdA].
       
       [5][Esther Bejarano verstarb am 10. Juli 2021] im Alter von 96 Jahren. Eine
       Gedenkveranstaltung unter dem Motto „Erinnern heißt Handeln“ will ihren
       Einsatz ehren und fortführen (Samstag, 24. Juli, 15 Uhr, Große Hamburger
       Straße 25).
       
       Der deutsche Faschismus ist an Barbarei unübertroffen. Gleichgültig dürfen
       uns die Entwicklungen in anderen Teilen der Welt aber gerade deshalb nicht
       lassen.
       
       ## Es gibt kein „minderwertiges“ Leben
       
       „[6][Recep Tayyip Erdoğan] deutete mehrfach an, dass es das Ziel sein muss,
       dass in hundert Jahren niemand mehr von KurdInnen spricht und dass die
       Natur in Kurdistan so zerstört werden muss, damit nichts lebendiges mehr
       auf den kurdischen Bergen existiert“. So heißt es im Aufruf zu einer
       Protestkundgebung gegen den türkischen Präsidenten unter dem Titel „Schluss
       mit Isolation, Faschismus und Besatzung“ (Mittwoch, 28. Juli, 11 Uhr). 
       
       Denn von Reinickendorf bis zu den kurdischen Gebieten muss gelten: es gibt
       kein „minderwertiges“ Leben!
       
       21 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Stefan Hunglinger
       
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