# taz.de -- Selbstauflösung des Landtags abgeblasen: Thüringen vor der Unregierbarkeit
       
       > Doch keine Neuwahl. Damit endet eine Phase pragmatischer Zusammenarbeit
       > zwischen der rot-rot-grünen Minderheitsregierung und der CDU.
       
 (IMG) Bild: Doch keine Sondersitzung: Sommerpause für Thüringer Abgeordnete gerettet
       
       Im vorigen Jahr sprang die CDU Thüringen noch über ihren Schatten – und
       über den der Bundespartei erst recht. Nach der Landtagswahl vom Oktober
       2019 ohne Mehrheiten jenseits von AfD und Linkspartei und der Vorführung
       des Parlaments mit einem Scheinkandidaten durch eine gewissenlose AfD am
       5.Februar 2020 schien sie ein „Thüringen first“ ausgerufen zu haben.
       Scheinbar altruistisch tolerierte sie mit dem „Stabilitätsmechanismus“
       faktisch die rot-rot-grüne Minderheitsregierung Bodo Ramelows. In der
       Praxis sogar eine komfortable Mitregierungsoption, weil ohne
       Projektzustimmungen der Union nichts lief.
       
       Das letzte dieser Projekte sollte ein gemeinsamer Beschluss zur
       Selbstauflösung des Landtags am kommenden Montag sein. Wechselnde
       Mehrheiten im Dienst pragmatischer Lösungen erscheinen nach wie vor zu
       revolutionär, auch wenn sie die linke Sozialministerin Heike Werner gerade
       noch einmal ins Gespräch brachte. Von einer Neuwahl parallel zur
       Bundestagswahl wurden klassische Mehrheiten erhofft.
       
       Dass es nicht dazu kommen wird, hat nichts mit den Umfragen dieses Jahres
       zu tun, die gegenüber 2019 kaum veränderte Mehrheitsverhältnisse, also auch
       kein besseres CDU-Ergebnis erwarten lassen. [1][Die Rücknahme des
       aussichtslos gewordenen Auflösungsantrages durch Linke und Grüne] am
       Freitag bot der CDU Gelegenheit, den Schwarzen Peter loszuwerden. Als ob
       vergessen wäre, dass schon Ende Mai vier Verweigerer der CDU die
       erforderliche Zweidrittelmehrheit kippten.
       
       Feige erklären sie bis heute nicht, warum sie keine Neuwahl wollen. Ein
       ziemlich bedeppert wirkender CDU-Fraktionschef Mario Voigt sprach am
       Freitag nur von deren „Gewissensentscheidung“, wohl wissend, dass es einen
       fürchterlichen Fraktionskrach gab. Auch ein Professor wie Voigt hat die
       gleich in mehrere Lager gespaltene CDU-Fraktion nicht im Griff. Nur
       vermutet werden kann, dass es sich bei den [2][vier Verweigerern] um
       regelrechte Kommunistenhasser handelt, die um keinen Preis ein Arrangement
       mit der Linken wollen. Bei Michael Heym, der in Südthüringen die Kandidatur
       von Ex-VS-Präsident Hans-Georg Maaßen einfädelte, spricht einiges dafür.
       
       Aber auch zumindest zwei Abgeordnete der Linken sollten demütig ihr Haupt
       senken. Sie „dickschten“ ebenfalls, wie man nebenan in Sachsen sagen würde,
       weil ihnen das Angebot der Noch-FDP-Abgeordneten Ute Bergner zur
       Mehrheitsbeschaffung suspekt erschien. Deren angestrebte neue Partei
       „Bürger für Thüringen“ riecht verschwörerisch und verquerdenkend.
       
       Immerhin bestand noch Konsens, bei der Selbstauflösung nicht auf die AfD
       angewiesen sein zu wollen. Der Schock ihres Votums für den
       Quickie-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich von der FDP 2020 wirkt nach.
       Aber erneut kann sich die hartnäckig bei 23 Prozent gehandelte AfD am
       Dilemma der anderen fünf Parteien weiden, wozu die vier CDU-Abweichler
       erheblich beigetragen haben.
       
       Mit „Verantwortung für Thüringen“ hat dieser schwarze Freitag nichts zu
       tun. Nach der nun auch noch von Mario Voigt ausgesprochenen Absage an
       jegliche Zusammenarbeit mit der RRG-Minderheitskoalition droht
       Unregierbarkeit – bis 2024!
       
       17 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Regierungskrise-bei-Rot-Rot-Gruen/!5787286
 (DIR) [2] /Neuwahlen-drohen-zu-platzen/!5780142
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Minderheitsregierung
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Rot-Rot-Grün
 (DIR) Thüringen
 (DIR) Schwerpunkt Thüringen
 (DIR) CDU
 (DIR) Bodo Ramelow
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
 (DIR) Alternative für Deutschland (AfD)
 (DIR) Schwerpunkt Thüringen
 (DIR) Schwerpunkt Thüringen
 (DIR) Schwerpunkt Landtagswahl Thüringen
 (DIR) Schwerpunkt Korruption
 (DIR) Thüringen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Minderheitsregierung in Thüringen: Ramelow übersteht AfD-Theater
       
       Der Thüringer Landtag hat den Misstrauensantrag der Rechten abgelehnt. Die
       CDU nahm nicht teil, die anderen Fraktionen stimmten mit Nein.
       
 (DIR) Neue Wirren im Thüringer Landtag: Liberale bangen um Fraktion
       
       Der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag droht die Auflösung. Eine Abgeordnete
       steigt aus – und will zu einer „Querdenken“-Partei übertreten.
       
 (DIR) Geplatzte Auflösung des Landtags: Thüringer Politdrama ohne Ende
       
       Die Neuwahl in Thüringen ist gescheitert, das Vertrauen in die Politik
       erschüttert. Nun will die AfD ein Misstrauensvotum. Wie geht es weiter?
       
 (DIR) Regierungskrise bei Rot-Rot-Grün: Doch keine Neuwahlen in Thüringen
       
       Linke und Grüne ziehen den Antrag auf Auflösung des Landtags in Thüringen
       zurück. Wegen Rückziehern bei CDU und FDP fehlten Stimmen.
       
 (DIR) Nikolas Löbel freigesprochen: Maskenmann 250.000 Euro reicher
       
       Nikolas Löbel saß für die CDU im Bundestag und war in die Maskenaffäre
       verstrickt. Nun wurde er von der Bundestagsverwaltung freigesprochen.
       
 (DIR) Urteil zu Neonazi-Überfall in Thüringen: Justiz von vorgestern
       
       Die Männer, die in Thüringen eine Kirmesgesellschaft niedergeprügelt haben,
       sind vor Gericht zu billig davon gekommen. Das Urteil ist ein Skandal.