# taz.de -- Neue Wirren im Thüringer Landtag: Liberale bangen um Fraktion
       
       > Der FDP-Fraktion im Thüringer Landtag droht die Auflösung. Eine
       > Abgeordnete steigt aus – und will zu einer „Querdenken“-Partei
       > übertreten.
       
 (IMG) Bild: Die abtrünnige FDP-Abgeordnete Ute Bergner bei einer Veranstaltung der „Bürger für Thüringen“
       
       LEIPZIG taz | Immer wieder Thüringen. Nachdem vergangene Woche entschieden
       wurde, [1][dass die geplanten Neuwahlen des Landtags im September platzen],
       kommt nun das nächste Spektakel. Am Dienstag gab FDP-Fraktionsmitglied Ute
       Bergner bekannt, dass sie der Partei „Bürger für Thüringen“ beigetreten
       ist. Am Mittwoch gab sie bekannt, dass die Partei jedoch erst Anfang
       September über ihren Eintragsantrag entscheide. Bis dahin bleibt Bergner
       noch Fraktionsmitglied der Liberalen.
       
       Zuvor hatte sie Anfang Juli bereits ihre Parteimitgliedschaft gekündigt,
       war jedoch als parteilose Abgeordnete weiterhin in der Fraktion geblieben.
       
       Für die FDP-Fraktion unter dem Vorsitzenden und Kurzzeitministerpräsidenten
       Thomas Kemmerich bedeutet das, dass sie nur noch vier Abgeordnete hat – und
       damit in Gefahr steht, überhaupt weiterhin eine Fraktion im Landtag bilden
       zu können. Laut Abgeordnetengesetz muss eine Fraktion mindestens fünf
       Abgeordnete haben. Mitarbeiter:innenstellen, Zuschüsse, Parteibüros könnten
       damit in Gefahr sein. Die Landtagsverwaltung prüft derzeit, ob die FDP mit
       vier Abgeordneten dennoch im Parlament bleiben könnte.
       
       Die Möglichkeit, dass aus einer anderen Oppositionsfraktion ein:e
       Abgeordnete:r zur FDP wechselt, ist derzeit wenig realistisch. Seit
       [2][der Wahl Kemmerichs zum Ministerpräsidenten mithilfe von Stimmen der
       AfD] und der daraus resultierenden Regierungskrise hat die FDP einen
       schlechten Ruf.
       
       ## Verschwörungstheoretisches Geraune
       
       Die Liberalen wollten sich zunächst nicht konkreter zu dem weiteren
       Vorgehen der Fraktion äußern, verkündeten jedoch, der Schritt sei „nicht
       unerwartet“. Weiter sagten sie: „Die Freien Demokraten werden auch nach der
       Sommerpause konstruktive Sacharbeit aus der Opposition heraus leisten.“
       Individuelle Anfragen wollte die Fraktion jedoch nicht beantworten.
       
       Tatsächlich war der Austritt von Bergner keine Überraschung, denn zwischen
       ihr und der FDP kriselte es schon länger. So war sie auch die einzige
       Abgeordnete der Liberalen, die einer Auflösung des Landtags zustimmen und
       den Weg für Neuwahlen damit freimachen wollte.
       
       Ihre neue Partei ist umstritten. Den „Bürgern für Thüringen“ wird eine Nähe
       zum „Querdenker“-Milieu nachgesagt. Rechtsextremismusexperte Oliver Decker
       von der Universität Leipzig sagte bereits im April dem MDR, dass Beiträge
       der Kleinstpartei „wesentliche Merkmale von Verschwörungserzählungen“
       enthalten. Die Partei versteht sich dabei als Angebot für Menschen, die
       sich von der Politik nicht mehr vertreten fühlten. Im Parteiprogramm
       fordern die „Bürger für Thüringen“ beispielsweise mehr Volksentscheide.
       
       Im April hatte die Partei eine Debatte ausgelöst, nachdem ein Mitglied eine
       einstweilige Anordnung am Weimarer Familiengericht erreicht und dadurch die
       Maskenpflicht für zwei Schüler gekippt hatte. Das Weimarer
       Verwaltungsgericht bezeichnete diesen Beschluss als rechtswidrig.
       
       Bergner hat angekündigt, künftig als Einzelabgeordnete fraktionslos im
       Landtag agieren zu wollen. Sich selbst sehe sie als „Kommunikationsbrücke
       zwischen den Menschen auf der Straße und dem Landtag“.
       
       21 Jul 2021
       
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