# taz.de -- Wenn Geburten anders laufen: All Geburtspositionen are beautiful
       
       > Es gibt Dinge, die hat man nicht unter Kontrolle. Selbst wenn man es so
       > sehr versucht wie unsere Autorin.
       
 (IMG) Bild: Können sich die Geburtsposition ihrer Mutter nicht aussuchen: Babies
       
       Vor Kurzem las ich einen Tweet, der in etwa lautete, es sei eine
       Enttäuschung, dass ausgerechnet in der aufklärerischen Serie „Sex
       Education“ Gillian Anderson auf dem Rücken liegend ein Baby entbinde. Der
       Tweet blieb mir im Kopf, er hätte von mir sein können. Früher. Denn ja,
       heute gilt die Vorstellung, dass alle auf dem Rücken liegend entbinden, als
       veraltet.
       
       Die Geburt [1][meines ersten Kindes] war eine Odyssee. Kurz gesagt:
       Blasensprung, keine Wehen, Einleitung, dadurch sofort extreme Wehen, PDA
       und über 24 Stunden später Kaiserschnitt wegen Geburtsstillstand. Es
       dauerte Monate, bis ich darüber sprechen konnte, [2][ohne in Tränen
       auszubrechen.]
       
       Im OP dachte ich für einen Moment: [3][Einer von uns beiden stirbt hier].
       Ich war bei Bewusstsein und nicht darauf vorbereitet, wie viel physische
       Kraft von außen es braucht, um ein Kind wieder aus dem Geburtskanal zu
       ziehen. Jedes Mal, wenn ich danach eine von diesen typischen TV-Geburten
       sah – ups, Blasensprung, Düdeldü, Stöhnen, und paar Minuten später ist das
       Kind da –, hatte ich nur Verachtung übrig.
       
       ## Sie wissen nicht, was sie tun
       
       Bei der Geburt des zweiten Kindes wollte ich alles anders machen. So lange
       wie möglich zu Hause bleiben. Viel Bewegung unter den Wehen. Eine
       Wassergeburt. Musik. Ein Krankenhaus mit intensiver Betreuung. Ich habe
       meditiert, um mit der Angst klarzukommen. Habe Geburtspositionen für alle
       Phasen mit meiner Hebamme geübt. Und mir Artikel zum Thema Kaiserschnitt
       durchgelesen – für alle Fälle.
       
       Ich lache heute noch. Das Ende vom Lied war, dass sie mich in der
       Wunschklinik nach einer Routineuntersuchung drei Tage über Termin nach
       Hause schickten, mit dem Plan, am nächsten Morgen einzuleiten. Ich war
       verunsichert, weil ich leichte Wehen hatte. Sie meinten: Nö, CTG zeige
       nichts, der Muttermund zu, nach Kaiserschnitt ginge das nicht so schnell.
       Ich dachte: Die werden schon wissen, was sie tun.
       
       Um 16.15 Uhr waren wir zu Hause. Davor im Auto war jedes Ruckeln eine
       Tortur. Sind das normale Wehen? Nee, die werden schon wissen, was sie tun.
       Ich in die Wanne. Es wurde schlimmer. Raus aus der Wanne. Im Schlafzimmer
       klammerte ich mich mit beiden Händen ans Gitterbett und klang wohl wie ein
       brünftiger Hirsch, als mir mit einem Schlag klar wurde: Die hatten keine
       Ahnung. Das Baby kommt.
       
       ## Bitte keine Presswehen
       
       Vor unserem Haus platzte die Fruchtblase. Neben mir saß der Kater der
       Nachbarin, guckte mich an und machte: „Miau“. Es war 17.15 Uhr. Meine
       letzter Gedanke, bevor ich auf allen Vieren auf die Rückbank kroch, war:
       Bitte keine Presswehen.
       
       Es kamen: Presswehen. Ich brüllte: „Fahr in irgendein Krankenhaus!“ Die
       Sanitäter vor der Notaufnahme zogen mich auf eine Trage, brachten mich in
       einen winzigen Kreißsaal. Ich hatte die halbe Geburt über meine Jacke an.
       Auf dem Rücken liegend. Es dauerte keine halbe Stunde, um 17:59 war das
       Baby da. Seither sehe ich diese typischen TV-Geburten ein wenig anders.
       
       26 Oct 2021
       
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