# taz.de -- Nachrichten zur Ampel-Koalition: Özdemir wird Landwirtschaftsminister
       
       > Die Grünen haben ihre Minister*innen benannt. Robert Habeck wird
       > Vizekanzler. Anton Hofreiter und Katrin Göring-Eckardt gehen leer aus.
       
 (IMG) Bild: Also doch: Cem Özedemir soll der neue Landwirtschaftsminister werden
       
       ## Ergebnis nach stundenlangen Beratungen
       
       Der frühere Grünen-Chef Cem Özdemir soll in einer künftigen Bundesregierung
       mit SPD und FDP Agrarminister werden. Das teilten die Grünen nach
       stundenlangen Beratungen im Vorstand am Donnerstagabend mit. Vorausgegangen
       war ein erbittertes Ringen zwischen Realos und linkem Flügel um die
       Verteilung der Kabinettsposten.
       
       Der Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter vom linken Flügel ist nicht Teil
       des Personaltableaus an Spitzenämtern, über das die 125.000
       Grünen-Mitglieder ab diesem Freitag gemeinsam mit dem Koalitionsvertrag
       abstimmen sollen. Er galt eigentlich als gesetzt, fällt nun aber zugunsten
       Özdemirs aus. Auch Co-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist nicht Teil
       der Aufstellung.
       
       Grünen-Chef Robert Habeck wird Vizekanzler sowie Klima- und
       Energieminister. Co-Chefin Annalena Baerbock wird wie erwartet
       Außenministerin. Das Umweltministerium soll die frühere
       Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke übernehmen. Die rheinland-pfälzische
       Klimaministerin Anne Spiegel soll Familienministerin werden – ein Amt, das
       sie zuvor auf Landesebene ebenfalls schon inne hatte. Die aktuelle
       Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth soll Staatsministerin für Kultur und
       Medien werden. (dpa)
       
       ## Ringen um Minister*innenposten
       
       Die Nominierung der Grünen-Minister in der künftigen Ampel-Regierung
       verzögert sich. Die Namen wurden zunächst noch nicht wie ursprünglich
       erwartet auf dem Bund-Länder-Forum genannt, das am Donnerstag in Berlin
       begann. Parteichef Robert Habeck sagte auf der Veranstaltung, die
       entsprechende Liste solle erst am Freitag bekanntgegeben werden.
       
       Es wurde in der Partei aber auch für möglich gehalten, dass die Namen doch
       noch im Laufe des Donnerstags veröffentlicht werden. Habeck machte
       deutlich, dass seine Ko-Parteichefin Annalena Baerbock „mit großer
       Wahrscheinlichkeit“ das Auswärtige Amt übernehmen werde.
       
       Habeck selbst ist für das Amt des Ministers für Klimaschutz und Wirtschaft
       im Gespräch und soll außerdem Vizekanzler werden. Ansonsten bekommen die
       Grünen noch die Ressorts für Umwelt und Verbraucherschutz, Ernährung und
       Landwirtschaft sowie Familie, nicht jedoch für das von ihnen erhoffte
       Verkehrsressort. Dieses soll die FDP übernehmen. „Wir hätten gerne ein paar
       Ministerien mehr gehabt, aber die anderen müssen ja auch etwas haben“,
       sagte Habeck.
       
       Die zuständigen Gremien sollten nach dem Bund-Länder-Forum weiter beraten,
       um die Personalfragen zu klären. Habeck appellierte an die
       Grünen-Mitglieder, bei der bevorstehenden Urabstimmung für den mit SPD und
       FDP ausgehandelten Koalitionsvertrag zu stimmen. „Lasst uns Deutschland
       regieren“, sagte der Parteichef.
       
       Zuvor hatte Bundesgeschäftsführer Michael Kellner zu den ausstehenden
       Personalentscheidungen gesagt: „Die Beratungen dauern noch an“, Ergebnisse
       seien „im Laufe des Tages zu erwarten“. Es gebe noch „gründliche
       Beratungen“.
       
       Die Personalentscheidungen, die vom Bundesvorstand sowie dann vom Parteirat
       der Grünen getroffen werden sollen, seien „eine durchaus anspruchsvolle
       Aufgabe“, sagte Kellner. Zu Details wollte er sich jedoch nicht äußern. Die
       Gremien hätten ihre Beratungen für das bis 17.30 angesetzte
       Bund-Länder-Treffen unterbrochen, sollten danach aber erneut
       zusammentreten. (afp)
       
       ## Kritik aus Journalist*innensicht
       
       Aus Sicht des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) weist der von den
       Ampelparteien vorgelegte Koalitionsvertrag einige Lücken im Bereich
       Journalismus und Medien auf. So mangele es an klaren Aussagen zur
       Zukunftssicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, kritisierte die
       Gewerkschaft am Donnerstag in Berlin. Zudem fehle in dem Papier die
       Einführung eines Verbandsklagerechts zur Durchsetzung von Urheberrechten.
       
       SPD, Grüne und FDP versprechen in dem am Mittwoch veröffentlichen
       Koalitionsvertrag unter anderem bessere Auskunftsansprüche für die Presse
       auf Bundesebene. Die Einführung eines einheitlichen Presseauskunftsrechts
       auf Bundesebene war bereits Teil des Koalitionsvertrages der amtierenden
       Regierung, scheiterte aber am Widerstand aus der Union.
       
       Darüber hinaus versprechen die künftigen Koalitionäre, Fördermöglichkeiten
       zu prüfen, um eine „flächendeckende Versorgung mit periodischen
       Presseerzeugnissen“ zu gewährleisten. Ferner heißt es: „Den erfolgreichen
       Ausbau der Deutschen Welle und der Deutsche-Welle-Akademie setzen wir
       fort.“ Zudem will sich die Ampel-Koalition für den Schutz von
       Journalistinnen und Journalisten einsetzen und Rechtssicherheit für
       gemeinnützigen Journalismus schaffen.
       
       Der DJV sprach sich zusätzlich für eine Neuauflage der ursprünglich von der
       noch geschäftsführenden Regierung geplanten Presseförderung in Höhe von 220
       Millionen Euro aus. Diese war im April gescheitert. Laut Gewerkschaft
       sollten bei einer solchen Förderung journalistische Qualitätskriterien im
       Mittelpunkt stehen.
       
       Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger hatte bereits am
       Mittwoch an die künftigen Regierungsparteien appelliert, die im
       gescheiterten Förderpaket enthaltene Zustellförderung für Zeitungen in
       Angriff zu nehmen. In anderen europäischen Ländern werde dies bereits seit
       Jahren praktiziert. (epd)
       
       ## Wohnungslose begrüßen Bauprogramm der Ampel-Koalition
       
       Die Selbstvertretung wohnungsloser Menschen begrüßt den Plan der
       Ampel-Koalition aus SPD, FDP und Grünen, nach dem jährlich 400.000 neue
       Wohnungen gebaut werden sollen. Davon sollen 100.000 als geförderte
       Sozialwohnungen entstehen. Außerdem soll die Mietpreisbremse verlängert
       werden. Allerdings müsse rechtlich mehr getan werden, forderte am
       Donnerstag die Initiative im niedersächsischen Freistatt.
       
       So müsse der Paragraph 13 im Grundgesetz durch den Satz ergänzt werden:
       „Jeder Mensch hat das Recht auf eine Wohnung.“ Überdies forderte die
       Selbstvertretung eine dauerhafte Sozialbindung von Wohnraum. Außerdem müsse
       eine Zwangsräumung in die Wohnungslosigkeit gesetzlich ausgeschlossen
       werden. In den Bauvorhaben der öffentlichen Hand müssten wohnungslose
       Menschen stärker einbezogen werden. Hilfen für Obdachlose müsse die neue
       Koalition bundesweit einheitlich organisieren und außerdem einen
       Obdachlosenbeauftragten einsetzen.
       
       In Deutschland leben nach Angaben der Selbstvertretung 678.000 Menschen
       ohne eine eigene Wohnung, davon 19.000 Kinder. 11,7 Prozent der Menschen
       ohne Wohnung hätten einen Job. Der Anteil habe sich in den vergangenen zehn
       Jahren verdoppelt. Erwerbstätige Frauen seien häufiger von
       Wohnungslosigkeit betroffen als erwerbstätige Männer. Dabei seien häufig
       prekäre Arbeitsverhältnisse der Ausgangspunkt für Mietschulden und
       Wohnungslosigkeit.
       
       Die Ampel strebt laut Koalitionsvertrag einen „Aufbruch in der Bau-,
       Wohnungs- und Stadtentwicklungspolitik“ an. Das Bauen und Wohnen der
       Zukunft solle „bezahlbar, klimaneutral, nachhaltig, barrierearm, innovativ
       und mit lebendigen öffentlichen Räumen“ gestaltet werden. Um diese Ziele zu
       verfolgen, soll ein eigenes Bauministerium eingerichtet werden. (epd)
       
       ## Grüne Jugend: Klimapolitik geht besser
       
       Der Bundessprecher der Grünen Jugend Timon Dzienus blickt „mit gemischten
       Gefühlen“ auf den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP. „Nach 16
       Jahren Stillstandspolitik der Union kommen wir an vielen Stellen voran und
       es gibt einen klaren gesellschaftspolitischen Aufbruch, beispielsweise
       durch die Abschaffung des Paragrafen 219a, durch die Cannabis-Legalisierung
       und die Abschaffung des Transsexuellen-Gesetzes“, sagte Dzienus im
       phoenix-Interview. In der Klima- und Sozialpolitik habe er allerdings mehr
       erwartet. Gerade mit Blick auf die Paris-Ziele gebe es viele Fragezeichen:
       “Für uns ist ganz wichtig, dass das Pariser Klimaabkommen eingehalten wird
       und im Zweifelsfall auch über den Koalitionsvertrag hinaus nachgeschärft
       wird. Denn diese Klimaziele müssen wir jetzt unbedingt erreichen“, so
       Dzienus.
       
       Die neue Ampel-Koalition bezeichnete der Grüne Jugend-Sprecher als eine
       Koalition der Kompromisse. „Aber klar muss sein, mit dem Klima kann man
       nicht einfach so Kompromisse machen. Alles CO2 das ausgestoßen ist, das ist
       ausgestoßen und wird dafür sorgen, dass das Klima sich weiter erhitzt.“
       Besondere Sorge bereite ihm der Verkehrsbereich. “Der Umstieg auf die
       E-Mobilität ist notwendig, gerade mit Blick auf die ländliche Region, aber
       das ist keine Verkehrswende“, so der Grüne Jugend-Sprecher und forderte
       „mutige Investitionen in Bus, Bahn und Fahrradinfrastruktur“.
       
       Viele Dinge seien noch offen formuliert, “da werden wir natürlich auch über
       die nächsten Jahre Druck machen, auch gerade mit der Zivilgesellschaft und
       den vielen Initiativen vor Ort, dass sich da endlich etwas bewegt und auch
       im Verkehrsbereich die Klimaziele eingehalten werden“. Die Verkehrspolitik
       stelle immer noch die Bedürfnisse von Autos in den Mittelpunkt. “Wir werden
       dafür streiten, dass endlich die Bedürfnisse von Menschen in den
       Mittelpunkt gestellt werden, dass wir eine klimagerechte, sozialgerechte
       Verkehrswende schaffen, wo alle Leute mobil sind, auch auf dem Land“, so
       Dzienus. Die Menschen müssten für sich den Vorteil erkennen auf Bus, Bahn
       und Fahrrad umzusteigen. (ots)
       
       ## Lufthansa hat positives Feedback für die Ampel
       
       Die Lufthansa begrüßt einige Punkte im Koalitionsvertrag. Der
       Airline-Gruppe ist besonders wichtig, dass sie im Wettbewerb mit
       nicht-europäischen Airlines nicht durch die geplanten strengeren
       Klimaschutzregeln in der EU benachteiligt wird. „Die neue Bundesregierung
       stellt auch beim Luftverkehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz ins Zentrum,
       bekennt sich aber klar zu wettbewerbsneutralen Konzepten und strebt
       internationale Regulierungen an. Das ist richtig. Denn im global agierenden
       Luftverkehr nutzen auch der Umwelt Regelungen nichts, die heimische
       Unternehmen einseitig belasten. Der Koalitionsvertrag enthält wichtige
       Weichenstellungen für Zukunftstechnologien im Luftverkehr. Positiv ist,
       dass die Mittel aus der Luftverkehrsteuer künftig in die Förderung
       nachhaltiger Flugkraftstoffe fließen sollen. Das ist ein echter Beitrag zum
       Klimaschutz. Damit werden Abgaben, die Passagiere und Unternehmen im
       Luftverkehr aufbringen, zielgerichtet für die Transformation der Branche
       eingesetzt.“ (rtr)
       
       ## Haseloff kritisiert Kohleausstieg
       
       Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat den geplanten
       vorzeitigen Kohleausstieg im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP im
       Bund kritisiert. Haseloff sagte dem MDR am Donnerstag, die Passage, wonach
       der Kohleausstieg idealerweise bis 2030 erfolgen solle, sei für die
       Menschen enttäuschend und verunsichernd. „Das ist ein Signal an die
       Menschen, dass man Politik nur bedingt trauen kann.“
       
       Beim Ausbau erneuerbarer Energien habe Sachsen-Anhalt seine Ziele vor
       vielen anderen Ländern erreicht, betonte der Ministerpräsident. „Es hängen
       gerade die Länder, die im Süden sind, hinterher – unter anderem
       Baden-Württemberg, das grün regiert wird. Und da hat sich in den letzten
       Jahren so gut wie nichts getan“, kritisierte der CDU-Politiker. „Beim
       Ausbau der Windenergie sind mal die dran, die noch erheblichen
       Nachholebedarf haben.“
       
       Haseloff hatte zuletzt mehrfach vor einem vorzeitigen Kohleausstieg gewarnt
       und dafür geworben, am vereinbarten Ziel 2038 festzuhalten. Ein
       vorgezogener Kohleausstieg sei derzeit nicht denkbar, es sei denn, man
       kaufe Atomstrom aus Frankreich und Kohlestrom aus Polen, sagte der
       Ministerpräsident.
       
       Grünen-Landeschef Sebastian Striegel verteidigte bei Twitter die Pläne der
       Ampel-Parteien. „Die einen gestalten den Aufbruch. Die anderen verbreiten
       den Mehltau der Vergangenheit. Ich glaube an dieses Land und seine
       Menschen. Und bin sicher, wir schaffen den Neuanfang“, sagte Striegel.
       (dpa)
       
       ## Brinkhaus sieht fehlendes Finanzkonzept
       
       Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus wirft den Ampel-Parteien vor, sie
       hätten ihren Koalitionsvertrag nicht finanziell untermauert. Im
       Deutschlandfunk sagt der CDU-Politiker, er frage sich, wo die Mittel
       herkommen sollen für Rentenversprechen, Bürgergeld, Kindergrundsicherung
       sowie mehr Geld für Bildung, Forschung und Investitionen. Es fehle in dem
       Koalitionsvertrag ein seriöses Finanztableau. „Das halte ich für
       fahrlässig.“ Zudem kritisiert Brinkhaus „diese brutale Offenheit im Bereich
       Migration“. Er habe große Sorge, dass das ein. (rtr)
       
       ## Verband Bitkom sieht FDP als geeignet an
       
       Der Bundesverband für Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue
       Medien (Bitkom) begrüßt, dass das Ressort Digitalisierung an die FDP gehen
       soll, als die Partei, “die sich mit einer umfassenden Digital-Kompetenz
       ausgestattet und das Thema im Wahlkampf am stärksten gemacht hat“, so der
       Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder bei phoenix. “Was wir uns erwarten,
       ist, dass der neue, der künftige Minister für Digitalisierung auch eine
       starke Position und Rolle in der neuen Bundesregierung hat und mit den
       Rechten und Ressourcen ausgestattet wird, die er braucht, um auch die
       anderen Ressorts digital zu aktivieren, zu motivieren und zu einem
       gemeinsamen Ziel zu führen“, so Rohleder. Er sei überzeugt, dass von der
       künftigen Ampel-Regierung ein wichtiger Schub für die Digitalisierung im
       Land ausgehen könne. Die Ampel-Koalition habe sich etwa bei der
       Beschleunigung von Verwaltungsverfahren,die bisher ein großes Hemmis
       darstellten, sehr ambitionierte Ziele gesetzt, sagte Rohleder. “Diese
       Verfahren sollen beschleunigt werden, sie sollen halbiert werden, und wenn
       das gelingt, kommen wir auch mit der Digitalisierung sehr viel schneller
       voran“, so Rohleder. Auch die vorgesehene Verschlankung des
       Datenschutzrechts, von 18 verschiedenen Datenschutzaufsichtsstellen auf ein
       zentrales Datenschutzrecht könne ein weiteres Hemmnis beseitigen.
       
       Von zentraler Bedeutung sei auch, dass dort, wo Politik die größte
       Gestaltungsmacht habe, in der Verwaltung und den Schulen, jetzt deutlich
       beschleunigt würde. “Dafür gibt es jetzt gute Ansätze, auch mit einem
       Dgital-Pakt-2 für die Schulen. Wenn es der Bundesregierung gelingt, die
       Ziele, die sie sich jetzt setzt, auch kurzfristig umzusetzen, spätestens
       innerhalb der ersten zwei Jahre, dann glaube ich, reden wir hier in zwei
       Jahren über ganz andere Themen als nur über die Versäumnisse, über die wir
       uns gerade unterhalten müssen“, so Rohleder. (ots)
       
       ## Wirtschaft lobt Koalitionsvertrag
       
       Aus der Wirtschaft kommt viel Lob für den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen
       und FDP – und auch so manche Kritik. Vieles weise in die richtige Richtung,
       sagte [1][Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger] am Mittwoch. Digitalisierung,
       Dekarbonisierung und demografischer Wandel verlangten allerdings Antworten
       und einen „großen Wurf“, so Dulger. „Dieser ist leider nicht durchgängig im
       Koalitionsvertrag erkennbar.“
       
       Unter anderem lobte der BDA-Präsident den Verzicht der Ampel auf
       Steuererhöhungen und das Festhalten an der Schuldenbremse. „Leider hat der
       Ampel aber der Mut gefehlt, über den Status Quo hinaus neue Freiheiten für
       Unternehmen und Beschäftigte zu schaffen und Eigenverantwortung zu
       stärken.“
       
       Positiv äußerte sich auch der [2][Arbeitgeberverband Gesamtmetall]. Die
       völlig neue Regierungskoalition habe die Chance, einen Ruck durch das Land
       gehen zu lassen, sagte Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf. „Wir finden
       nicht jedes Vorhaben notwendig, nicht jeden gewählten Ansatz
       erfolgversprechend und manches fehlt vielleicht auch – aber in Summe haben
       die Koalitionäre die Chance genutzt.“
       
       IG-Metall-Chef Jörg Hofmann begrüßte, dass sich die künftige Regierung der
       großen Herausforderung unserer Zeit stelle – der sozial-ökologischen
       Transformation. Zudem würden wichtige Themen etwa auf den Feldern
       Industriepolitik, aktiver Arbeitsmarktpolitik und Bildung angegangen. Zu
       kurz gedacht seien allerdings die Vorschläge zur Weiterentwicklung der
       Mitbestimmung. Und die große offene Frage laute: „Wieviel zusätzliche
       öffentliche Investitionen sind notwendig und wie sieht ihre Finanzierung
       aus? Auf Konkretisierung durch Regierungsrealität sind wir gespannt“, sagte
       der Gewerkschaftschef.
       
       Verhaltene Kritik kam aus der deutschen Industrie. Insgesamt enthalte der
       Vertrag zu viele vage Absichtserklärungen, sagte Siegfried Russwurm,
       Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). „Hier bleibt
       der Löwenanteil der Arbeit noch zu tun.“ Positiv bewertete Russwurm unter
       anderem das Ziel eines modernen Staates. Wichtig sei aber, die Umsetzung
       „mit großem Ehrgeiz“ voranzutreiben: „Das angekündigte Jahrzehnt der
       Zukunftsinvestitionen muss Realität werden.“
       
       Der Koalitionsvertrag sei zwar „von konstruktivem Zukunftsgeist geprägt“,
       sagte DIHK-Präsident Peter Adrian. Für die unternehmerische Praxis gebe es
       jedoch noch Unsicherheiten. Kritisch sei vor allem „die unklare
       Finanzierungsfrage vieler Vorhaben“. (dpa)
       
       ## Urabstimmung der Grünen startet
       
       Nach der Einigung der Spitzen von SPD, Grünen und FDP auf einen
       Koalitionsvertrag zur Bildung der ersten bundesweiten Ampel-Koalition sind
       nun Mitglieder und Delegierte am Zuge. Die Grünen starten dazu bereits an
       diesem Donnerstag eine Urabstimmung. Ihre 125 000 Mitglieder sollen nicht
       nur über die Vereinbarungen der potenziellen Regierungspartner abstimmen,
       sondern auch über das Personaltableau der Grünen für das künftige Kabinett.
       Die personelle Aufstellung soll zum Start der Urabstimmung bekanntgegeben
       werden. Bei SPD und FDP sollen Anfang Dezember Parteitage den Vertrag
       absegnen.
       
       Obwohl in den Koalitionsverhandlungen alle Parteien Abstriche von ihren
       Positionen machen und Kompromisse eingehen mussten, geht der designierte
       neue Kanzler Olaf Scholz (SPD) davon aus, dass der Vertrag von allen
       Parteien gebilligt werden wird. „Ich bin da sehr zuversichtlich. Es ist ein
       gutes Ergebnis aus der Sicht aller drei Parteien“, sagte er am
       Mittwochabend in einem ARD-„Brennpunkt“. Scholz stellte zudem in Aussicht,
       dass das künftige Kabinett zu gleichen Teilen aus Frauen und Männern
       besetzt sein wird. „Ich habe immer gesagt, dass es mir darum geht, dass die
       Parität auch im Kabinett gilt. Und ich halte mich an meine Worte.“
       
       Nach dem Zeitplan der drei Parteien soll Scholz in der Woche ab dem 6.
       Dezember im Bundestag zum Kanzler gewählt werden. Damit endet nach 16
       Jahren die Ära von Angela Merkel (CDU), die bei der Bundestagswahl am 26.
       September nicht wieder kandidiert hatte. Deutschland steht vor einer
       politischen Zäsur.
       
       Den Auftakt der Urabstimmung bei den Grünen bildet am Nachmittag (ab 16.00
       Uhr) ein Bund-Länder-Forum in Berlin, bei dem die Ergebnisse diskutiert
       werden. Die Urabstimmung soll zehn Tage dauern und digital oder per Brief
       möglich sein. Für die Annahme des Koalitionsvertrags und die Zustimmung zum
       Personaltableau sei eine einfache Mehrheit notwendig. Ein Quorum gebe es
       nicht, hieß es. Interessant wird sein, ob die Mitglieder insbesondere die
       Vereinbarungen zum Klimaschutz als ausreichend erachten oder nicht.
       
       SPD, Grüne und FDP hatten am Mittwoch die Verhandlungen über den
       Koalitionsvertrag abgeschlossen. Zwei Monate nach der Bundestagswahl legten
       sie damit den Grundstein für die erste Ampel-Bundesregierung. „Die Ampel
       steht“, sagte Scholz in Berlin. „Uns eint der Wille, das Land besser zu
       machen“, betonte er. Es gehe nicht um eine Politik des kleinsten
       gemeinsamen Nenners, „sondern um eine Politik der großen Wirkung“, sagte
       Scholz. „Wir wollen mehr Fortschritt wagen.“
       
       Als ein „Dokument des Mutes und der Zuversicht“ bezeichnete der
       Grünen-Vorsitzende Robert Habeck den Koalitionsvertrag. „Das Leitbild
       dieser Regierung ist eine handelnde Gesellschaft, ein investierender Staat
       und ein Deutschland, das schlichtweg funktioniert.“ FDP-Chef Christian
       Lindner betonte: „Was jetzt gebildet wird, ist eine Regierung der Mitte,
       die das Land nach vorn führt.“
       
       Im Koalitionsvertrag wurde unter anderem Folgendes festgeschrieben: Die
       Mietpreisbremse soll verlängert werden. In Gebieten mit angespanntem
       Wohnungsmarkt soll die Miete binnen drei Jahren nur noch bis zu 11 Prozent
       steigen dürfen statt wie bisher bis zu 15 Prozent. Stromkunden sollen
       entlastet werden, indem zum 1. Januar 2023 die EEG-Umlage abgeschafft wird.
       In der Finanzpolitik vereinbarten SPD, Grüne und FDP, die im Grundgesetz
       verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten.
       
       Zum Schutz der Bundeswehr-Soldaten bei Auslandseinsätzen soll eine
       Bewaffnung von Drohnen ermöglicht werden. Die deutschen Rüstungsexporte
       sollen mit einem neuen Gesetz effektiver beschränkt werden. In der
       Asylpolitik wurde vereinbart, dass mehr Flüchtlinge künftig ihre
       Angehörigen zu sich nach Deutschland holen können.
       
       Den gesetzlichen Mindestlohn wollen SPD, Grüne und FDP von jetzt 9,60 Euro
       auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Sie verständigten sich zudem auf die
       Bildung eines neuen Bundesministeriums für Bauen. Vorgesehen ist auch eine
       Erweiterung des Wirtschaftsministeriums um das Thema Klimaschutz. Bis 2030
       soll Deutschland 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien
       beziehen. Die Ampel-Parteien wollen den öffentlichen Nahverkehr stärken und
       dazu vom kommenden Jahr an die sogenannten milliardenschweren
       Regionalisierungsmittel erhöhen.
       
       Auch über die Verteilung der Ressorts verständigten sich SPD, Grüne und
       FDP. Die SPD wird mit Olaf Scholz künftig den Kanzler stellen und das
       Innen- und Verteidigungsministerium, ein neu geschaffenes Bauministerium,
       und die Ressorts Gesundheit, Arbeit und Soziales sowie wirtschaftliche
       Zusammenarbeit übernehmen. Auch der Chef des Kanzleramts kommt von der SPD.
       An die Grünen gehen ein neu geschaffenes Wirtschafts- und Klimaministerium,
       das Außenministerium sowie die Ressorts Umwelt/Verbraucher, Agrar/Ernährung
       und Familie. Die FDP bekommt das Finanz-, Verkehrs-, Bildungs- und das
       Justizministerium.
       
       Der FDP-Bundesvorstand benannte dafür Parteichef Lindner (Finanzen),
       Generalsekretär Volker Wissing (Verkehr), den Ersten Parlamentarischen
       Geschäftsführer Marco Buschmann (Justiz) und die Parlamentarische
       Geschäftsführerin Bettina Stark-Watzinger (Bildung).
       
       Der Bund der Steuerzahler begrüßte die Ankündigung, die Vorgaben der
       grundgesetzlichen Schuldenbremse ab 2023 wieder einzuhalten und Prioritäten
       im Bundeshaushalt zu setzen. Sein Präsident Reiner Holznagen sagte: „Das
       sind vielversprechende Ansätze, denen die Ampel in den nächsten vier Jahren
       gerecht werden muss. Bei wohlklingenden Überschriften darf es aber nicht
       bleiben.“ Holznagel vermisste allerdings ein klares Bekenntnis, dass die
       Verschwendung von Steuergeld konsequent verfolgt und bestraft werden solle.
       (dpa)
       
       ## Esken rechnet mit Zustimmung der SPD
       
       Die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken rechnet mit einer klaren Mehrheit des
       außerordentlichen SPD-Parteitags zum neuen Koalitionsvertrag. „Ich gehe
       davon aus, dass die Zustimmung sehr groß sein wird“, sagt sie im
       Deutschlandfunk. Man werde auch darüber diskutieren, wer für die SPD im
       Kabinett sitzen soll, fügt Esken hinzu, die wieder als SPD-Chefin
       kandidiert. Die Vorsitzenden der SPD und der Grünen, die nicht in der
       Regierung vertreten sein werden, würden ihren Einfluss etwa über die
       Koalitionsausschüsse ausüben.
       
       ## Klimakritik von der CDU
       
       CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak kritisiert die Pläne der künftigen
       Ampel-Koalition beim Klimaschutz. Die Vorhaben hätten nur noch wenig mit
       dem Programm der Grünen vor der Wahl zu tun, sagt Ziemiak sagte der Zeitung
       „Rheinische Post“. „In Wahrheit führt die Ampel vieles fort, was die letzte
       Bundesregierung auf den Weg gebracht hat.“ Der Koalitionsvertrag scheine
       eher „ein finanziell nicht gedecktes Thesenpapier als ein
       Regierungsprogramm“ zu sein. Auch sei bei der Ressortverteilung von SPD,
       Grüne und FDP ein Aufbruch nicht zu sehen. „Viele fragen sich: Wo ist das
       Digitalministerium geblieben? Offenbar sieht die Ampel dort keine
       Priorität.“ (rtr)
       
       ## Kritik an den Bildungsplänen – auch von der CDU
       
       Die schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien (CDU) hat den
       Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP eine zu wenig ambitionierte
       Bildungspolitik vorgehalten. „Der Gordische Knoten der Bildungsfinanzierung
       wird beschrieben, aber nicht durchschlagen“ sagte Prien der Deutschen
       Presse-Agentur in Berlin. „Ich hätte mir mehr Mut gewünscht und hatte
       gehofft, dass, wer mehr Fortschritt wagen will, sich auch an die notwendige
       Grundgesetzänderung herantraut.“ Die Finanzen und Strukturen zwischen Bund,
       Ländern und Kommunen müssten neu geordnet werden. „Doppelstrukturen und
       Programme an den Bedarfen in den Ländern vorbei sind nicht zielführend.“
       
       Der Ampel-Koalitionsvertrag bleibe im Bereich Bildung „bei abstrakten und
       unambitionierten Floskeln“, kritisierte Prien. Die Chance, den massiven
       Innovationsschub und die Veränderungen in der Bildungslandschaft, die durch
       die Coronapandemie ausgelöst worden sei, in eine langfristige Strategie zu
       überführen, sei vertan worden.
       
       So werde etwa bei der Digitalisierung der Fokus auf Geräte und zu wenig auf
       Pädagogik gelegt. Es sollten bestehende Projekte und Programme fortgeführt
       werden. Das reiche nicht aus. Insbesondere die Digitalen Kompetenzzentren
       müssten jetzt schnell kommen, um Lehrerprofessionalisierung und Entwicklung
       von Lernumgebungen auf die Beine zu stellen. Auch der Schulbau müsse
       bundesweit und flächendeckend gefördert werden. „Schulen brauchen das
       größte Investitionsprogramm, dass diese Republik seit der Wiedervereinigung
       gesehen hat“, sagte Prien. (dpa)
       
       25 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://arbeitgeber.de/es-braucht-fuer-die-naechsten-jahre-eine-strukturwandelkoalition/
 (DIR) [2] https://www.gesamtmetall.de/aktuell/pressemitteilungen/davon-kann-und-muss-ein-aufbruch-ausgehen
       
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