# taz.de -- EU-Gebäudesanierungspflicht: Viele Fragen bleiben offen
       
       > Die Pläne der EU-Kommission, eine Sanierungspflicht für energiefressende
       > Gebäude einzuführen, stoßen auf Kritik. Verbände fordern klarere Ansagen.
       
 (IMG) Bild: Besonders schlecht gedämmten Häusern könnte künftig eine Sanierungspflicht drohen
       
       BERLIN taz | Die [1][Pläne der Kommission] würden zeigen, wie wenig Ahnung
       die Europäische Union vom Wohnen in Europa habe, bemängelt Kai Warnecke,
       Präsident des Wohnungseigentümerverbands Haus&Grund. Warnecke klagt aus
       aktuellem Anlass. Die EU-Kommission hatte am Mittwoch eine
       Sanierungspflicht für Gebäude vorgeschlagen, die besonders viel Energie
       verbrauchen. Dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und
       Immobilienunternehmen zufolge sind das drei Millionen Gebäude in
       Deutschland. Öffentliche und nicht bewohnte Bauten sollen gemäß diesem
       Vorschlag bis 2027, Wohnungen und Häuser bis 2030 renoviert werden. Alle
       Neubauten müssten ab 2030 komplett klimaneutral sein.
       
       Welche Art von Energie, also zum Beispiel Gas oder Erdwärme, in Zukunft in
       den Häusern zum Heizen ankomme, sei aber noch sehr unklar, erklärt
       Warnecke. So wüssten Sanierungswillige nicht, ob sie jetzt [2][eine
       Wärmepumpe einbauen sollten] oder doch auf die Gasheizung setzen sollten,
       die sich längerfristig aus grünem Wasserstoff speisen könnte. „Wir
       bräuchten einen Gebäudesanierungsplan und müssten wissen, mit welchen
       Energien wir in Zukunft rechnen können“, so Warnecke. Hinzu kommt: Die
       EU-Kommission sieht vor, jene 15 Prozent der Gebäude unter
       Sanierungspflicht zu stellen, die am meisten Energie verbrauchen. Und damit
       auch alte Gebäude, die bald abgerissen werden müssten, befürchtet Warnecke.
       
       „Die meisten Gebäude in Deutschland sind sanierungsfähig“, hält Lukas
       Siebenkotten vom Deutschen Mieterbund dagegen. Eine absehbare Baufälligkeit
       treffe nur auf sehr wenige Gebäude zu. Die Idee der EU, zunächst einmal die
       ineffizientesten Häuser energetisch zu sanieren, sei zu begrüßen.
       Entscheidend sei aber, wer die Sanierungen bezahle. Denn die würden
       erhebliche Mehrkosten nach sich ziehen. Es sei noch völlig unklar, wie die
       Mieter:innen daran beteiligt werden sollen. Der Deutsche Mieterbund
       fordert die sogenannte „Warmmietenneutralität“. Hierbei zahlen
       Mieter:innen, die Energie sparen, nicht weniger Miete, sondern die
       Ersparnis soll dem Vermieter ermöglichen, die Sanierungen zu finanzieren.
       Um [3][Mieterhöhungen] zu vermeiden, solle auch der Bund diese noch stärker
       subventionieren.
       
       ## Diskrepanz zu Ampel-Plänen
       
       Auch das Baugewerbe sieht die Vorschläge der EU-Kommission skeptisch.
       Grundsätzlich gingen diese und die Pläne der neuen Ampel-Regierung
       auseinander, erklärt Ilona Klein vom Zentralverband Deutsches Baugewerbe.
       So sollen Neubauten der EU-Kommission zufolge bis 2030 klimaneutral sein,
       während die Bundesregierung für neue Gebäude nur eine höhere
       Energieeffizienz ab 2025 zur Regel machen möchte. Außerdem kämen für viele
       Altbaubesitzer:innen bauliche Beschränkungen wie der Denkmalschutz
       hinzu, die die Sanierung immens erschwerten, warnt Klein.
       
       Gelder für die Sanierungen sollen unter anderem durch einen
       Klimasozialfonds bereitgestellt werden. Der Gebäudesektor ist laut
       Umweltbundesamt für etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland
       verantwortlich. Der Bereich hat 2020 als einziger Sektor sein
       Klimaschutzziel verpasst. Während alte Gebäude viel Energie beispielsweise
       beim Heizen benötigen, produzieren Neubauten viele Treibhausgase bei der
       Herstellung und beim Transport der zum Bau benötigten Materialien. Die
       Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen errechnete kürzlich, dass ein
       Drittel der Treibhausgasemissionen eines Gebäudes schon vor seiner Nutzung
       entstehen. Der Gebäudesektor muss also grüner werden, aber wie er sich aus
       diesem Widerspruch befreien kann, bleibt weiterhin unklar.
       
       17 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/eu-energiesparen-101.html
 (DIR) [2] /Experte-ueber-klimataugliche-Waermepumpen/!5789960
 (DIR) [3] /Unzulaessige-Mieterhoehungen/!5527641
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lukas Nickel
       
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