# taz.de -- Olaf Scholz vor dem Bundestag: Der kühle Kanzler
       
       > Olaf Scholz stellt sich den Fragen der Bundestagsabgeordneten und
       > verteidigt eisern die Impfpflicht. Die AfD macht mal wieder Krawall.
       
 (IMG) Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz ließ sich auch im Bundestag nicht aus der Reserve locken
       
       BERLIN taz | Manches ist 2022 im Bundestag neu und ungewohnt. Die
       Unionsfraktion sitzt nun erstmals – und wider Willen – weit rechts neben
       der AfD. Die Ampel hat diese neue Sitzordnung verfügt. Politisch hält die
       Union Abstand zu den Rechtsaußen. Die AfD macht es der Union in dieser
       Hinsicht leicht.
       
       Denn kaum hat Kanzler Olaf Scholz am Mittwoch ein paar Worte gesagt, recken
       die AfD-Abgeordneten blau-weiß-rote Schilder hoch, auf denen „Freiheit
       statt Spaltung“ steht. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) droht –
       korrekt laut Geschäftsordnung des Bundestags – Ordnungsgeld und Verweis aus
       dem Saal an. Die AfD-Riege gehorcht und faltet die Protestplakate zusammen.
       Sie haben ihren Zweck ja erfüllt.
       
       Die Rechtsaußen performen mal wieder für ihre sozialen Kanäle. Dort
       polemisiert die AfD gegen die neu eingeführte 2G-plus-Regel im Bundestag.
       Parallel zum Protestschauspiel gehen Social-Media-Beiträge online – gegen
       eine angebliche „Impf-Apartheid“ und einen „Anschlag auf die Demokratie“.
       
       Beatrix von Storch sorgt schon vor der Plenumsdebatte für Aufsehen. Der
       CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek berichtet auf Twitter von einer
       Szene im Fahrstuhl. Von Storch sei telefonierend ohne Maske über Mund und
       Nase zugestiegen. Als sie eine Frau bat, die Maske richtig aufzusetzen,
       habe von Storch sie laut als „Gestapo“ beschimpft.
       
       ## Ein Hauch von Arroganz
       
       In der von der AfD beantragten Geschäftsordnungsdebatte zu den [1][neuen
       Coronaregeln] und der AfD-Opferinszenierung fand der
       Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei die richtigen Worte. „Von
       jedem Schulkind in Deutschland erwarten wir, dass es sich testen lässt. Und
       sie vergießen hier Krokodilstränen und schwadronieren über Einschränkungen.
       Das ist indiskutabel.“
       
       Für Olaf Scholz ist es derweil die erste Fragestunde als Kanzler im
       Bundestag. Es geht kreuz und quer – von der maroden Autobahnbrücke in
       Lüdenscheid über die Atomenergie bis zum G7-Gipfel. Scholz, kein eloquenter
       Redner, schlägt sich recht gut. Und verteidigt vor allem die Impfpflicht,
       die, geht es nach ihm, [2][bald für alle Erwachsenen gelten soll.] Das
       Gesetz solle schnell kommen und unbürokratisch sein, so Scholz. Er fordert
       „eine zügige Beratung“.
       
       Unionsabgeordnete kritisieren, dass Scholz es sich bei der Impfpflicht
       ziemlich einfach macht. Denn der Kanzler hatte im November zwar gesagt,
       dass ein Gesetz zur Impfpflicht bis März wünschenswert wäre, aber er tat
       dies nicht als Kanzler, sondern als SPD-Abgeordneter kund.
       
       Die Impfpflicht sei, so Scholz, eine Gewissensentscheidung der
       Abgeordneten, die das per Gruppenantrag erledigen sollen. Scholz hält sein
       Vorgehen nach wie vor für richtig. „Ich habe der Debatte damit eine
       Richtung gegeben, die sie vorher nicht hatte“, sagt er donnernd
       selbstbewusst. Er sei für die Impfpflicht gewesen, als die meisten noch
       dagegen waren. Nun müsse das Parlament „demokratisches leadership“
       übernehmen.
       
       Alles klar also? Es bleiben doch ein paar Fragen offen. CDU-Mann Frei
       fragt, warum der Kanzler nicht die Kraft hat, auch ein Gesetz zur
       Impfpflicht vorzulegen, wenn er sich seiner Sache doch so sicher ist. Die
       schärfste Nachfrage stellt der CDU-Abgeordnete Günter Krings. Scholz tue
       so, als rede er hier „als Privatmann oder Parlamentarier“, dabei sei er in
       dieser Fragestunde Vertreter des Verfassungsorgans Bundesregierung. Und als
       solcher drücke er sich um Antworten. Für wen die Impfpflicht gelten soll
       und welche Sanktionen drohen, all das sei Aufgabe der Exekutive.
       
       Außerdem, so Krings, sei unklar, warum die allgemeine Impfpflicht eine
       Gewissensentscheidung der Abgeordneten sei, die 2021 beschlossene
       Impfpflicht für das Pflegepersonal aber nicht. „Sind die Grundrechte von
       Pflegekräften weniger wert als die anderer Bürger?“
       
       Scholz lässt sich nicht aus der Reserve locken. Er weist darauf hin, dass
       Justizminister Marco Buschmann (FDP) und Gesundheitsminister Karl
       Lauterbach (SPD) dem Bundestag bei der Formulierung des Gesetzes bestimmt
       gerne helfen. Er sagt es ganz ruhig. Aber es klingt fast überheblich.
       
       12 Jan 2022
       
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