# taz.de -- Rechtsextremer spricht wieder Recht: AfD-Richter in Dippoldiswalde
       
       > Weil sich das Verfahren gegen AfD-Mann Jens Maier zieht, darf er vorerst
       > doch als Richter arbeiten. Hat Sachsen alles getan, um das zu verhindern?
       
 (IMG) Bild: Darf wieder als Richter arbeiten: AfD-Mann Jens Maier (hier ein Foto von 2016)
       
       BERLIN taz | Der rechtsextreme frühere AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier
       machte sich früh und pünktlich am Morgen auf in die Kleinstadt
       Dippoldiswalde in der Nähe von Dresden. Rainer Aradei-Odenkirchen, Direktor
       des dortigen Amtsgerichts, vermeldete, was Sachsens Justizministerin Katja
       Meier (Grüne) gerne verhindert hätte: Maier habe seinen Dienst
       „ordnungsgemäß“ angetreten.
       
       Er werde „im Wesentlichen für allgemeine zivilrechtliche Angelegenheiten
       und mit einem kleinen Arbeitskraftanteil auch für Nachlasssachen und kleine
       Nebengebiete zuständig sein“. Noch am Montagvormittag stellte das
       Amtsgericht seinen neuen Geschäftsverteilungsplan ins Internet.
       
       Nun wird ein Rechtsextremer – so hat ihn der Verfassungsschutz in Sachsen
       eingestuft – Urteile „im Namen des Volkes“ sprechen. Dass es so gekommen
       ist, empört den Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV). Er
       spricht von „eklatanten Fehlern“, die seitens des zuständigen
       Justizministeriums, der Justiz und den im Landtag vertretenen
       demokratischen Parteien gemacht worden seien. „Ein Desaster“, sagt die
       Dresdner Rechtsanwältin Kati Lang namens des RAV.
       
       Maier, der sich [1][selbst zuweilen „kleiner Höcke“] nennt, war bis zur
       Wahl in den Bundestag 2017 Richter am Landgericht Dresden. Sein Mandat
       konnte er im September 2021 nicht verteidigen. Grundsätzlich stand dem
       AfD-Politiker laut Abgeordnetengesetz – wie allen Beamt:innen – das
       Recht auf Wiederverwendung zu, den entsprechenden Antrag hatte er noch vor
       Weihnachten gestellt.
       
       ## Justizministerin will sich keine Vorwürfe machen
       
       Lange wurde im sächsischen Justizministerium argumentiert, es gebe gegen
       den erneuten Einsatz von Maier als Richter nur die Möglichkeit eines
       Disziplinarverfahrens der Maier vorgesetzten Behörde – konkret also des
       Landgerichts Dresden. Dieses leitete ein entsprechendes Verfahren am Montag
       tatsächlich ein.
       
       „Es besteht der Verdacht, dass Jens Maier die Dienstpflichten zur
       Verfassungstreue, zur politischen Mäßigung und zu achtungs- und
       vertrauenswürdigem Verhalten verletzt hat“, hieß es zur Begründung. Ein
       gegen Maier eingeleitetes Disziplinarverfahren 2017 hatte lediglich in
       einem Verweis geendet.
       
       Ohnehin kann dieses neue Disziplinarverfahren den mindestens
       vorübergehenden Einsatz von Maier im Richterdienst ebenso wenig verhindern
       [2][wie die anderen Schritte], die Sachsens Justizministerin Meier nach
       erheblichem öffentlichen Druck einleitete: Sie stellte im Februar den
       Antrag auf Versetzung Maiers in den Ruhestand – „zur Abwehr einer
       schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtspflege“.
       
       Zudem soll ihm per Eilantrag die Führung der Amtsgeschäfte verboten werden.
       Seit vergangenem Freitag war klar, dass sich diese Verfahren verzögern.
       Maier hat den rechten Szeneanwalt Jochen Lober aus Köln beauftragt, der
       zeitweilig auch Ralf [3][Wohlleben im NSU-Prozess] verteidigte. Er soll
       zunächst Akteneinsicht bekommen. Laut Dienstgericht kann „gegenwärtig noch
       nicht abgesehen werden, wann die Kammer entscheiden wird“.
       
       Sachsens Justizministerin Meier will sich dennoch keine Vorwürfe machen.
       Eine Bürgerin aus Dresden hatte im Februar an das Justizministerium
       geschrieben, „bestürzt“ darüber, dass mit Jens Maier ein Mann wieder
       Richter werden soll, der „seit Jahren im rechtsextremen völkischen Flügel
       der AfD aktiv“ sei und „ganz offen menschenverachtende und nicht
       verfassungskonforme Positionen“ vertrete.
       
       ## „Demokratische Verantwortungslosigkeit sondergleichen“
       
       In dem vor wenigen Tagen verschickten Antwortschreiben, das der taz
       vorliegt, schrieb das Ministerium, die Kritik an einer Rückkehr von
       Beamt:innen in ihr früheres Dienstverhältnis, „ohne dass die von ihnen
       während der Abgeordnetenzeit vertretenen Ansichten eine Rolle spielen“,
       lasse sich „gut nachvollziehen“. Aber: „Für den gesetzlichen
       Rückkehranspruch bleiben die politischen Aktivitäten während der Zeit als
       Abgeordneter grundsätzlich außer Betracht.“
       
       Unter Hinweis auf das Dienstrecht hieß es, die Handlungsmöglichkeiten im
       Ministerium seien „eingeschränkt“. Dennoch sei der Rechtsstaat „nicht
       handlungsunfähig, wenn es darum geht, zum Beispiel mit Feinden der
       Verfassung umzugehen“.
       
       RAV-Vorständin Kati Lang bezweifelt das. Sie bedauert, dass die parallel
       mögliche Richteranklage gegen Maier nicht zustande gekommen sei. Mit den
       Stimmen von CDU, Grünen, Linken und SPD hätte es die notwendige
       Zwei-Drittel-Mehrheit im Landtag gegeben.
       
       Lang wirft der Kenia-Regierungskoalition in Sachsen „demokratische
       Verantwortungslosigkeit sondergleichen“ vor. An die Adresse der sächsischen
       Justiz sagt sie, diese habe kaum Selbstreinigungskräfte aufzuweisen, anders
       lasse sich auch das zögerliche Vorgehen des Richterdienstgerichtes nicht
       erklären. Der wohl größte Fehler sei, „dass die Justiz selbst rechte,
       rassistische und antisemitische Funktionsträger duldet, keine Haltung zeigt
       und die Eskalation damit mitverschuldet“.
       
       14 Mar 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Matthias Meisner
       
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