# taz.de -- Erdoğans Vermittlerrolle im Ukrainekrieg: Wieder Staatsmann
       
       > Er schwankt zwischen Nato und Putin und gilt deshalb plötzlich als
       > ehrlicher Makler: Der türkische Präsident Erdoğan vermittelt im
       > Ukrainekrieg.
       
 (IMG) Bild: Istanbul am 29. März 2022: der türkische Präsident am Verhandlungstisch
       
       Es ist noch nicht lange her, da war die Türkei von Präsident [1][Recep
       Tayyip Erdoğan] international fast völlig isoliert. Am Mittelmeer hatten
       sich im Konflikt um Schürfrechte nach Öl und Gas, angeführt von
       Griechenland, fast alle Anrainerstaaten gegen die Türkei
       zusammengeschlossen. Erdoğans Drohungen gegen Griechenland hatten ihn
       innerhalb der Europäischen Kommission vollends zum Paria werden lassen und
       seine jahrelange Schaukelpolitik zwischen den [2][USA und Russland], die
       unter Donald Trump noch einigermaßen funktioniert hatte, drohte unter
       seinem Amtsnachfolger Joe Biden in einem De-facto-Ausstieg der Türkei aus
       der Nato zu enden.
       
       Erdoğan will partout nicht auf die russische S-400-Raketenabwehr verzichten
       – nicht zuletzt, weil er die CIA nach wie vor verdächtigt, an dem
       Putschversuch in der Türkei 2016 im Hintergrund beteiligt gewesen zu sein.
       Und Präsident Biden denkt gar nicht daran, in Syrien die Zusammenarbeit mit
       der kurdischen Miliz YPG einzustellen, die für Ankara ein eindeutiger
       Ableger der PKK ist. Als Putin dann vor vier Wochen seinen Angriffskrieg
       auf die Ukraine startete, schien für Erdoğan der Moment gekommen, sich
       entscheiden zu müssen: Kehrt er zurück in den Schoß der Nato oder führt er
       die Türkei endgültig in den russischen Orbit?
       
       Doch Erdoğan ist immer dann besonders stark, wenn er mit dem Rücken zur
       Wand steht. Sein Credo ist: Dieser Krieg ist ein Unglück für alle und er
       muss möglichst schnell beendet werden. Dazu bot er von Beginn an seine
       Vermittlerdienste an. Anfangs noch belächelt, stellte sich im Verlauf der
       Kriegswochen heraus, dass gerade seine Uneindeutigkeit, sein Schwanken
       zwischen den Lagern, plötzlich zu einem entscheidenden Pluspunkt werden
       könnte. Er preist zwar wieder die Nato, will aber in Putin nach wie vor
       keinen Feind sehen und verweigert deshalb auch [3][Sanktionen]. Der Ukraine
       hat er schon vor Jahren Waffen verkauft, in Syrien aber weiterhin mit
       Russland kooperiert. Deshalb halten beide Seiten ihn jetzt für einen
       ehrlichen Makler.
       
       Mit den Verhandlungen in Istanbul bereitet Erdoğan auch ein Treffen
       zwischen Putin und Selenski vor, mit dem der Krieg zumindest vorläufig
       beendet werden könnte. Plötzlich gilt der Mann am Bosporus auf dem
       internationalen Parkett wieder als Staatsmann.
       
       29 Mar 2022
       
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