# taz.de -- Pläne der AfD in Meißen: Kaderschmiede in der Wiege Sachsens
       
       > Das historische Kornhaus auf dem Meißner Burgberg soll versteigert
       > werden. Die AfD will es kaufen – und ein Schulungszentrum einrichten.
       
 (IMG) Bild: Die Albrechtsburg in Meißen mit dem Kornhaus nebem dem Dom
       
       DRESDEN taz | Die Gaststätte Burgkeller auf dem historischen Meißner
       Burgberg nutzte die AfD auch bisher schon gern für Wahlveranstaltungen. Nun
       setzt die vergangenheitsverliebte „Alternative“ zu einem großen Coup an.
       Bei einer am 4. Juli angesetzten Zwangsversteigerung möchte sie das
       gegenüberliegende 550 Jahre alte Kornhaus erwerben und zum lange gesuchten
       Schulungs- und Kaderzentrum der Bundespartei ausbauen.
       
       Das Kornhaus bildet mit dem Dom, der Albrechtsburg und der Nordostbebauung
       das berühmte Ensemble des dominanten Burgberges. Der gilt als die
       symbolische Wiege Sachsens. 929 wurde hier die Markgrafschaft Meißen
       gegründet.
       
       Das spätgotische Gebäude erweckt derzeit allerdings nicht einen seiner
       historischen Bedeutung würdigen Eindruck. Die Stadt Meißen empfand das
       verfallende und zuletzt als Wohnhaus genutzte Gebäude als eine Last. 2008
       verkaufte sie es für eine halbe Million Euro an die
       österreichisch-italienische Immobilienfirma Venere GmbH und verzichtete auf
       Rückkaufrechte. Doch der neue Eigentümer tat auch nichts, schuldet derzeit
       sogar 17.000 Euro Grundsteuer. Meißen beantragte Zwangsvollstreckung.
       
       Historischer Ort, Grundstücksgröße 985 Quadratmeter, Nutzfläche laut
       Ausschreibung 1.785 Quadratmeter, Verkehrswert 370.000 Euro: Die AfD
       witterte ihre Chance. Ein Gebäude, „das mit seinem ganzen Ambiente zu uns
       passen würde wie kein zweites“, sagte AfD-Bundesschatzmeister Carsten
       Hütter der FAZ. Bei anderen Objekten sei man bisher an privaten
       Konkurrenten oder an Vorkaufsrechten der Kommunen gescheitert.
       
       ## AfD geriert sich als Retter des historischen Gebäudes
       
       Kurioserweise hatte Anfang Mai noch der kulturpolitische Sprecher der
       sächsischen AfD-Landtagsfraktion, Thomas Kirste, den Freistaat Sachsen
       aufgefordert, „den Kulturverfall zu stoppen“ und das Kornhaus selbst zu
       erwerben. Nach der Sanierung könne hier ein Museum Deutsche Einheit
       eingerichtet werden.
       
       Nun geriert sich die AfD selbst als Retter der historischen Bausubstanz.
       Erst in der Woche vor Pfingsten will der Bundesvorstand die Kornhaus-Pläne
       bestätigen. An der Mittelbereitstellung dürften sie nicht scheitern, zumal
       die AfD derzeit keine finanziellen Sorgen plagen.
       
       ## Widerstand gegen die rechte Landnahme
       
       Damit gehört das Meißner Kornhaus aber noch lange nicht der Partei. Von
       einem privaten Bieterkonkurrenten ist bislang nichts bekannt, die Stadt
       schweigt zum Verfahren. Doch der politische Widerstand gegen die rechte
       Landnahme wächst.
       
       „Mit mir als Oberbürgermeister wäre es nicht so weit gekommen“, sagt der
       heutige Kulturpolitiker der SPD-Landtagsfraktion Frank Richter, der 2018
       bei der Wahl knapp gegen Amtsinhaber Olaf Raschke unterlegen war. Schon
       damals stand ein Rückkauf auf seiner Agenda. Dieses „kulturelle
       Tafelsilber“ gehöre in öffentliche Hand.
       
       Dabei erwartet er eine Unterstützung der Landesregierung, auch in
       politischer Hinsicht. Im Koalitionsvertrag von CDU, SPD und Grünen steht
       der Satz: „Die Kommunen werden wir stärker beraten, wie sie insbesondere
       mit rechtsextremen Veranstaltungen und Immobiliennutzungen umgehen können.“
       
       ## Das Kornhaus als Zentrum der Landesausstellung?
       
       Richter verfolgt schon länger die Idee, das Kornhaus 2029 zum Zentrum der
       nächsten sächsischen Landesausstellung zu machen, wenn zugleich 1.100 Jahre
       Gründung der Burg Misnia durch König Heinrich I. gefeiert wird.
       
       Auch Grüne und Linke im Landtag fordern die bislang passive Staatsregierung
       zum Eingreifen auf. Im laufenden Doppelhaushalt sei bereits die Erstellung
       eines Nutzungskonzeptes verankert. Das hat längst auch der bereits im
       Herbst 1989 gegründete Verein Rettet Meißen jetzt! vorgelegt.
       
       ## Auch Jörg Kachelmann engagiert sich
       
       Die stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Sophie Koch ist [1][überrascht
       über die Resonanz ihres Twitter-Aufrufs], die „Nazikaderschmiede“ zu
       verhindern. Auffallend engagiert sich mit Spendenaufrufen für einen Kauf
       auch der Moderator Jörg Kachelmann. In der Woche vor Pfingsten plant er mit
       Freunden eine spektakuläre Besichtigungsaktion im Kornhaus.
       
       Der drohende Eklat könnte abgewendet werden, wenn es gar nicht erst zur
       Zwangsversteigerung am 4. Juli kommt. Venere-Geschäftsführer Cesare Geat
       hatte schon im April gegenüber der Sächsischen Zeitung ein Entgegenkommen
       angedeutet. Man könne sich mit einem Flächentausch für den Wohnungsbau
       anfreunden und das Kornhaus zurückgeben. Die ausstehenden Gebühren, also
       die Grundsteuer, wolle man begleichen. Das ist bisher noch nicht geschehen.
       
       30 May 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/SophiekochJ/status/1526806278051450881
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Bartsch
       
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