# taz.de -- Erfolg für Klimaklagen: Juristerei for Future
       
       > Wichtige Klimaklagen haben kleine Siege errungen – vor einem Gericht in
       > Brasília und vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
       
 (IMG) Bild: Ein Regenbogen über dem Amazonas-Regenwald in Brasilien
       
       BASEL taz | Wenn es um Brasilien und Klimaschutz geht, dann oft im
       negativen Sinne: Bilder von gigantischen Schneisen durch den
       [1][Regenwald], Schlagzeilen über die uneinsichtige Regierung des
       rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro. Jetzt ist das oberste Gericht in
       Brasília eingeschritten: Es hat geurteilt, dass das Pariser
       Weltklimaabkommen ein Menschenrechtsabkommen ist. Was nach einer Formalität
       klingt, hat in [2][Brasilien] weitreichende Konsequenzen:
       Menschenrechtsabkommen haben einen höheren rechtlichen Status als normale
       Gesetze oder Staatsverträge.
       
       „Wenn ein vom Kongress verabschiedetes Gesetz im Widerspruch zu einer
       Bestimmung eines Menschenrechtsvertrags steht, hat der
       Menschenrechtsvertrag Vorrang“, sagt Caio Borges von der brasilianischen
       Umweltorganisation Clima e Sociedade zu dem Urteil.
       
       Er erhofft sich nicht nur, dass man gegen bestehende Anti-Öko-Regeln
       vorgehen kann, sondern auch, dass es seltener zu neuen kommt. „Der Status
       der Supralegalität verleiht den Menschenrechtsverträgen eine ‚abschreckende
       Wirkung‘ auf Gesetze, die ihnen zuwiderlaufen“, so der Umweltschützer.
       
       Das Gericht urteilte zudem, dass es gegen die Verfassung verstößt,
       öffentliche Klimaschutzmittel nicht auszugeben. Genau das nämlich hatte
       Bolsonaros Regierung getan. In den Jahren 2019 und 2020 blieb Geld in
       Brasiliens Klimafonds unangetastet.
       
       ## Erfolg vor Europäischem Gerichtshof für Menschenrechte
       
       Auch in Europa hat eine Klimaklage gerade einen Etappensieg erzielt. Sechs
       portugiesische Jugendliche klagen wegen mangelndem Klimaschutz vor dem
       [3][Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte] gegen 33 Länder. Es
       handelt sich um die EU-Staaten sowie Großbritannien, Norwegen, Russland,
       die Schweiz, die Türkei und die Ukraine. Dass das Gericht die Klage
       überhaupt zugelassen hat, galt als großer Erfolg – jetzt macht es ihn zu
       einem besonders wichtigen Fall.
       
       Es hat entschieden, dass die Klage vor der Großen Kammer mit allen 17
       Richtern verhandelt wird. Das ist ein außergewöhnlicher Schritt: Von den
       72.100 Fällen, die derzeit vor dem Gericht anhängig sind, sollen nur 22 von
       der Großen Kammer entschieden werden. Sie kommt nur in „schwerwiegenden
       Fällen“ zum Zug.
       
       Das trifft nun also auch auf diesen Fall zu. Die Jugendlichen
       argumentieren, dass die Länder mit ihrer Klimapolitik gegen die
       Menschenrechte der Menschen in Europa verstoßen. Eingereicht haben sie die
       Klage vor zwei Jahren.
       
       Schon kurz darauf hatte sich abgezeichnet, dass das Gericht den Vorwurf
       ernst nimmt. Damals hatte es entschieden, den Fall prioritär zu behandeln
       und hatte den Regierungen eine besonders kurze Frist zur Stellungnahme
       gesetzt. „Nun hoffen wir, dass diese Richter unseren Fall so schnell wie
       möglich anhören und die europäischen Regierungen dazu bringen, die dringend
       notwendigen Maßnahmen zu unserem Schutz zu ergreifen“, sagt Sofia Oliveira,
       eine der Klägerinnen.
       
       6 Jul 2022
       
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