# taz.de -- Abgeordneter über Scholz und Cum-Ex: „Ein Auge zudrücken beim Bankraub“
       
       > Der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Hackbusch glaubt dem Kanzler seine
       > Erinnerungslücken im Cum-Ex-Skandal nicht. Nun muss Scholz vor den
       > Ausschuss.
       
 (IMG) Bild: Norbert Hackbusch (Die Linke), Obmann im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss
       
       taz: Herr Hackbusch, wo liegt das Problem, wenn der Inhaber eines
       bedeutenden, alteingesessenen Kreditinstituts, Christian Olearius, den
       Hamburger Bürgermeister, [1][Olaf Scholz (SPD)], um ein Gespräch bittet? 
       
       Norbert Hackbusch: Problematisch ist nicht, dass Scholz Olearius empfangen
       hat, sondern, dass er ihn innerhalb weniger Wochen ein zweites Mal
       getroffen hat.
       
       Warum war das zweite Treffen problematisch? 
       
       Weil der Bürgermeister beim zweiten Mal genau wusste, dass es um eine
       Steuerangelegenheit gehen wird – in diesem Fall im Zusammenhang mit
       [2][möglicher Steuerhinterziehung durch Cum-Ex-Aktiengeschäfte]. Dabei hat
       er als Bürgermeister mit Steuerangelegenheiten nichts zu tun.
       
       Schlimmer noch: Scholz nimmt ein Argumentationspapier der Bank an, das er
       an [3][Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD)] weiterreichen lässt, obwohl
       es im Finanzamt schon vorliegt. Das bringt ihn in den Verdacht, er habe das
       Steuerverfahren politisch beeinflussen wollen.
       
       Der Bürgermeister argumentiert, er habe das Schreiben auf dem Dienstweg
       weitergereicht, also den Finanzsenator als die zuständige Stelle – so wie
       der Finanzsenator sagte, ich habe mich informieren lassen aber keinen
       Einfluss genommen auf die Entscheidung meiner Behörde. 
       
       Das ist völlig unglaubwürdig, denn Tschentscher ist nicht der Dienstweg.
       Der Bürgermeister muss achtgeben, dass er eben nicht in den Ruch einer
       Unterstützung kommt, denn einzelne Steuersachen sind allein eine
       Entscheidung des Finanzamtes.
       
       Was hätte Scholz tun müssen? 
       
       Er hätte schauen müssen, was es mit Cum-Ex-Geschäften an sich auf sich hat.
       Stattdessen unterhält er sich mit dem Chef der Bank darüber, was der will.
       
       Wäre es dann nicht geradezu angeraten gewesen, sich an den Finanzsenator
       und dessen Behörde zu wenden? 
       
       Bei Scholz hätten mit dem Wissen um die bundesweit bekannt gewordenen
       Cum-Ex-Fälle die Alarmglocken läuten müssen. Er hätte sich fragen müssen:
       Was ist eigentlich generell mit Cum-Ex-Fällen in Hamburg? Wie haben wir
       damit eigentlich gearbeitet? Diese Initiative sehen wir von ihm nicht. Wir
       sehen nur die Initiative im Zusammenhang mit dem konkreten Fall Warburg und
       die Befürchtung, dass es der Bank schlecht gehen könnte.
       
       Was ihm nicht unbedingt zum Negativen gereichen würde. 
       
       Natürlich muss man sich damit auseinandersetzen. Aber man darf einem
       Bankräuber auch nicht das Geld lassen, nur damit er nicht verarmt. Es gibt
       viel, was man tun kann, wenn ein Unternehmen in Schwierigkeiten kommt –
       aber nicht, ein Auge zuzudrücken im Zusammenhang mit einem Bankraub.
       
       Was verspricht sich der Hamburger Ausschuss davon, ihn am Freitag ein
       zweites Mal einzuladen? 
       
       Herr Scholz muss noch mal kommen, weil die SPD durchgesetzt hat, dass er
       schon im April gehört wurde, mit gehörigem Abstand zur Bundestagswahl.
       Unser Verfahrenskompromiss war, dass er am Ende, wenn wir den ganzen Fall
       aufgearbeitet haben, noch mal aussagen muss. Allerdings stehen wir doch
       noch nicht am Ende des Ausschusses, weil wir den Untersuchungsauftrag
       ausweiten werden.
       
       In welche Richtung? 
       
       Auch die inzwischen umfirmierte HSH Nordbank hat als damalige Bank mit
       Landesbeteiligung Cum-Ex-Geschäfte betrieben und daraus 126 Millionen Euro
       aus eigener Initiative zurückgezahlt. Tschentscher behauptet, das sei
       vorbildlich aufgeklärt worden und die Bank habe zudem Bußgelder bezahlt.
       Das Zweite ist falsch.
       
       Seit 2009 mussten sich Banken sogenannte Berufsträgerbescheinigungen
       ausstellen lassen, die Steuerraub mit Cum-Ex-Geschäften verhindern sollten.
       Wir wissen, dass das nicht funktioniert hat. Die HSH Nordbank konnte aber
       in 29 Fällen nicht einmal solche Bescheinigungen vorlegen. In der
       Finanzbehörde gab es eine Ermittlungsgruppe, die das aufklären sollte. Es
       ist erstaunlich, dass die nicht mehr herausgefunden hat als das, was die
       Bank freiwillig gemeldet hat.
       
       Die Hamburger Senatskanzlei hatte die Frage, ob sich der Bürgermeister mit
       den Warburg-Bankiers getroffen habe, zuerst verneint. Wusste Scholz das?
       Wusste es die Senatskanzlei nicht besser? 
       
       Es war auf jeden Fall ein kapitaler Fehler, weil es nicht nur um die
       Beantwortung unserer Kleinen Anfrage ging. Scholz hat sich bei den
       Befragungen im Ausschuss nur an das erinnert, was in seinem Kalender stand
       oder aus öffentlichen Quellen bekannt war: Zum Inhalt der Gespräche habe er
       kein konkretes Wissen. Damit hat er ein Glaubwürdigkeitsproblem.
       
       Warum? 
       
       Weil wir ihn kennen. Er trifft den Chef einer wichtigen Bank in Hamburg und
       der sagt: Erstens habe ich Probleme mit deiner Finanzverwaltung und
       zweitens, wenn die sich durchsetzt, gehe ich wahrscheinlich pleite. – Und
       an dieses Gespräch kann sich Scholz nicht erinnern? Er, der mir erklärt
       hat, wie die Bauteile in der Elbphilharmonie aufgehängt sind?
       
       17 Aug 2022
       
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