# taz.de -- Die Kunst der Woche für Berlin: In der Zettelwirtschaft
       
       > In ihren seriellen Raumskizzen bei SOX codiert die Künstlerin Christel
       > Fetzer drei Jahre Kommen und Gehen in einer Bar. Auch Zigaretten fehlen
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Nicht nur an der Bar, auch im Fenster bilden sich Schlangen: Christel Fetzer bei SOX
       
       Endlich mal wieder eine Ausstellung, wo geraucht werden durfte. Im
       [1][SOX]-Schaufenster auf der O-Straße reihen sich die Aschenbecher
       aneinander, dahinter stapeln sich [2][Christel Fetzers] Skizzen in rotem
       Marker, schwarzem Kuli und allerlei überlappenden Farben, hinter denen sich
       mit Sicherheit eine Reihe von Codes verbergen. In jedem Fall deuten die
       immer den gleichen Raumausschnitt erfassenden seriellen Zeichnungen auf ein
       ausgeklügeltes System aus Notizen, Strichlisten und Zahlenkombinationen
       hin.
       
       Die Zettel in DIN A5 nehmen die ganze über zwei mal drei Meter verlaufende
       Rückwand des vielleicht schmalsten Projektraums Berlins ein und bilden
       Fetzers Barschichten der letzten drei Jahre ab: wer kam und ging, wer wie
       viel auf dem Deckel stehen hatte, wer die Rechnung für alle beglich, wer
       anschrieb, wer die Zeche vergaß oder gar nicht erst zahlen konnte.
       
       Der Titel „Kippenberg & Kuli“ referiert Zigarettenstummel und Schreibgerät,
       ruft aber für einen Moment auch Martin Kippenbergers berüchtigten Deal mit
       der Paris Bar ins Gedächtnis: Bewirtung gegen Kunst.
       
       In Fetzers Bar, deren Name offenbleibt, ist das Setting weniger
       einschüchternd, dafür sorgen allein die ins Schaufenster transportierten
       bunten Aschenbecher, von denen keiner zum nächsten passt. Die Künstlerin,
       die selbst abends hinter der Theke steht, deren Umriss sich wiederum hier
       in jeder neuen Bildmitte so wunderbar wiederholt, würdigt in ihren
       gezeichneten Notizen vor allem die Gäste, die zwar nicht zu sehen, deren
       Bewegungen und Angewohnheiten jedoch zugegen sind.
       
       Die Künstlerin, die ihre Installationen in solch unmittelbar räumliche
       Kategorien wie „Stapel und Haufen“, „Zäune und Wände“ oder „Hütten und
       Container“ sortiert, bespielt hier mit SOX einen Ort, der hinter
       transparentem Glas und mit dem Zuschauerraum im Freien auf der Grenze
       zwischen indoor und outdoor balanciert.
       
       Mit „Dort“ hat Fetzer auch die aktuelle [3][Kunstinstallation im
       Rosengarten] des Gartendenkmals Treptower Park gestaltet, die noch bis Ende
       Oktober frei zugänglich ist und in Form einer begehbaren „Schutzhütte“ ein
       Stück Himmel freigibt. Und was ist eine Bar, wenn nicht eine Schutzhütte?
       
       27 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sox-berlin.com/
 (DIR) [2] https://www.christelfetzer.de/
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/ba-treptow-koepenick/aktuelles/pressemitteilungen/2022/pressemitteilung.1216852.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Noemi Molitor
       
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