# taz.de -- Jugendwahlen in der Schule: Politische Früherziehung
       
       > Demokratie in der Schule scheitert oft daran, das sie gefaket ist, findet
       > die Kolumnistin. Manchmal aber auch an einem Känguru.
       
 (IMG) Bild: Meine Söhne haben alle Level bei der Jugendwahl durchgespielt – inklusive Protestwahl
       
       Meine Söhne spielen jetzt schon ein Weilchen mit bei diesen Jugendwahlen,
       die man in Schulen abhält und ich glaube, sie haben alle Level
       durchgespielt.
       
       In der Grundschule wollte einer von ihnen (ich sage aber nicht, welcher)
       CDU wählen – einfach weil [1][Angela Merkel die einzige Kanzlerin war, die
       er kannte] und er sich nicht vorstellen konnte, da jemand anderen zu sehen.
       
       Aber Kinder sind halt eh strukturkonservativ, dachte ich mir damals
       achselzuckend. Die CDU hatte jedenfalls in dem Moment endgültig
       verschissen, in dem Armin Laschet das Kanzlerduell [2][bei ihrem damaligen
       Lieblings-Youtuber Rezo] abgesagt hatte.
       
       Danach folgte eine lange Phase des Schwankens: Einerseits wollten sie gern
       Klimaschützer sein, meinten also Grün wählen zu müssen. Andrerseits hatten
       sie sich [3][in dieses Känguru verliebt, Sie wissen schon, das mit dem
       Kleinkünstler Marc-Uwe Kling], und glaubten jetzt auch Anarcho-Kommunisten
       sein zu müssen.
       
       ## Verdrehte taz-Redakteurin indoktriniert Kinder
       
       Was mir interessante Nachfragen ihrer Lehrer*innen eintrug: Ob ich
       zuhause sehr viel über meine Arbeit reden würde? Anscheinend glaubte
       manche*r, diese verdrehte taz-Redakteurin würde zuhause ihre Kinder
       indoktrinieren. Man gab mir den freundlichen Ratschlag doch ein wenig mehr
       auf altersangemessene Lektüre und Gesprächsthemen zu achten.
       
       In ihrer rebellischen Phase drohten sie prompt nun [4][doch mal die AfD zu
       wählen] oder wenigstens diese Satire-Partei – ich habe mit sofortiger
       Enterbung gedroht, aber das ließ sie vor allem müde lächeln. Außerdem,
       erklärten sie mir, sei das doch bloß gut, um die Lehrer*innen zu ärgern,
       immerhin geht es ja auch um rein gar nichts.
       
       Das ist ja oft das Problem, auch beim sonstigen Demokratiespielen in der
       Schule. Man lässt halt gern mal so ein bisschen Pseudo-Mitbestimmung und
       Diskussionen im Sitzkreis zu – aber am Ende geht es halt um nichts, vor
       allem aus Angst, sie könnten dafür votieren, alle Klassenzimmer mit
       Spielkonsolen auszustatten.
       
       Sie haben das sehr deutlich gespürt, als es vor ein paar Jahren einmal um
       die Strafordnung ging. Da ließ ihre frühere Schule in der Schülerschaft
       diskutieren, mit welchen Sanktionen ein Verstoß gegen die Schulregeln zu
       ahnden sei.
       
       ## Wichtigste Lektion verpasst
       
       Wie Kinder so sind, einigten sie sich relativ schnell (und vermutlich
       souffliert von beteiligten Erwachsenen) auf das Abschreiben der
       Schulordnung als „na ja – irgend so eine blöde Strafarbeit halt“.
       
       Einige Wochen später ging ihnen – wiederum angeregt durch Nachfragen von
       einigen Müttern – auf, dass es irgendwie blöd ist, das Rennen im Gang
       genauso hart zu bestrafen wie einen Tritt in den Bauch.
       
       Das wäre natürlich eine prima Gelegenheit gewesen, Nachbesserungen
       vorzunehmen – so wie das in einer echten Demokratie andauernd passiert,
       weil das halt ein langer Prozess ist und Gesetze immer mal wieder angepasst
       werden müssen.
       
       Aber nein, wurde ihnen da von einer Lehrerin lächelnd beschieden, das sei
       ja jetzt so beschlossen – und über darüber hinausgehende Strafen würden
       sowieso die Erwachsenen entscheiden. Ich weiß bis heute nicht, wer
       eigentlich dringender Nachhilfe nötig hat.
       
       8 Oct 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nadine Conti
       
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