# taz.de -- Tierische Helfer in der Wissenschaft: Wie Tigerhaie das Meer vermessen
       
       > Die Größe von Seegrasfeldern zu bestimmen, ist gar nicht so einfach.
       > US-amerikanische Wissenschaftler*innen haben nun Haie als Helfer
       > engagiert.
       
 (IMG) Bild: Ein Tigerhai: Für den Menschen auf der Suche nach Seegraswiesen vor den Bahamas
       
       Menschen können gar nicht so viel. Bilder malen, Züge bauen,
       Wochenzeitungen machen … okay, das ist nicht nichts. Aber Dutzende
       Kilometer in bis zu hundert Metern Tiefe schwimmen – da hört es dann schon
       auf. Und das ist ein Problem. Zumindest, wenn man Seegraswiesen sucht. Denn
       mit Satelliten oder Flugzeugen sind die schlecht zu entdecken, weil sie aus
       großer Höhe kaum von Phytoplankton und Mikroalgen zu unterscheiden sind.
       Wie lassen sich also unter Wasser Seegraswiesen finden und vermessen?
       [1][Hier können Tigerhaie helfen].
       
       ## Die Studie
       
       Forscher*innen unter der Leitung des US-Amerikaners Austin Gallagher
       haben Tigerhaien 360-Grad-Kameras aufgesetzt und sie mit GPS-Sendern
       ausgerüstet. Die Haie wurden dafür mit Angeln gefangen und die Kameras mit
       biologisch abbaubaren Kabeln befestigt, die sich nach einige Stunden von
       allein lösen. Die Kameras trieben nach oben und konnten aufgesammelt und
       ausgewertet werden.
       
       So haben die Forscher*innen ein großes Seegrasfeld in den Bahamas
       ausgemessen. Das Gebiet wurde bislang auf 2.250 km² bis 65.453 km²
       geschätzt. Aber genau wusste man es eben nicht. Deshalb haben die
       Forscher*innen die von den Haien gesammelten Daten mit bestehenden Daten
       abgeglichen. Wenn mehr als ein Viertel der Datensätze übereinstimmten,
       haben sie das Gebiet als Seegraswiese klassifiziert. Im Nachhinein haben
       Taucher*innen und Boote die Schätzung stichprobenartig überprüft und in
       80 Prozent der Fälle festgestellt, dass die Einschätzung stimmt. Zwei
       Seegraswiesen haben sogar nur die Haie gefunden.
       
       Daraus schließen die Forscher*innen, dass die Ausdehnung von Seegras
       weiterhin eher unterschätzt wird. Sie gehen von mindestens 66.900 km² und
       höchstens 92.000 km² Seegraswiesen in den Bahamas aus. Die [2][Ergebnisse
       veröffentlichten sie] in der Fachzeitschrift Nature Communications.
       
       ## Was bringt’s?
       
       Seegraswiesen speichern etwa 17 Prozent des Kohlenstoffs, den Meere binden.
       Das macht sie zu [3][wichtigen Helfern im Kampf gegen die Erderhitzung].
       Außerdem beugen sie Strandabtragungen vor und bieten vielen Arten einen
       Lebensraum. Weil Seegraswiesen so schlecht zu finden sind, werden sie in
       Abkommen zum Schutz des Meeres aber bislang kaum beachtet.
       
       Auf Grundlage ihrer Messungen und den Berechnungen anderer
       Forscher*innen haben Gallagher und sein Team geschätzt, dass die
       Seegraswiesen in den Bahamas ein Fünftel [4][bis ein Viertel des
       Kohlenstoffs binden], der weltweit in Seegraswiesen steckt. Die
       Forscher*innen hoffen, dass Politiker*innen größeren Wert auf den
       Schutz der Seegraswiesen legen, wenn sie besser erforscht und lokalisiert
       sind. Auf dem Gebiet der nun entdeckten Seegraswiesen etwa [5][wollen
       Unternehmen Aragonit schürfen], das zur Herstellung von Zement verwendet
       wird.
       
       4 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Mehr-Schutz-fuer-Haie/!5896108
 (DIR) [2] https://www.nature.com/articles/s41467-022-33926-1
 (DIR) [3] /Meeresbiologin-ueber-Rettung-der-Ozeane/!5824944
 (DIR) [4] /Meeresbiologin-ueber-Rettung-der-Ozeane/!5824944
 (DIR) [5] https://ewnews.com/aragonite-mining-proposal-faces-local-pushback
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
       ## TAGS
       
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