# taz.de -- Prozess gegen Horst Mahler: Verlesung von vier Anklagen
       
       > Der neuerliche Prozess gegen den Holocaust-Leugner Horst Mahler hat
       > begonnen. Vier Anklagen sind vor dem Landgericht Potsdam verlesen worden.
       
 (IMG) Bild: Horst Mahler mit seinem Anwalt im Gericht in Potsdam am 29. November
       
       POTSDAM dpa | m Rollstuhl wird Horst Mahler von einem Sanitäter in den Saal
       5 des Landgerichts Potsdam gebracht, da brandet aus dem Zuschauerraum
       kurzer Applaus seiner etwa ein Dutzend Unterstützer auf. Der schwer kranke
       86-Jährige genießt den Auftritt im Gericht sichtlich, grüßt seine Anhänger
       und lächelt entspannt in die Kameras der Journalisten. „Schön, dass man
       sich hier sieht – der reinste Kameradschaftsabend“, raunt ein Zuschauer
       seinem Nachbarn zu.
       
       Mahler antwortet mit fester Stimme auf die Fragen der Vorsitzenden
       Richterin Petra Müller, nennt Schlesien als seine Heimat und antwortet auf
       die Frage nach seiner Staatsangehörigkeit „Deutsches Reich.“ Schließlich
       stehe Deutschland immer noch unter Besatzungsrecht, meint ein Zuschauer
       halblaut – und zwingt Richterin Müller zum wiederholten Mal, für Ruhe im
       Saal zu sorgen.
       
       Anschließend beginnt der Staatsanwalt mit der Verlesung der Anklagen:
       Insgesamt sechs Anklagen wegen Volksverhetzung und Leugnung des Holocausts
       hat die für Internetkriminalität zuständige Staatsanwaltschaft Cottbus
       zusammengetragen. Aufgelistet sind dort elf Schriften, die Mahler zwischen
       2013 und 2017 veröffentlicht haben soll. So habe er 2014 während seiner
       Haft nach Verurteilungen wegen Volksverhetzung eine antijüdische Schrift
       auf 200 Schreibmaschinen-Seiten getippt, die über einen Mittelsmann im
       Internet veröffentlicht worden sei. Im Jahr 2016 soll Mahler solche
       Hetz-Schriften per Email versandt haben, unter anderem an jüdische
       Gemeinden, Museen, den Zentralrat der Juden in Deutschland, aber auch an
       ein Ordnungsamt und das Brandenburger Justizministerium.
       
       Darin beschwört der 86-Jährige einen angeblichen Kampf des „deutschen
       Volksgeistes“ gegen das Judentum, das auf Weltherrschaft ausgerichtet sei,
       wie der Staatsanwalt zitierte. Damit habe Mahler zum „Rassenhass“
       aufgerufen und den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt, so der
       Staatsanwalt. Gleichzeitig habe der 86-Jährige Adolf Hitler als
       „deutschesten aller Deutschen“ und „Freiheitskämpfer“ gepriesen.
       
       Mahler lauschte sehr konzentriert dem mehr als zweistündigen Vortrag des
       Staatsanwalts, der die Hetzschriften ausführlich zitierte. An einer Stelle
       beschwerte sich der 86-Jährige mit einem lautstarken Zwischenruf, dass der
       Ankläger nicht den gesamten Text zitiert habe.
       
       ## Nur drei Stunden verhandlungsfähig
       
       Da Mahler wegen seiner schweren Erkrankungen nur drei Stunden täglich
       verhandlungsfähig ist, musste der Staatsanwalt bei der vierten Anklage
       unterbrechen. Die Anklageverlesung soll am Donnerstag fortgesetzt werden.
       Insgesamt sind bis zum 20. Januar 14 Verhandlungstage vorgesehen.
       
       Der 86-Jährige war bereits mehrfach wegen Holocaust-Leugnung verurteilt
       worden und hatte seine Freiheitsstrafen von 2009 bis Oktober 2020 mit einer
       Haftunterbrechung in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel
       abgesessen. 2015 war Mahlers Haft wegen seiner schweren Erkrankung
       unterbrochen worden. Als er die Strafe im April 2017 wieder antreten
       sollte, floh der damals 81-Jährige nach Ungarn und bat dort vergeblich um
       politisches Asyl. Nach seiner Auslieferung im Sommer 2017 musste Mahler
       seine Reststrafe absitzen.
       
       Mahler war einst Mitbegründer der linksextremistischen Roten Armee Fraktion
       (RAF) und distanzierte sich nach einer langen Haftstrafe von seiner
       terroristischen Vergangenheit. In den 1990er Jahren wandte er sich dem
       Rechtsextremismus zu.
       
       29 Nov 2022
       
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