# taz.de -- Zukunft der Linkspartei: Wunsch nach Neuausrichtung
       
       > Am Samstag beraten „progressive Linke“ über die Zukunft der Linkspartei.
       > Zentral dürfte der Bruch mit dem Wagenknecht-Flügel werden.
       
 (IMG) Bild: Bald kaputt? 2009 gehörten der Partei mehr als 78.000 Menschen an, heute sind es nur noch 56.000
       
       BERLIN taz | Es ist ein Rettungsversuch. „Es geht um nicht mehr und nicht
       weniger, als darum zu kämpfen, dass es die Linke auch in Zukunft noch
       gibt“, sagt der Ex-Bundestagsabgeordnete Thomas Nord, einer der
       Initiator:innen des „Treffens progressiver Linker in und bei der Partei
       Die Linke“, das am Samstag in Berlin stattfindet. Auf der Tagung wollen
       Bundes-, Landes-, Europa- und Kommunalpolitiker:innen der Partei
       darüber beraten, wie der dramatische Abwärtstrend gestoppt werden kann.
       
       Keine Frage, um die Partei ist es nicht gut bestellt: Zermürbt von heftigen
       innerparteilichen Grabenkämpfen, verliert sie massiv an Mitgliedern. Auf
       ihrem Höhepunkt 2009 gehörten der Partei noch mehr als 78.000 Menschen an,
       inzwischen sind es gerade mal noch rund 56.000. Ein zentraler Grund für den
       problematischen Zustand: Die Unfähigkeit der Partei- und der Unwillen der
       Fraktionsführung, den [1][Konflikt mit den „linkskonservativen“ Positionen
       von Sahra Wagenknecht] und ihrem Anhang zu klären, lässt viele ratlos
       zurück, wofür die Linkspartei eigentlich noch steht. Die Folge: In
       bundesweiten Umfragen rangiert sie nur noch zwischen 4 und 5 Prozent.
       
       In manchen westlichen Ländern weisen die Umfragen mittlerweile nicht einmal
       mehr einen messbaren Zuspruch auf. Gleichzeitig kann die Schwäche im Westen
       nicht mehr durch gute Ergebnisse in den ostdeutschen Ländern kompensiert
       werden, weil dort – mit Ausnahme Thüringens – der Wähler:innenzuspruch
       ebenfalls rückläufig ist.
       
       „Eine linke Partei, die nicht als solche erkennbar ist, wird nicht gewählt,
       verschwindet in der Bedeutungslosigkeit“, warnt der stellvertretende
       Parteivorsitzende Lorenz Gösta Beutin. „Deshalb brauchen wir die
       Entscheidung, welchen Weg wir gehen: weiter zu einer progressiven Linken,
       in der Menschenrechte und soziale Rechte unteilbar sind, oder hin zu einer
       national-populistischen Partei, die Minderheitenrechte verächtlich macht,
       Lohnabhängige gegen Klimabewegte, queere Menschen und Migrant:innen
       ausspielt“, sagte er der taz. Auch Beutin gehört zu den Einlader:innen
       des Treffens.
       
       ## „Selbstzerstörerische Beliebigkeit“
       
       Eine zentrale Rolle bei dem Event dürfte eine Abrechnung mit dem
       Politikansatz Wagenknechts sein. Ihr „Linkskonservatismus“ – eine
       Eigenbeschreibung aus [2][ihrem Buch „Die Selbstgerechten“] – grenze sich
       fatalerweise „offensiv von sozialen, antifaschistischen Bewegungen und
       solchen gegen Diskriminierungen, von linker Organisierung in
       Gewerkschaften, konkreter Solidarität und Internationalismus ab“, heißt es
       dazu in einem der taz vorliegenden Entwurf für eine gemeinsame Erklärung,
       die am Samstag verabschiedet werden soll.
       
       Um Missverständnissen vorzubeugen, betonen die Verfasser:innen, dass
       sich die Kritik an Wagenknecht und ihrem Anhang in keiner Weise gegen
       gewerkschaftlich organisierte oder kapitalismuskritische,
       internationalistische Linke richte: „Ganz im Gegenteil, wir sehen sie als
       Bündnispartner:innen einer zukunftsfähigen Linken.“
       
       Es bedürfe einer Grundverständigung der konstruktiven Strömungen in der
       Partei auf eine neue politische Erkennbarkeit, fordert Thomas Nord. Denn
       die derzeitige Koexistenz unvereinbarer Positionen in zentralen
       gesellschaftspolitischen Fragen führten zu einer „selbstzerstörerischen
       Beliebigkeit“, so Nord zur taz.
       
       Seine Schlussfolgerung: „Wir brauchen einen Bruch mit dem von einigen, auch
       bekannteren Parteimitgliedern vertretenen sozialkonservativen
       Nationalpopulismus.“ Er hoffe, dass die Versammlung ein Zeichen in diese
       Richtung werde setzen können.
       
       2 Dec 2022
       
       ## LINKS
       
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