# taz.de -- Özdemir für Junkfood-Werbeverbot: Kindersicherung für Süßkram
       
       > Ernährungsminister Cem Özdemir will Junkfood-Werbung für unter 14-Jährige
       > verbieten. Das Verbot soll täglich von 6 bis 23 Uhr gelten, so der Grüne.
       
 (IMG) Bild: Zu viel Zucker? Dann soll das nicht mehr tagsüber im Fernsehen beworben werden
       
       BERLIN taz | Bundesernährungsminister [1][Cem Özdemir] will auf unter
       14-Jährige zielende Werbung für ungesunde Lebensmittel verbieten. „An
       Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit zu hohem Zucker-, Fett- oder
       Salzgehalt wird nicht mehr erlaubt“, schlug der Grünen-Politiker am Montag
       in Berlin vor. „Werbung ist an Kinder gerichtet, wenn sie nach Art, Inhalt
       und Gestaltung oder aufgrund des Werbeumfelds an Kinder adressiert ist“, so
       Özdemir.
       
       Entsprechend will er Werbung einstufen, „wenn sie zwischen 6 und 23 Uhr
       betrieben und damit bewusst in Kauf genommen wird, dass sie regelmäßig
       insbesondere auch von Kindern wahrgenommen wird“. Denn hauptsächlich dann
       würden Kinder laut Studien fernsehen. Etwa in Zeitschriften soll solche
       Werbung verboten werden, falls sie zum Beispiel „Kinder als Darsteller“
       oder Produktaufmachungen mit wegen der Farben und Motiven „sehr kindlichen
       Darstellungen“ nutzt, ergänzte Eva Bell, zuständige Abteilungsleiterin des
       Ministeriums.
       
       Mit den Werbeverboten will Özdemir gegen Fehlernährung vorgehen. Sie trägt
       dazu bei, dass laut Robert-Koch-Institut 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen
       übergewichtig sind. Durch falsche Ernährung mitbedingte Krankheiten wie
       Bluthochdruck, Typ-2-Diabetes oder Herzinfarkt nehmen auch in Deutschland
       zu. „Im Kindesalter wird das Ernährungsverhalten für das weitere Leben
       entscheidend geprägt. Lebensmittelwerbung hat hier einen nachhaltigen
       Einfluss bei Kindern“, so Özdemir.
       
       Bisherige freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen hätten nicht
       dazu geführt, dass Kinder effektiv vor solcher Werbung geschützt werden.
       Kinder, die Medien nutzen, sähen täglich im Schnitt 15 Werbespots oder
       -anzeigen für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- oder Salzgehalt.
       
       ## Fast nur Werbung für Fast Food, Snacks oder Süßigkeiten
       
       Durchschnittlich 92 Prozent der Lebensmittelwerbung, die Kinder in Internet
       und Fernsehen wahrnehmen, sei für Produkte wie Fast Food, Snacks oder
       Süßigkeiten. Von den Verboten erfasst werden sollen laut Özdemir,
       Fernsehen, Hörfunk, gedruckte Medien und Internetseiten inklusive sozialen
       Netzwerken. Auch Außenwerbung beispielsweise auf Plakaten wäre tabu, wenn
       sie mit Kindermotiven arbeitet oder im Umkreis von 100 Metern
       beispielsweise zu Schulen, Kindergärten oder Spielplätzen zu sehen ist.
       
       Betroffen sind nur die Lebensmittel, die das Ministerium als zu fettig,
       zuckerig und salzig einstuft. Dabei will es sich nach eigenen Angaben an
       den [2][Nährwertprofilen der Weltgesundheitsorganisation WHO] orientieren.
       Sie gibt für 17 Kategorien Obergrenzen für diese Inhaltsstoffe vor. Bei
       Frühstückscerealien etwa wären laut Bell nicht mehr als 15 Prozent Zucker,
       10 Prozent Fett 1,6 Prozent Salz erlaubt. Bei Milch und Säften dagegen
       wolle man von den WHO-Grenzen abweichen, sagte Bell der taz.
       
       ## Beifall von den Verbänden
       
       Lob für die Pläne kam von der Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft
       für Kinder und Jugendmedizin, Ursula Felderhoff-Müser: Kinder- und
       Jugendärztinnen und -ärzten, wissenschaftliche Fachgesellschaften und
       Verbraucherorganisationen forderten eine solche Regelung bereits seit
       Jahren, denn die Wirksamkeit von an Kinder gerichteter Werbung sei gut
       belegt.
       
       Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft erklärte, Özdemir sei „ein großer Wurf
       gelungen“. Adipositas bei Kindern stelle ein zentrales Gesundheitsproblem
       dar und die Werbung für Ungesundes sei dafür ein wichtiger Faktor.
       
       Die Deutsche Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), Foodwatch, der
       Verbraucherzentrale Bundesverband und der WWF sprachen allesamt von einem
       „Meilenstein“ im Kampf gegen Übergewicht und für die Kindergesundheit.
       Wissenschaftliche Untersuchungen hätten gezeigt, dass viele der
       beliebtesten Sendungen bei Kindern unter 14 Jahren keine Cartoons seien,
       sondern Familienshows und Fußballübertragungen, erklärte DANK-Sprecherin
       Barbara Bitzer. „Eine Werbebeschränkung light, die nur im Umfeld
       klassischer Kindersendungen greift, wäre zum Scheitern verurteilt.“ Sie
       appellierte an die Koalitionspartner SPD und FDP, „diesen aus
       wissenschaftlicher Sicht richtigen und wichtigen Vorschlag des Ministers zu
       unterstützen“.
       
       Özdemir sagte, er werde nun die Ressortabstimmung einleiten und rechne
       durchaus mit „Widerstand“. Der agrarpolitische Sprecher der
       FDP-Bundestagsfraktion, Gero Hocker, kündigte umgehend an, innerhalb der
       Ampelkoalition werde der Grünen-Politiker „keine Mehrheit finden“. Özdemir
       verfolge scheinbar das Ziel, „aus jedem unmündigen Kind einen unmündigen
       Bürger werden zu lassen“.
       
       Auch SPD-Chefin Saskia Esken zeigte sich zunächst zurückhaltend. Werbung
       dürfe, was die gesundheitlichen Auswirkungen beworbener Produkte angeht,
       nicht „irreführend“ sein, sagte sie. Aber „Kinder vor ungesunden
       Lebensmitteln schützen, das müssen, glaube ich, immer noch die Eltern tun.“
       (mit afp)
       
       27 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Cem-Oezdemir/!t5007735
 (DIR) [2] https://www.euro.who.int/__data/assets/pdf_file/0005/270716/Nutrient-children_web-new.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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