# taz.de -- Rüstungsbetriebe in Norddeutschland: Volle Auftragsbücher durch Panzer
       
       > Waffenlieferungen an die Ukraine sorgen für Auslastung in norddeutschen
       > Rüstungsfabriken. Für alle erhofften Aufträge reicht der Sonderetat
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Rheinmetall-Vorstand Armin Pappberger freut sich im Werk Unterlüß
       
       HAMBURG taz | Es war Boris Pistorius’ erster Besuch bei der
       Rüstungsindustrie: Am Montag, kurz vor dem heutigen ersten Jahrestag des
       russischen Angriffs auf die Ukraine, besuchte er als neuer
       Verteidigungsminister das [1][Rheinmetall-Werk im niedersächsischen
       Unterlüß.] „Wer die Zeitenwende gestalten will, braucht Partner – dazu
       gehört auch die Rüstungsindustrie“, sagte der SPD-Politiker bei seinem
       Besuch in der Lüneburger Heide. Dass er den ersten Rüstungskonzern
       ausgerechnet in Niedersachsen besucht, ist kein Zufall – das wusste auch
       Rheinmetall-Chef Armin Papperger: „Rheinmetall hat speziell hier in
       Unterlüß seine Kapazitäten massiv ausgebaut – wir laufen hier auf
       Volldampf.“
       
       Viele Rüstungskonzerne im Norden profitieren vom Krieg in der Ukraine,
       durch den 100 Milliarden Euro schweren Sonderetat für die Bundeswehr wird
       es in den kommenden Jahren wohl noch mehr. Besonders profitiert hat der
       Rheinmetall-Standort Unterlüß. Schon jetzt arbeiten hier mehr als 2.000
       Angestellte. Und in wenigen Tagen kommen noch einmal ein paar Dutzend
       hinzu: Dann soll eine neue Fertigungshalle eröffnet werden. 300.000
       Patronen sollen hergestellt werden – Munition für den Flak-Panzer „Gepard“,
       der bereits in der Ukraine zum Einsatz kommt.
       
       Mindestens 30 dieser Panzer hatte Deutschland der Ukraine schon im
       vergangenen Jahr geliefert. Für die Munition erhält Rheinmetall vom
       Verteidigungsministerium, das den Vertrag stellvertretend für die Ukraine
       unterzeichnet hat, einen Betrag im „niedrigen dreistelligen
       Millionen-Euro-Bereich“, so Rheinmetall. Erst Mitte Dezember vergangenen
       Jahres hatte der Konzern den Bau der zusätzlichen Fertigungshalle
       bekanntgegeben.
       
       Durch den Krieg in der Ukraine ist der Standort Unterlüß ohnehin schon gut
       ausgelastet: Alte Schützenpanzer des Typs „Marder“ sind dort bereits für
       den Transport in die Ukraine vorbereitet worden, auch sie sollen in
       wenigen Tagen geliefert werden. „Sie stehen hier schon fertig“, sagte
       Papperger am Montag im Beisein von Pistorius. Dessen Aufruf an die
       Industrie, [2][ihre Produktion zu steigern,] wird er mit Freude gehört
       haben.
       
       Dabei steht Rheinmetall genauso wie das Flensburger Unternehmen Flensburger
       Fahrzeugbau Gesellschaft (FFG) bei der Bereitstellung von Kampfpanzern in
       den Startlöchern: Nachdem die Bundesregierung ihre Zustimmung zur Lieferung
       gegeben hatte, erteilte sie auch der Rüstungsindustrie einen Auftrag zur
       Lieferung von „Leopard 1“-Panzern. Beide Unternehmen haben Dutzende dieser
       Kampfpanzer in Besitz – sie müssten nur aufbereitet werden.
       
       ## 99 Leopard-Panzer
       
       Allein 99 „Leopard 1“-Panzer sollen nach Recherchen des NDR im Norden
       Flensburgs kurz vor der Grenze zu Dänemark auf einem Gelände der FFG
       stehen. Das dänische Militär habe sie vor einigen Jahren an das Flensburger
       Unternehmen, dessen Name im ersten Moment nicht auf die Rüstungsindustrie
       schließen lässt, verkauft. Nun will Dänemark der Ukraine aber jene Panzer
       liefern – und kauft die von der FFG aufbereiteten Panzer für ein Vielfaches
       des ursprünglichen Verkaufspreises zurück.
       
       Auch für die mehr als 500 Beschäftigten in Flensburg gibt es ohnehin schon
       genug zu tun: So bereitete das Unternehmen erst kürzlich 50 ältere
       Mannschaftstransporter auf, bewaffnete sie und lieferte sie in die Ukraine.
       Bei gerüsteten Fahrzeugen, wirbt die FFG, könne sie „Entwicklung und
       Konstruktion über Fertigung, Modernisierung und Instandhaltung“ anbieten –
       mit dem Aufpimpen alter Militärmaschinen deckt das Unternehmen einen
       offenbar großen Bedarf ab.
       
       Doch nicht nur die direkten Lieferungen an die Ukraine, auch der
       Sonderetat für die Bundeswehr weckt bei den Rüstungsunternehmen im Norden
       Begehrlichkeiten. Noch aber ist in vielen Punkten offen, wofür das Geld
       ausgegeben wird. [3][Der Arbeitskreis Wehrtechnik, Branchenvertreter in
       Schleswig-Holstein, beklagte,] dass vom Geld noch nichts angekommen und
       „noch kein einziger Vertrag“ unterschrieben sei.
       
       Als eine weitere Enttäuschung empfand die Industrie schon Ende vergangenen
       Jahres eine Meldung: Eigentlich wollte die Marine zwei weitere „Fregatten
       126“ bestellen, die in Hamburg, Kiel und Wolgast gebaut würden. Doch das
       Vorhaben wurde wieder gestrichen, nicht alle Wünsche lassen sich mit 100
       Milliarden Euro erfüllen.
       
       23 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Rheinmetall-entwaffnen-ueber-Abruestung/!5878538
 (DIR) [2] /Russischer-Angriffskrieg/!5905377
 (DIR) [3] https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Sondervermoegen-Bundeswehr-Bislang-keine-Auftraege-fuer-SH,bundeswehr2696.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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