# taz.de -- Amnesty International rügt Deutschland: Untätig gegen Racial Profiling
       
       > Diskriminierende Personenkontrollen, harte Versammlungsgesetze: Amnesty
       > kritisiert Deutschland. Die Ampel versucht, dagegenzusteuern.
       
 (IMG) Bild: Personenkontrolle am Stuttgarter Schlossplatz
       
       BERLIN taz | Die Worte von Amnesty International sind deutlich. In
       Deutschland habe es auch zuletzt „unzureichende Ermittlungen bei Vorwürfen
       über diskriminierende Personenkontrollen (Racial Profiling)“ gegeben, die
       das „Recht auf Nichtdiskriminierung verletzten“, heißt es im
       [1][Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation], der am Dienstag
       veröffentlicht wurde. „Gerechtigkeit, Wahrheit und Wiedergutmachung bei
       diskriminierenden Übergriffen durch die Polizei wurden weiterhin durch das
       Fehlen eines unabhängigen Beschwerdemechanismus behindert.“ Selbst der
       [2][Aktionsplan gegen Rechtsextremismus von Innenministerin Nancy Faeser
       (SPD)] „erkannte und behandelte institutionellen und systematischen
       Rassismus nicht“.
       
       Die Kritik ist nicht neu. Die [3][Europäische Kommission drängte
       Deutschland schon vor Jahren], eine Studie über die anlasslosen Kontrollen
       durchzuführen, die vielfach schwarze Menschen treffen. Es gebe Indizien für
       ein „ausgeprägtes“ Racial Profiling in Deutschland. Zuletzt hatten auch im
       [4][Diskriminierungsmonitor], den die Bundesregierung erstmals beauftragte,
       ein gutes Fünftel der Befragten erklärt, Rassismus erlebt zu haben.
       
       Faeser ließ am Dienstag ihren Sprecher erklären, dass das Thema Racial
       Profiling bei der geplanten Reform des Bundespolizeigesetzes diskutiert
       werde. „Generell gilt selbstverständlich bereits heute, dass
       Personenkontrollen sowie alle polizeilichen Maßnahmen nach objektiven
       Kriterien, vorurteils- und diskriminierungsfrei erfolgen müssen.“
       
       Mit dem reformierten Bundespolizeigesetz sollen die Befugnisse der
       Bundespolizei zur Gefahrenabwehr neu geregelt und dort erstmals eine
       Kennzeichnungspflicht eingeführt werden. Beim Punkt Racial Profiling aber
       hatte sich die Ampel zuletzt verhakt. In einem ersten Aufschlag zum
       Gesetzentwurf hatte das Innenministerium nach taz-Informationen zwar
       „diskrimierungsfreie“ Polizeikontrollen festgehalten, die sich nicht nach
       Hautfarbe, Religion oder Ethnie richten dürften – die Grünen wollten aber
       präzisere Formulierungen.
       
       ## Quittungen für Polizeikontrollen?
       
       Zudem hatten die Grünen auf eine Ausstellung von Quittungen bei
       Polizeikontrollen gedrängt, um deren Gründe transparent und nachprüfbar zu
       machen. [5][Vorbild ist hier Bremen], wo die Polizei bereits seit Herbst
       2021 in bestimmten Gebieten solche Quittungen anbieten muss. Faesers
       Sprecher wollte sich zu den Gesprächen nicht äußern. Intern soll sich die
       Ministerium zuletzt aber für beide Vorschläge offen gezeigt haben.
       
       Grünen-Fraktiongeschäftsführerin Irene Mihalic sagte am Dienstag der taz,
       der Amnesty-Bericht zeige erneut „den bestehenden Handlungsbedarf zur
       Prävention von Racial Profiling in Deutschland“. Mit der Reform des
       Bundespolizeigesetzes habe man nun die Chance, „die rechtliche Situation
       maßgeblich zu verbessern“. Der SPD-Innenexperte Uli Grötsch versprach, dass
       das Gesetz „klare Vorgaben zu diskriminierungsfreiem Handeln von
       Bundespolizistinnen und Bundespolizisten machen wird“.
       
       Die Ampel will auch mit einer zweiten Maßnahme gegensteuern: [6][einem
       neuen Polizeibeauftragten]. Der Posten soll ab Sommer installiert und von
       Grötsch übernommen werden. Der SPD-Mann sagte der taz, nach entsprechenden
       Beschwerdestellen in den Ländern wolle man nun auch auf Bundesebene eine
       Ansprechperson für Diskriminierungen durch die Polizei schaffen. „Unser
       Ziel ist, dass staatliches Handeln ausnahmslos diskriminierungsfrei
       erfolgt, und wo dies nicht der Fall ist, Konsequenzen nach sich zieht.“
       
       Auch Mihalic verspricht sich mit dem Beauftragten „eine Stelle zur
       Bearbeitung von strukturellen Problemen innerhalb der Polizei“. Bei dem
       Posten bremst jedoch die FDP, die den Beauftragten vor allem als
       Ansprechpartner für Polizist:innen sieht – nicht für
       Bürger:innenbeschwerden.
       
       ## Amnesty beklagt verschärftes Versammlungsgesetz
       
       Amnesty beklagt derweil auch „unverhältnismäßige“ Einschränkungen der
       Versammlungsfreiheit in Deutschland. Explizit benannt wird
       Nordrhein-Westfalen, wo die damals schwarz-gelbe Regierung Ende 2021
       [7][das Versammlungsgesetz verschärfte]. Die Polizei kann nun Versammlungen
       per Video überwachen, auf Autobahnen gilt ein Komplettverbot von
       Versammlungen – eine Reaktion auf die Aktionen der Letzten Generation.
       
       Der deutsche Amnesty-Generalsekretär, Markus Beeko, warnte vor
       Verschärfungen beim Versammlungsrecht auch in Bayern und Hessen. Gegen das
       NRW-Gesetz hatte zuletzt auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte
       Verfassungsbeschwerde eingereicht.
       
       28 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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