# taz.de -- Russischer Umweltaktivist: Druck auf Faeser in Fall Dolgov
       
       > Der russische Umweltaktivist Roman Dolgov wurde nach Schweden
       > abgeschoben. Nun protestiert auch die sächsische SPD gegen die
       > Entscheidung.
       
 (IMG) Bild: Innenministerin Nancy Faeser
       
       BERLIN taz | Im Falle des nach Schweden abgeschobenen russischen
       Dissidenten, Menschenrechts- und Umweltaktivisten [1][Roman Dolgov] hat
       sich der sächsische Landtagsabgeordnete Frank Richter (SPD) an
       Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) gewandt. Er bat sie, Dolgov
       möglichst schnell die Wiedereinreise nach Deutschland zu ermöglichen.
       
       Hier leben Dolgovs Sohn und seine Lebensgefährtin, hier war er integriert.
       Er hatte an einem Gymnasium im sächsischen Erzgebirge ukrainische Schüler
       in Willkommensklassen in der englischen Sprache unterrichtet. Ein Sprecher
       des Bundesinnenministeriums wollte sich zu dem Thema nicht äußern. Sein
       Ministerium nehme zu Einzelfällen grundsätzlich keine Stellung, hieß es.
       
       Dolgov hatte 2013 gemeinsam mit anderen Greenpeace-Aktivisten mit dem
       Schiff „Artic Sunrise“ friedlich gegen die Zerstörung der Arktis durch
       Ölbohrungen der russischen Firma Gazprom protestiert. Der Protest wurde
       durch ein russisches Einsatzkommando gewaltsam beendet und Dolgov kam in
       Haft. Eingesperrt in einem Metallkäfig musste er sich vor einem Gericht
       verantworten. Auf internationalen Druck kam er nach zwei Monaten Haft
       wieder frei.
       
       Er arbeitete danach für Greenpeace in Deutschland und anschließend für die
       Organisation Internationale Ärzte zur Verhütung eines Atomkrieges IPPNW
       pendelnd zwischen Russland, Deutschland und Schweden. Bis Ende 2021. Da war
       sein russischer Pass abgelaufen, er bekam keinen neuen.
       
       ## Kritik auch von der Linken
       
       Als Dolgov im Mai 2022 unerwartet doch einen neuen Pass erhielt, beantragte
       der von Haft und Einberufung bedrohte Dissident Visa für mehrere
       EU-Staaten. In der deutschen Botschaft musste er Monate auf einen Termin
       warten. Schweden war schneller, sodass er mit einem schwedischen
       Schengen-Visum nach Deutschland zu seiner Familie reiste, die seit Jahren
       im Erzgebirge wohnt.
       
       Als das Visum abgelaufen war, wurde Dolgov auf das Asylverfahren verwiesen,
       um nicht nach Russland abgeschoben zu werden. Ein Aufnahmeprogramm für
       russische Kriegsgegner gab es da noch nicht. Wegen des schwedischen
       Touristenvisums sah das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die
       Zuständigkeit für das Asylverfahren aber in Schweden.
       
       „Das mag formal richtig sein, inhaltlich ist es falsch“, sagt Leo Matthias
       Waltermann, der Anwalt von Dolgov, der taz. Um der Familieneinheit willen
       solle sich Deutschland für zuständig erklären. Waltermann klage darum für
       seinen Mandanten, die Klage ist noch offen. „Das Bundesamt für Migration
       und Flüchtlinge und die örtliche Landesdirektion haben dem Gericht
       mitgeteilt, sie hätten Herrn Dolgov erfolgreich nach Schweden überstellt.
       Mir wurde nahegelegt, die Klage zurückzunehmen. Aber das tue ich nicht.
       Herr Dolgov vermisst seinen Sohn.“
       
       Die linke sächsische Abgeordnete Juliane Nagel kritisiert, dass Bundesamt
       und Landesdirektion nicht die Entscheidung des Gerichtes abgewartet hatten,
       bevor sie Dolgov abschoben. „Der Fehler liegt im System des
       Dublinverfahrens. Es ist politisch geboten, einen russischen Kriegsgegner
       und Dissidenten nach Deutschland zurückzuholen, statt ihn in Europa hin und
       her zu schieben.“ Auch die sächsische SPD sowie Greenpeace und die IPPNW
       fordern seine Wiedereinreise.
       
       12 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Abschiebung-aus-Sachsen/!5924987
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marina Mai
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Abschiebung
 (DIR) Umweltaktivist
 (DIR) Russland
 (DIR) Greenpeace
 (DIR) Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
 (DIR) Wladimir Putin
 (DIR) Asyl
 (DIR) Schwerpunkt Wahlen in Berlin
 (DIR) Migration
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Naturschutzorganisation WWF in Russland: Der Pandabär darf nicht mehr
       
       Noch vor einigen Jahren lobte Putin die Arbeit der Umweltorganisation. Nun
       führt er sie – und einige andere NGOs – als „ausländische Agenten“.
       
 (DIR) Über einen angeblich normalen Vornamen: (K)Ein Kind namens Putin
       
       Eine Berlinerin wollte ihr Kind nach dem russischen Präsidenten nennen.
       Doch daraus wurde nichts. Dabei soll das ein ganz normaler Vorname sein.
       
 (DIR) Abschiebung aus Sachsen: Russe muss nach Schweden
       
       Sachsen schiebt den russischen Friedens- und Umweltaktivisten Dolgow ab.
       SPD-Abgeordnete und NGOs fordern seine Rückkehr.
       
 (DIR) Wahlerfolg der CDU in Berlin: Im Osten mit Multikulti erfolgreich
       
       Die CDU sorgt für Mehrstimmigkeit im Abgeordnetenhaus. Erstmals holen eine
       Russlanddeutsche und eine Abgeordnete mit ukrainischen Wurzeln ein Mandat.
       
 (DIR) Drohende Abschiebung in Chemnitz: Keine Strafe für Pham Phi Son
       
       Das Verfahren gegen den ehemaligen DDR-Vertragsarbeiter aus Vietnam wird
       eingestellt. Eine langfristige Aufenthaltserlaubnis bekommt er aber nicht.