# taz.de -- Vorgezogene Parlamentswahl in Spanien: Linksbündnis tritt zur Wahl an
       
       > 15 linke Parteien treten auf einer gemeinsamen Liste an. So hoffen sie,
       > einen Wahlsieg der führenden Rechten verhindern zu können.
       
 (IMG) Bild: Arbeitsministerin Yolanda Diaz (Mitte) stellt am Samstag in Madrid das Linksbündnis der Presse vor
       
       MADRID taz | Die Umfragen sind eindeutig. Will Ministerpräsident Pedro
       Sánchez bei den [1][vorgezogenen Neuwahlen am 23. Juli] überhaupt eine
       Chance haben, sein Amt zu behalten, dann nur, wenn die Parteien links
       seiner sozialistischen PSOE gemeinsam ins Rennen gehen und er erneut
       Koalitionspartner hat.
       
       Der schwierige erste Schritt ist geglückt. Am späten Freitagabend und damit
       kurz vor Fristende um Mitternacht schrieb die derzeitige Arbeitsministerin
       Yolanda Díaz ihr Wahlbündnis „Sumar“ (Summieren) ein. 15 Parteien werden
       mit gemeinsamen Listen antreten, unter ihnen grüne Kräfte, die
       postkommunistische Vereinigte Linke (IU), der auch Díaz angehört, und
       letztlich auch die linksalternative Podemos.
       
       „Wir werden die Parlamentswahlen gewinnen“, zeigte sich Díaz am Samstag
       optimistisch. „Wir werden zeigen, dass Resignation und Zynismus gebrochen
       werden können.“
       
       „Eine gute Nachricht“, lobte auch Sánchez den Zusammenschluss. Er hatte die
       Parlamentswahlen überraschend vom Winter auf Juli vorgezogen, nachdem seine
       Sozialisten am 28. Mai die [2][Regional- und Kommunalwahlen haushoch
       verloren] hatten.
       
       ## Bis zu 20 Abgeordnete mehr könnte das Bündnis bringen
       
       Sánchez kennt die Analyse des privaten Umfrageinstitutes 40dB für die
       Zeitung El Pais nur zu gut. Eine gemeinsame Kandidatur der Kräfte links der
       PSOE bringt ein Plus von bis zu 20 Abgeordneten gegenüber getrennten
       Listen. Schuld daran ist das Wahlsystem, das die Sitze per D’Hondt auf
       Provinzebene berechnet. Kleine Parteien fallen dabei meist heraus.
       
       Zwar sehen alle Umfragen den Kandidaten der rechten Partido Popular (PP),
       Alberto Núñez Feijóo, weit vor Sánchez, doch auch im [3][Bündnis mit der
       rechtsextremen VOX] hat es Feijóo schwer, die absolute Mehrheit zu
       erreichen. Anders Ministerpräsident Sánchez: Die meisten kleinen Parteien
       wie etwa die Nationalisten und Unabhängigkeitspolitiker aus dem Baskenland
       und Katalonien werden wohl einmal mehr bei einem entsprechenden Ergebnis
       eine in Minderheit regierende Linkskoalition unterstützen.
       
       Eine Regierung mit Beteiligung von VOX wollen sie auf gar keinen Fall. Denn
       die Neofranquisten sprechen den Minderheiten jedes Recht auf
       Eigenständigkeit und Sprachpolitik ab und sind gegen Rechte der Frauen und
       sexueller Minderheiten, bei denen Spanien nicht zuletzt wegen der letzten
       vier Jahre Linkskoalition unter Sánchez europaweit zu den Vorreitern
       gehört.
       
       Die 52-jährige Sumar-Spitzenkandidatin Díaz ist in der bisherigen
       Linkskoalition aus Sozialisten und linksalternativer Unidas Podemos
       Arbeitsministerin. Sie war von Podemos-Gründer Pablo Iglesias bei seinem
       Rückzug aus der Politik vor zwei Jahren damit beauftragt worden, das Lager
       rund um Podemos in den Wahlkampf zu führen.
       
       ## Auch Podemos stimmte letztlich dem Bündnis zu
       
       Doch Díaz nahm diese Aufgabe anders an, als Iglesias es erwartet hatte.
       Statt einer erweiterten Podemos-Kandidatur baute sie mit „Sumar“ eine ganz
       neue Wahlbewegung auf. Kleinere linke Kräfte, meist regionale Parteien,
       schlossen sich ihr ebenso an wie die Vereinigte Linke, die bis dahin im
       Bündnis mit Podemos kandidierte.
       
       Nur Podemos blieb allein zurück. Nachdem die Partei bei den Regional- und
       Kommunalwahlen in so wichtigen Regionen wie Valencia und Madrid aus den
       Regionalparlamenten flog, konnte sie nicht mehr auf Augenhöhe mit Sumar
       verhandeln. Nach langen, zähen Gesprächen stimmte Podemos letztendlich
       einem Bündnis zu, ohne Zusagen zu erhalten.
       
       Jetzt hat nicht einmal mehr die bisherige Gleichstellungsministerin Irene
       Montero einen Listenplatz sicher. Sie ist in der Gunst der WählerInnen
       abgestürzt, nachdem ein Gesetz über sexuelle Selbstbestimmung dazu führte,
       dass Gerichte Strafen für Hunderte verurteilte Sexualstraftäter senkten.
       
       11 Jun 2023
       
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