# taz.de -- Monopolkommission zu Reformplänen: Bahn AG soll Kontrolle verlieren
       
       > Mehr Wettbewerb soll die Probleme des Konzerns lösen. Dass das
       > funktioniert, glauben nicht alle. Auch die Pläne der Ampel sind andere.
       
 (IMG) Bild: Ein Regionalexpress der Deutschen Bahn unterwegs in Brandenburg
       
       BERLIN taz/rtr | Die [1][Reformpläne der Bundesregierung bei der Deutschen
       Bahn AG (DB)] gehen der Monopolkommission des Bundes nicht weit genug. Sie
       plädiert dafür, das Schienennetz komplett von dem Konzern zu trennen, um
       mehr Wettbewerb zu schüren. Diese Forderung unterlegte sie am Dienstag mit
       einem neuen Gutachten, nach dem die DB immer noch den Großteil des Verkehrs
       auf der Schiene übernimmt.
       
       Der Personennahverkehr fand demnach 2021 zu 66 Prozent über die DB statt,
       beim Fernverkehr hatte sie einen Anteil von 96 Prozent, im Güterverkehr von
       45 Prozent.
       
       „Es wird höchste Eisenbahn für ambitionierte Reformen“, erklärte
       Kommissionschef Jürgen Kühling. Das zeige sich an den Qualitätsmängeln der
       gesamten Infrastruktur, Verspätungen und Zugausfällen. Die Kommission
       empfehle eine weitgehende wirtschaftliche und organisatorische
       Unabhängigkeit, damit sich das Netz allen Nutzern verpflichtet fühle. Auch
       [2][der Vertrieb etwa von Tickets müsse stärker dem Wettbewerb geöffnet]
       werden.
       
       Die Kommission und auch der Bundesrechnungshof fordern die Aufspaltung der
       Bahn in Infrastruktur- und Betriebsgesellschaften schon lange. Beide
       argumentieren, dass ein unabhängiges Netz den Wettbewerb auf der Schiene
       fördere und der Bahnbetrieb damit günstiger würde. Nutznießer wäre die
       private Bahnkonkurrenz, die sich am Dienstag dann auch erfreut über den
       Rückenwind durch die Kommission zeigte. „Deutschland braucht den
       Befreiungsschlag beim Schienennetz“, sagte Peter Westenberger,
       Geschäftsführer des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen.
       
       ## Ab in die Privatisierung?
       
       Den Glauben, dass mehr Wettbewerb auf der Schiene die Probleme bei der Bahn
       – Verspätungen, [3][Zugausfälle, mangelnde Vernetzung, Großbaustellen],
       immer teurer werdende Megaprojekte – lösen wird, teilen allerdings nicht
       alle. Das Bündnis „Bahn für alle“ etwa, zu dem Umweltschützer:innen,
       Gewerkschaften und globalisierungskritische Gruppen gehören, warnt: „Die
       Abtrennung der Infrastruktur ist regelmäßig die Voraussetzung für
       Liberalisierungen und Privatisierungen.“ Die Folge wäre nur ein höherer
       Preisdruck auf Kosten weniger rentabler Strecken und der Beschäftigten –
       und damit auch zuungunsten der Kund:innen. Das Bündnis fordert stattdessen,
       „die ganze Bahn“ gemeinnützig werden zu lassen.
       
       Die Ampelkoalition versucht derzeit den Spagat. Sie will die Netz AG, also
       die Schienen, mit den Bahnhöfen in einer gemeinwohlorientierten
       Infrastrukturgesellschaft namens „Infrago“ zusammenschließen, die nach den
       bisherigen Plänen schon am 1. Januar 2024 an den Start gehen soll. Diese
       soll im Konzern verbleiben, aber eben nicht in erster Linie
       renditeorientiert ausgerichtet sein. Allerdings lässt das Konzept noch eine
       Menge Fragen offen – etwa, [4][was konkret „Gemeinwohl“ bedeutet], wie das
       Ganze finanziert wird, welchen Einfluss der Bund auf die Ausrichtung nehmen
       und wie er das Unternehmen kontrollieren kann.
       
       4 Jul 2023
       
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