# taz.de -- Kürzungen bei Familienpolitik: Weiter Zoff um Elterngeld für Reiche
       
       > SPD-Chef Klingbeil will beim Ehegattensplitting sparen statt beim
       > Elterngeld. Auch die FDP will andernorts kürzen. Familienministerin Paus
       > weist das zurück.
       
 (IMG) Bild: Gleichstellung durch neue Enkommensgrenze beim Elterngeld bedroht? Eher nicht, sagen Expert*innen
       
       BERLIN dpa/epd | Der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil schlägt eine schnelle
       Abschaffung der Steuervorteile durch das Ehegattensplitting für alle neuen
       Ehen vor. Diese Einsparung könne statt der [1][geplanten Kürzung beim
       Elterngeld] erfolgen und „dem antiquierten Steuermodell, das die klassische
       Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen“, sagte
       Klingbeil. Aus Sicht der Soziologin Kim Bräuer hätte die mögliche Kappung
       des Elterngeldes ab einem gemeinsam zu versteuerndem Einkommen von 150.000
       Euro keine negativen Auswirkungen auf die Gleichstellung von Müttern und
       Vätern.
       
       Klingbeil [2][sagte] dem „RedaktionsNetzwerk Deutschland“: „Das Elterngeld
       ist keine Sozialleistung, es soll dazu motivieren, dass auch Männer mehr
       Verantwortung in der Familie übernehmen.“ Ohne Elterngeld auch für die
       Spitzenverdiener mit einem Einkommen der Eltern ab 150.000 Euro im Jahr
       werde wohl wieder die Frau zu Hause bleiben, weil der Mann häufig mehr Geld
       bekomme. „Das ist ein Rückschritt für die Gleichberechtigung“, sagte
       Klingbeil.
       
       Im Streit um die Finanzierung der geplanten Kindergrundsicherung zwischen
       Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesfinanzminister
       Christian Lindner (FDP) steht im Raum, künftig Eltern mit einem zu
       versteuernden Jahreseinkommen von mehr als 150.000 Euro kein Elterngeld
       mehr zu zahlen. Derzeit liegt die Grenze bei 300.000 Euro.
       
       Auch die FDP kritisierte die vorgesehene Streichung des Elterngelds für
       Bezieher hoher Einkommen und schlägt eine andere Aufteilung der Leistung
       vor. Bei der Ministerin stieß der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel damit
       aber bereits auf Ablehnung.
       
       ## Soziologin: Keine Folgen für Gleichstellung
       
       Vogel sagte am Sonntagabend in der Fernseh-Talkshow „Anne Will“: „Ich finde
       es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher
       abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir reden über Ingenieurinnen und
       Ingenieure, Ärzte.“ Er unterstützte einen Vorschlag aus der FDP, von den
       Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen
       – wenn das nicht geschieht, soll nur ein Partner Elterngeld erhalten.
       Darüber hinaus habe Paus auch „im Bereich der zahlreichen Förderprogramme
       noch ein gewisses Einsparpotenzial“, sagte Vogel.
       
       Paus wies dies in der Sendung sogleich zurück. „Wenn das mit der
       Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung“, sagte sie.
       „Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen.“ [3][Alternative
       Sparmöglichkeiten] wären nach ihren Worten nur Kürzungen beim
       Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner
       Zahlungspflicht nicht nachkommt, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie
       nicht, wie Paus deutlich machte. Bei den freien Programmen kürze sie
       bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für
       Freiwilligendienste geben.
       
       „Ich bin offen für bessere Vorschläge – aber ich habe mir das angeschaut
       und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht
       besten Variante gekommen“, erklärte Paus mit Blick auf die Streichung des
       Elterngelds für Vielverdiener. „So werde ich das jetzt auch einbringen.“
       
       Die Soziologin Kim Bräuer von der Technischen Universität Braunschweig, die
       zu Vätern forscht, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag),
       dass Väter im Schnitt deutlich kürzer Elternzeit nehmen, habe [4][oft keine
       finanziellen Gründe]. Viele Gutverdiener hätten Angst um ihre berufliche
       Zukunft. „Ihnen fehlt das Vertrauen, dass eine Elternzeit auch von ihren
       Arbeitgebern wirklich gewollt ist“, sagte Bräuer
       
       Wenn schon gespart werden müsse, sei es aus ihrer Sicht richtig, „lieber
       das Elterngeld bei finanziell abgesicherten Familien zu kürzen und den
       Fokus auf die Kindergrundsicherung als Zeichen gegen Kinderarmut zu legen“.
       „Ein großes Problem für die Gleichstellung sehe ich darin nicht“, sagte die
       Soziologin.
       
       10 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Umstrittene-Elterngeld-Kuerzungen/!5942065
 (DIR) [2] https://www.rnd.de/politik/lars-klingbeil-ueber-elterngeld-ukraine-krieg-und-friedrich-merz-PQ5EKC26SNEMLNIND2SIKQOMHM.html
 (DIR) [3] /Kritik-am-Bundeshaushalt/!5943138
 (DIR) [4] /Elterngeld-fuer-Bestverdienende/!5941934
       
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