# taz.de -- Thomas Heilmann über Heizungsgesetz: „Die Reihenfolge ist falsch“
       
       > CDU-Politiker Thomas Heilmann hat per Verfassungsklage das
       > Gebäudeenergiegesetz vorerst verhindert. Nun will er mit der Union eigene
       > Vorschläge machen.
       
 (IMG) Bild: Heilmann: „Ich bin für ein Verbot von Öl- und Gasheizungen im Neubau.“
       
       Herr Heilmann, Sie sind Vorsitzender der Klima-Union, die sich in der CDU
       und der CSU für eine „pragmatische Klimapolitik“ einsetzt. Was ist das? 
       
       Thomas Heilmann: Na ja, pragmatisch ist ja kein kompliziertes Wort. Nehmen
       wir das Beispiel Heizung, weil es gerade aktuell ist. Die Klima-Union ist
       fest davon überzeugt, dass wir Gas- und Ölheizungen auf Dauer in
       Deutschland nicht haben dürfen. Warum wurde nicht so schnell wie möglich
       die kommunale Wärmeplanung forciert, damit die Hauseigentümer wissen, was
       sie machen können? Und zwar bitte so, dass die Anzahl der mit Nah- und
       Fernwärme versorgten Gebäude dramatisch steigt.
       
       [1][Sie haben mit Ihrem Eilantrag beim Bundesverfassungsgericht die
       Verabschiedung des Heizungsgesetzes, des Gebäudeenergiegesetzes, im
       Bundestag vor der Sommerpause verhindert.] Sie sagen, das sei ein Erfolg
       für den Klimaschutz. Wieso?
       
       Durch die Verschiebung gibt es eine Chance, das Gesetz zu verbessern und
       die Maßnahmen so anzupassen, dass sie auch tatsächlich ihre Ziele
       erreichen. Ich bedaure, wie die Ampelkoalition das Thema Heizung angegangen
       ist, weil das im Ergebnis dazu geführt hat, dass der Einbau von Wärmepumpen
       zurückgegangen ist und der Einbau von Öl- und Gasheizungen dramatisch
       gesteigert wurde im Jahr 2023.
       
       Aber auch deshalb, weil der Absatz von Wärmepumpen 2022 so hoch gewesen
       ist. 
       
       Ja, aber man hätte auf dieser Welle weiter surfen können. Stattdessen haben
       sich die Förderanträge für Wärmepumpen nach den neusten Zahlen des
       Bundeswirtschaftsministeriums im ersten Halbjahr 2023 sogar halbiert. Im
       Januar hat die Ampel die Förderung von Wärmepumpen zurückgenommen, ohne ein
       weiterführendes Konzept zu haben. Insofern sind es nicht nur die besonders
       guten Absatzzahlen im Jahr 2022 gewesen, die übrigens auf der Grundlage der
       Gesetze der Großen Koalition entstanden sind. Die Ampel hat durch ihr
       Handeln den positiven Trend gebrochen.
       
       Aber ist die Verunsicherung der Bürger:innen jetzt nicht noch viel
       größer? 
       
       Das hat mit meinem Antrag in Karlsruhe nichts zu tun. Die war schon vorher
       maximal groß. Und im Übrigen wundere ich mich sehr über die Äußerung der
       Ampelvertreter, die das Gesetz weiterhin nicht verändern wollen. Das
       Gericht hat nicht angeordnet, die Akte soll ein bisschen Staub bekommen,
       sondern hat klar gesagt, wir müssen in der Sache beraten.
       
       Glauben Sie, dass es noch Änderungen geben wird? 
       
       Das kann ich Ihnen nicht sagen. Das hängt jetzt auch von uns ab, was wir
       vorschlagen werden. Daran arbeiten einige in der Union, unter anderem ich.
       
       Was sollen das für Vorschläge sein? 
       
       Das möchte ich noch nicht ausführen, weil wir das intern noch nicht final
       abgestimmt haben. Aber die Themen Förderungen, Quartiere, Beratungspflicht
       werden sicher behandelt. Es gibt auch die Haltung bei uns, das
       Heizungsgesetz einfach komplett umzubauen. Dafür spricht zwar in der Sache
       einiges, aber es ist leider unrealistisch, die Ampel davon zu überzeugen.
       
       Wo ist der Unterschied zu dem, was Sie wollen und was die Regierung will? 
       
       Ich hätte beim Gebäudeenergiegesetz nicht, wie Robert Habeck es selbst
       genannt hat, einen so radikalen Entwurf vorgelegt. Aber nicht, weil ich
       weniger Klimaschutz will.
       
       Was wollen Sie anders machen? Auch die Regierung wollte und will
       funktionierende Gasheizungen nicht austauschen. 
       
       Die Reihenfolge der Regierung ist meines Erachtens falsch. Ich muss zuerst
       die Voraussetzungen schaffen, dass ein Umstieg machbar, vor allem bezahlbar
       ist. Ich kann leider im Bestand nach einer Havarie nicht überall gleich auf
       fossilfreie Systeme umstellen. Das aber war vorgesehen.
       
       Nur bei einem Totalschaden. Herausgerissen werden sollte eine
       funktionierende Heizung nie. 
       
       Nein, rausreißen war nie der Plan, das haben wir auch nicht behauptet. Der
       Ersatz ist in der überwiegenden Zahl von Fällen auch ganz gut möglich, aber
       eben keineswegs in allen Fällen.
       
       Da gab's Übergangsregeln. 
       
       Also, Sie wollen jetzt sagen, dass die erste Fassung des Heizungsgesetzes
       nicht radikal gewesen wäre und ich und alle anderen sich eigentlich umsonst
       aufgeregt haben.
       
       Wir würden nur gerne einen ganz konkreten Punkt hören, von dem Sie sagen,
       dieser Punkt war falsch, der war zu radikal. 
       
       Radikal war, erst kommt das Verbot, dann kommen die Hilfen, bei dem bis
       heute viele Fragen offen sind und dann kommt die kommunale Wärmeplanung.
       Man sollte pragmatisch die Heizungswirtschaft und – ganz wichtig – auch die
       Handwerker und mit ihnen die Bürger ins Boot holen. Wir würden zuerst
       überlegen, wie kann ich Anreize schaffen, bevor ich anfange, etwas
       vorzuschreiben.
       
       Sie sind gegen ein Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen? 
       
       Ich bin für ein Verbot von Öl- und Gasheizungen im Neubau.
       
       Und bei Havarien in Bestandsgebäuden nicht? 
       
       Also, wenn ich das Gesetz selber verantwortet hätte, hätte ich Kategorien
       gebildet. Immer dann, wenn die Wärmepumpe genug Leistung bringt, ohne dass
       ich ansonsten in die Haussubstanz massiv eingreifen muss, dann baue ich
       eine Wärmepumpe ein. Das ist aber keineswegs für alle Häuser der Fall. Ich
       kenne Leute, die sagen, sie müssten 150.000 Euro in ihr Haus investieren,
       um das umzubauen.
       
       Wird es ein eigenes Konzept der Union zur staatlichen Förderung für neue
       Heizungen geben? 
       
       Darüber diskutieren wir gerade. Aber darin kann ja stehen, was will. Wir
       wissen, dass es von der Ampel abgelehnt wird.
       
       Wieso wird die Union in der Frage als destruktive Opposition wahrgenommen,
       die einfach nur dagegen ist? 
       
       Es ist leider so, dass die Haltung der Union stark durch einzelne
       Stellungnahmen geprägt ist. Wenn Sie sehen, was wir zur Wärmewende an
       Beschlussanträgen gestellt haben, ergibt sich ein anderes Bild.
       
       Hat die Klima-Union ein konkretes Projekt, das in der Union durchgesetzt
       werden soll? 
       
       Es gibt nicht das eine politische Ziel, von dem ich sage, das müssen wir
       jetzt endlich verabschiedet haben und schon ist der Klimaschutz erreicht.
       
       Es gibt kein konkretes Projekt? 
       
       Nein, es gibt kein konkretes Projekt, weil wir wissen, das einzelne Punkte
       allein die notwendige Transformation nicht schaffen werden. Eine
       Polarisierung auf einzelne Forderungen erscheint mir eher kontraproduktiv.
       Wir haben in unserer Satzung stehen, wir wollen, dass die Pariser
       Klimaziele eingehalten werden. Bis dahin ist ja noch ein weiter Weg.
       
       Die Frage ist ja, welches politische Ziel ein Zusammenschluss hat. Wollen
       die Mitglieder nur Informationen austauschen oder politischen Einfluss
       nehmen? 
       
       Natürlich streben wir politischen Einfluss an. Wir wollen kompetente
       Klimapolitik, die sich vereinen lässt mit den sonstigen politischen
       Vorstellungen. Wir wollen wirtschaftsfreundlich sein und bleiben, und wir
       wollen sozialpolitisch bleiben. Dem Klimaschutz begegnet leider auch viel
       Widerspruch, insbesondere wenn es ums individuelle Verhalten von Bürgern
       geht. Wir versuchen das mit einer Haltung, einer Kommunikation, zu
       vermitteln, die sachlich überzeugend und sympathisch und werbend ist, aber
       nicht belehrend.
       
       Ein Tempolimit auf Autobahnen wäre pragmatische Klimapolitik. Wie sieht es
       damit aus? 
       
       Die Klima-Union und genauso ich persönlich sind für Tempo 120 drei Jahre
       zur Probe. Dann kennt man auch die genaue CO₂-Ersparnis.
       
       Versucht die Klima-Union diese Position in der CDU und CSU durchzusetzen? 
       
       Die traurige Nachricht ist: Kurzfristig sehe ich keine Chance, dass wir
       dafür eine Mehrheit kriegen. Auch da bin ich pragmatisch.
       
       M it Carsten Linnemann hat die CDU einen neuen Generalsekretär bekommen.
       Welche Auswirkungen auf die Klimapolitik der CDU hat das? 
       
       Ich glaube, die Berufung von Carsten Linnemann zum Generalsekretär hat für
       die Klimapolitik der CDU keine Auswirkung – weder positiv noch negativ.
       
       Und für das klimapolitische Profil der Union? 
       
       Ich habe mich mehrfach intensiv mit ihm über das Grundsatzprogramm und
       diesen Aspekt unterhalten. Ich glaube, im Grundsatzprogramm wird der
       Klimaschutz einen ordentlichen Platz finden. Da bin ich ganz optimistisch.
       
       Wieso kommt die Union in den Umfragen nicht voran, obwohl die Regierung
       schwächelt? 
       
       Das hat sicher mehrere Ursachen. Ich sehe mit großen Bedenken die sie sich
       wechselseitig aufschaukelnde Polarisierung zwischen den Grünen und der AfD.
       Die Grünen laben sich ja gerade darin, die AfD-Leute für bescheuert zu
       erklären. Ich habe null Sympathie mit den Inhalten der AfD, aber diese
       herabsetzende Art und Weise, mit deren Forderungen umzugehen, verstärkt das
       Problem massiv. Wer mit ganz starken Argumenten, aber in herabsetzender Art
       und Weise kommt, stärkt die AfD. Deswegen gibt es leider auch einen großen
       Anteil gerade grüner Funktionäre am Erstarken der AfD.
       
       [2][Im europäischen Parlament gab es vor kurzem bei der Abstimmung über das
       Naturschutzgesetz] eine Koalition von Konservativen, extrem Rechten und
       Liberalen. Ist das der richtige Weg? 
       
       Die EVP-Fraktion hat sich dazu entschieden. Ich bin nicht sicher, ob ich
       das auch so gemacht hätte. Die haben gesagt, das Gesetz ist eine
       Überforderung des ländlichen Raums. Wenn das stimmt, müssen Sie als
       Parlamentarier doch sagen, diesem Gesetz stimme ich nicht zu. Wenn dann
       Liberale und osteuropäische Rechtspopulisten das auch so sehen, dann kann
       ich doch nicht nur deswegen für eine Überforderung des ländlichen Raums
       stimmen. Dann lassen wir uns ja die Agenda völlig diktieren.
       
       19 Jul 2023
       
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