# taz.de -- Aiwanger-Affäre in Bayern: Söder hält an Aiwanger fest
       
       > Bayerns Ministerpräsident Söder (CSU) setzt seinen Vize Aiwanger nicht
       > vor die Tür. Trotz des antisemitischen Flugblatts darf er Minister
       > bleiben.
       
 (IMG) Bild: Markus Söder (rechts) und Hubert Aiwanger (links, aber erst recht rechts) bei einem Auftritt im März
       
       MÜNCHEN/BERLIN dpa/epd/taz | Die Messe ist erstmal gelesen. Bayerns
       Ministerpräsident Markus Söder (CSU) will seinen Stellvertreter Hubert
       Aiwanger (Freie Wähler) trotz zahlreicher Vorwürfe in der Affäre um ein
       antisemitisches Flugblatt aus Schulzeiten aktuell nicht entlassen. Das
       sagte Söder am Sonntag „aus aktuellem Anlass“ in einer eilig einberufenen
       Pressekonferenz.
       
       Er habe sich die Entscheidung über Aiwanger nicht leicht gemacht, betonte
       Söder zu Beginn. Antisemitismus habe in Bayern keinen Platz. „Bayern ist
       ein Bollwerk gegen Rassismus und Antisemitismus“, sagte Söder. Das
       garantiere er persönlich als Ministerpräsident. Das Flugblatt sei
       „besonders ekelig, menschenverachtend und absoluter Nazijargon“.
       
       Aiwangers Krisenmanagement sei nicht glücklich gewesen, erklärte Söder
       weiter. Aber es habe eine späte, aber nicht zu späte Entschuldigung von
       Aiwanger gegeben. Die sei notwendig gewesen.
       
       Söders Fragen und Aiwangers Antworten [1][wurden nach der Pressekonferenz
       online veröffentlicht]. Nicht alle Antworten seien befriedigend, sagte
       Söder. Aber er habe sich erneut von dem Flugblatt distanziert und glaubhaft
       versichert, dass er nicht Autor des Papiers sei. Das müsse und wolle er zu
       Aiwangers Gunsten auslegen, so Söder.
       
       Seit dem Vorfall habe es nichts Vergleichbares bei Aiwanger gegeben. Und
       die Sache sei 35 Jahre her. Daher sei in der Gesamtabwägung eine Entlassung
       aus dem Amt nicht verhältnismäßig, so Söder.
       
       ## Gespräche mit jüdischen Gemeinden
       
       Aber ein einfaches „Schwamm drüber“ könne es auch nicht geben. Nur wer
       ernsthaft bereue, könne auf Verzeihung hoffen. Man habe besprochen, dass
       Aiwanger zum Beispiel das Gespräch mit jüdischen Gemeinden suchen solle.
       Das sei bereits am Sonntagmorgen auch mit „Frau Knobloch und Herren
       Schuster besprochen“ worden. Charlotte Knobloch ist die Präsidentin der
       Israelitischen Kultusgemeinde München, Josef Schuster ist Präsident des
       Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Israelitischen
       Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken.
       
       Damit stehe auch fest, dass die CSU die Koalition mit den Freien Wählern
       fortsetzen könne, sagte Söder. Eine Zusammenarbeit mit den Grünen schloss
       er erneut aus.
       
       „Ich bedaure diese Angelegenheit“, erklärte Söder. Für ihn sei die Sache
       damit aber abgeschlossen.
       
       ## Eine Woche Debatte
       
       Zuvor war es seit gut einer Woche um die Aufarbeitung der [2][Affäre um
       Bayerns Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger und ein antisemitisches
       Flugblatt] aus Schulzeiten gegangen. Der Freie-Wähler-Chef hatte zuletzt
       [3][einen umfangreichen Fragenkatalog Söders] zu den Vorwürfen schriftlich
       beantworten müssen. Danach werde er eine abschließende Bewertung treffen,
       hatte Söder vorab angekündigt.
       
       Gegen Aiwanger waren seit einer Woche immer neue Vorwürfe laut geworden. Am
       Samstag vor einer Woche hatte er zunächst schriftlich zurückgewiesen, zu
       Schulzeiten ein antisemitisches Flugblatt geschrieben zu haben, über das
       die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hatte. Gleichzeitig räumte er aber ein,
       es seien „ein oder wenige Exemplare“ in seiner Schultasche gefunden worden.
       Kurz darauf erklärte Aiwangers älterer Bruder, das Pamphlet geschrieben zu
       haben.
       
       Am Donnerstag [4][entschuldigte sich Aiwanger erstmals öffentlich]. In
       Bezug auf die Vorwürfe blieb er bei bisherigen Darstellungen –
       insbesondere, dass er das Flugblatt nicht verfasst habe und dass er sich
       nicht erinnern könne, als Schüler den Hitlergruß gezeigt zu haben. [5][Auf
       X (ehemals Twitter)] wies er zudem den Vorwurf, er habe Hitlers „Mein
       Kampf“ in der Schultasche gehabt, als „Unsinn“ zurück. Zu weiteren
       Vorwürfen äußerte er sich entweder nicht oder sagte, er könne diese aus
       seiner Erinnerung weder dementieren noch bestätigen.
       
       Gleichzeitig ging der Freie-Wähler-Chef zum Gegenangriff über, beklagte
       eine politische Kampagne gegen ihn und seine Partei – was ihm sofort neue
       Vorwürfe etwa des Zentralrats der Juden einbrachte.
       
       ## Hofreiter kritisiert Aiwanger
       
       Wegen der Affäre um das antisemitische Flugblatt hält der Grünen-Politiker
       Anton Hofreiter den bayerischen Wirtschaftsminister Aiwanger nicht mehr für
       tragbar. „Das zentrale Problem am Verhalten von Herrn Aiwanger sind weniger
       die antisemitischen und zutiefst menschenverachtenden Aussagen, die er
       damals in seiner Tasche hatte, sondern der heutige Umgang damit“, sagte
       Hofreiter den Zeitungen der „Funke Mediengruppe“ (Sonntag). „Statt klar um
       Entschuldigung zu bitten, tut er so, als wäre er selbst das Opfer.“
       
       Hinweis: Der Text wurde nach der Pressekonferenz aktualisiert.
       
       3 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.bayern.de/fragenkatalog-an-staatsminister-hubert-aiwanger/?seite=2453
 (DIR) [2] /Die-Causa-Aiwanger-und-ihre-Folgen/!5957316
 (DIR) [3] /Causa-Aiwanger/!5953207
 (DIR) [4] /Affaere-um-antisemitisches-Hetzblatt/!5957456
 (DIR) [5] https://twitter.com/HubertAiwanger/status/1696979612268363904
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gereon Asmuth
       
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       widerspricht.