# taz.de -- Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Unternehmen investieren zu wenig
       
       > Die Wirtschaftsweisen warnen: 2023 schrumpft das BIP. Langfristig droht
       > Deutschland die Überalterung von Industrie und Bevölkerung.
       
 (IMG) Bild: Anschluss verpasst? Vorstellung des ID3 NEW bei VW in Dresden im März
       
       BERLIN taz | Die Aussichten sind alles andere als gut: Politik und
       Wirtschaft werden sich laut dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der
       gesamtwirtschaftlichen Entwicklung darauf einstellen müssen, dass das
       [1][Wachstum der Wirtschaftsleistung] auch mittel- bis langfristig eher
       verhalten sein wird. Grund für die schlechte Prognose ist nicht allein die
       Alterung der Gesellschaft, die das Angebot an Arbeitskräften knapp werden
       lässt. Die Verantwortung liegt auch bei den Unternehmen, die zu wenig
       investieren.
       
       „Deutschland droht somit eine Alterung nicht nur seiner Bevölkerung,
       sondern auch seiner industriellen Basis“, schreiben die Wirtschaftsweisen,
       wie die Mitglieder des Sachverständigenrates auch genannt werden, in ihrem
       Jahresgutachten.
       
       Die fünf Ökonom*innen übergaben am Mittwoch ihr Gutachten der
       Bundesregierung. In ihrem mehr als 400 Seiten starken Werk gehen sie davon
       aus, dass das hiesige Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 0,4 Prozent
       schrumpfen wird. Im März war das Gremium noch von einem leichten Wachstum
       von 0,2 Prozent ausgegangen.
       
       Für die schlechten Aussichten sei „der Rückgang der [2][inländischen
       Nachfrage] verantwortlich, zum großen Teil bedingt durch den starken
       Rückgang der staatlichen Konsumausgaben zu Jahresbeginn 2023“, schreiben
       die Wirtschaftsweisen nun. Für kommendes Jahr gehen sie von einem
       verhaltenen Wachstum von 0,7 Prozent aus. Auch diesbezüglich waren sie im
       Frühjahr optimistischer. Damals prognostizierten sie für 2024 ein Wachstum
       von 1,3 Prozent.
       
       ## Weniger Wachstum erwartet
       
       Wenn nicht gegengesteuert wird, muss sich das Land aber langfristig auf ein
       noch schwächeres Wachstum einstellen, warnt der Sachverständigenrat. Denn
       das sogenannte Wachstum des Produktionspotenzials ist in den vergangenen
       Jahren deutlich zurückgegangen.
       
       Dieses gibt an, wie stark die Wirtschaft langfristig bei einer
       Normalauslastung der Produktionskapazitäten wachsen kann. Es lag in den
       Jahren vor der Wiedervereinigung noch bei 2,4 Prozent. In den vergangenen
       fünf Jahren waren es jedoch nur noch deutlich unter 1,0 Prozent. Für die
       kommenden zehn Jahre, warnen die Wirtschaftsweisen, sei „bei Fortschreibung
       bestehender Dynamiken ein Potenzialwachstum von lediglich knapp 0,4 Prozent
       pro Jahr zu erwarten“.
       
       Theoretisch könnte technischer Fortschritt wieder zu mehr Wachstum führen.
       Doch diesbezüglich sieht der Sachverständigenrat schwarz. So veraltet der
       Kapitalstock zunehmend. Und ältere Produktionsanlagen sind oft weniger
       produktiv als jüngere. Auch kritisiert der Sachverständigenrat, dass
       hierzulande im internationalen Vergleich relativ wenige Unternehmen
       gegründet werden. Dabei trügen Start-ups „maßgeblich zu Innovation und
       Wachstum bei“.
       
       Die Steigerung der Produktivität ist laut den Wirtschaftsweisen
       insbesondere aufgrund der anstehenden [3][Dekarbonisierung] wichtig. Denn
       ein höheres Produktionspotenzial erweitere die verfügbaren Ressourcen. So
       könne die „Transformation sozialverträglicher gestaltet werden“, schreiben
       die Wirtschaftsweisen.
       
       8 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Konjunkturdelle-in-Deutschland/!5971779
 (DIR) [2] /Hohe-Preise-fuer-Nahrungsmittel/!5965374
 (DIR) [3] /Oekonom-zum-Industriestrompreis/!5970013
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simon Poelchau
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Konjunktur
 (DIR) Wirtschaftsweisen
 (DIR) Wirtschaftswachstum
 (DIR) BIP
 (DIR) Wachstum
 (DIR) Gütersloh
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Wirtschaftswachstum
 (DIR) DIW
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Deutschland schwächelt: Nur noch 0,2 Prozent Wachstum
       
       Regierung senkt die Erwartungen für das Wirtschaftswachstum für dieses Jahr
       radikal, 2025 soll es kaum besser werden. Berlin ist alarmiert – und
       uneinig.
       
 (DIR) Haushaltsgerätehersteller streicht Jobs: Miele baut weltweit 2.000 Stellen ab
       
       Das Familienunternehmen aus Gütersloh hat erfolgreich die Pandemie
       überstanden. Jetzt kämpft Miele mit der Marktlage.
       
 (DIR) Ökonom zum Industriestrompreis: „Er ist gut fürs Klima“
       
       Der Ökonom Tom Krebs sagt, dass ein stabiler Strompreis Unternehmen im Land
       halten kann. Das gesenkte Risiko ermögliche erst die grüne Transformation.
       
 (DIR) Konjunkturprognose der EU-Kommission: Deutschland zieht Eurozone runter
       
       Die EU-Kommission senkt ihre Prognose für das kommende Jahr – auch wegen
       des schwachen deutschen Konsums. Die andauernde Inflation bereitet Sorgen.
       
 (DIR) DIW-Chef Fratzscher über Subventionen: „Es braucht ein neues Steuersystem“
       
       DIW-Präsident Marcel Fratzscher ist gegen einen Industriestrompreis und
       Steuersenkungen für Firmen. Er wünscht sich mehr Mittel gegen Kinderarmut.