# taz.de -- Afrika-Gipfel in Berlin: Fehlende Augenhöhe
       
       > Die Bundesregierung hofft auf grünen Wasserstoff und wirbt für mehr
       > private Investitionen in Afrika. Aber ob die vor Ort helfen, ist
       > umstritten.
       
 (IMG) Bild: Einer der Gäste in Berlin: Kenias Präsident William Ruto und Bundeskanzler Olaf Scholz (rechts)
       
       BERLIN taz | Deutschland will bei Energiefragen und der Produktion von
       grünem Wasserstoff verstärkt auf Afrika setzen. „Afrika ist unser
       Wunschpartner, wenn es darum geht, unsere wirtschaftlichen Beziehungen zu
       intensivieren und den gemeinsamen Weg in eine klimaneutrale Zukunft zu
       gehen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD).
       
       Auch private Investitionen von deutschen Firmen in afrikanischen Ländern
       sollen gestärkt werden, betonte Scholz am Montag auf einem gemeinsamen
       Gipfel der G20-Länder mit 13 afrikanischen Ländern im Rahmen der Initiative
       „Compact with Africa“ (CwA), zu Deutsch: „Pakt mit Afrika“.
       
       Die Initiative wurde 2017 im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft
       gestartet und soll laut Bundesregierung dafür sorgen, dass durch
       „Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ in den
       afrikanischen Ländern mehr ausländische Investitionen fließen. Inzwischen
       gehören 13 Länder des afrikanischen Kontinents der Staatengruppe an:
       Ägypten, Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Côte d'Ivoire, Ghana, Guinea, die
       Demokratische Republik Kongo, Marokko, Ruanda, Senegal, Togo, und Tunesien.
       Weitere Staaten sind an einer Aufnahme interessiert.
       
       Auch Reformen der Wirtschaftssysteme der Länder sollen sie attraktiver für
       Investoren machen, so Steuerreformen oder der Beitritt zu Vereinbarungen
       zum Investitionsschutz, mit denen Unternehmen Staaten verklagen können,
       wenn deren Gesetze Profite verhindern. Als die Merkel-Regierung den Plan
       2017 ins Leben rief, wurde er auch „[1][Marshallplan für Afrika]“ genannt.
       
       ## NGOs kritisieren Zielsetzung
       
       Im Januar hatte die aktuelle Bundesregierung dann ihre [2][Afrika-Strategie
       aktualisiert] und mehr von Partnerschaften mit der Zivilgesellschaft und
       kommunalen Institutionen in Afrika gesprochen. Scholz betonte, die
       Compact-Partnerschaft funktioniere. „Die Compact-Länder schneiden mit Blick
       auf die wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zu Gesamt-Afrika
       überdurchschnittlich gut ab.“ Die ausländischen Direktinvestitionen seien
       in den Ländern zuletzt massiv gestiegen.
       
       „Die Bundesregierung betont immer wieder, dass die Gespräche bei Compact
       with Africa auf Augenhöhe stattfinden“, sagt hingegen Anne Jung von Medico
       International. Sie sieht das kritisch und stellt die Partnerschaftlichkeit
       der Initiative infrage: Aus der Sicht von medico zeige sich, „dass es gar
       nicht um die Augenhöhe geht.“ So gehe vom Compact eine „starke Erwartung
       von Reformen im Steuer- und Finanzsystem“ aus, etwa dass Exportsteuern
       gesenkt werden. „In Ländern mit einem großen informellen Sektor sind
       Einnahmen durch Exportsteuern aber sehr wichtige Einnahmequellen für den
       Staat“, sagt Jung.
       
       Zudem sieht sie die Privatisierungen kritisch, die oft mit der Vereinbarung
       einhergehe. Im sozialen Bereich brächten diese oft keine Verbesserung:
       „Dann gibt es vielleicht mehr private Kliniken, aber [3][im staatlichen
       Gesundheitsbereich] – auf den arme Menschen angewiesen sind – fehlen die
       Fachkräfte“, so Jung.
       
       Hier widerspricht Stanley Achonu, Nigeria-Direktor der
       Entwicklungsorganisation One: „Investitionen im privaten Sektor schaffen
       nachhaltige Arbeitsplätze, während die Regierung nicht genügend Jobs
       schafft“, so Achonu. Er setzt sich dafür ein, dass auch Nigeria Teil der
       Compact-Staaten wird. „Ich denke, dass die Reformen, die gefordert werden,
       positiv für die Menschen in Nigeria sind“, so Achonu.
       
       Anne Jung von medico international wünscht dagegen: „Eine Forderung wäre,
       das [4][Landgrabbing] für den Anbau von Getreide zum Beispiel für Biosprit
       zu stoppen, bis die Ernährungssouveränität wieder hergestellt ist.“
       
       20 Nov 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Afrika-Gipfel-in-Berlin/!5420396
 (DIR) [2] /Entwicklungspolitik/!5907732
 (DIR) [3] /Augenarzt-ueber-Kauf-von-Arztpraxen/!5941543
 (DIR) [4] https://www.bpb.de/themen/migration-integration/kurzdossiers/migration-und-entwicklung/261341/landgrabbing-wie-der-hunger-nach-boden-die-welternaehrung-bedroht/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Franziska Betz
       
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