# taz.de -- Offener Brief zur Dekolonisierung: Butter bei die Elefanten
       
       > In einem offenen Brief fordern Wissenschaftler*innen und
       > Aktivist*innen die Bremer Politik auf, die koloniale Geschichte
       > aufzuarbeiten.
       
 (IMG) Bild: Erinnern allein reicht nicht: Bremens Antikolonialdenkmal
       
       HAMBURG taz | In einem offenen Brief, den das Dekoloniale Netzwerk Nordwest
       und der Wissenschaftler Norman Aselmeyer von der Universität Bremen am
       Montag veröffentlichten, wenden sich über 100 internationale
       Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen an die Bremer Politik. Unter
       dem Motto „Der Elefant im Raum“ fordern sie Nachbesserungen in der
       [1][Aufarbeitung des Kolonialismus speziell in Bremen und Bremerhaven].
       
       Die Verfasser*innen kritisieren Bürgerschaft und Senat für ihre
       Symbolpolitik und beklagen den Stillstand vieler Projekte und
       Einrichtungen, die sich mit dem Thema [2][Dekolonisierung] befassen. Nur
       durch die Einrichtung dauerhafter Strukturen könnten notwendige
       Veränderungen wirksam werden.
       
       Werner Wick, Sprecher der Kulturbehörde versichert, dass inzwischen in
       allen Bremer Kultureinrichtungen ein Bewusstsein für das Thema bestehe.
       Konkret müsse vor allem die Vernetzung und Koordination von
       Dekolonisierungsprojekten gestärkt und gezielt in Bildungsarbeit investiert
       werden.
       
       Ein Vorschlag der [3][Konferenzteilnehmer*innen], unter ihnen unter
       anderem Jephta Nguherimo aus Kensington, der die Ovaherero People’s
       Memorial and Reconstruction Foundation gegründet hat, sowie der
       Geschichtsprofessor Oswald Masebo aus Tansania, sieht unter anderem vor,
       eine Koordinierungsstelle Koloniales Erbe sowie ein Kultur- und
       Dokumentationszentrum Kolonialismus zu schaffen. Dies sei eigentlich
       bereits im letzten Koalitionsvertrag festgeschrieben worden, die Umsetzung
       lasse jedoch seitdem auf sich warten.
       
       ## Forschungsstelle an der Uni
       
       Darüber hinaus fordern die Teilnehmer*innen unter anderem eine
       Forschungsstelle zur kolonialen Geschichte an der Universität Bremen. Dabei
       sei die Zusammenarbeit mit Akteur*innen aus den ehemaligen Kolonien
       besonders wichtig. Zudem erinnern die Diskutant*innen an die Umsetzung
       der 2021 von der Bremer Stadtbürgerschaft beschlossenen Forderungen zur
       „Fortsetzung und Intensivierung des Bremer Erinnerungskonzeptes
       Kolonialismus“. Dies müsse fächerübergreifend in die Bremer Bildungspläne
       integriert werden.
       
       Bereits in den 1970er-Jahren hatten sich zivilgesellschaftliche
       Akteur*innen, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen für eine
       Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kolonialismus in Bremen stark
       gemacht. 2019 hatte Kultursenator und Bürgermeister Andreas Bovenschulte
       (SPD) die „Politischen Leitlinien zum Umgang mit dem Kolonialen Erbe“
       verabschiedet.
       
       Dennoch sei das Wissen um die koloniale Geschichte in Bremen und
       Bremerhaven lückenhaft, mahnen die Teilnehmer*innen. Vielen Projekten
       [4][fehlten zudem die Ressourcen], um wirkungsvoll arbeiten zu können. Umso
       wichtiger sei es, dass künftige Strategien und Maßnahmen über reine
       Symbolpolitik hinausgehen.
       
       Dekolonisierung sei ein Querschnittsthema, dessen sich der Senat weiterhin
       annehmen wird, betont Wick. Bereits im Januar 2024 werde der Kultursenator
       in der Deputationssitzung über den aktuellen Stand des Themas Bericht
       erstatten.
       
       Bremen nimmt in der deutschen Kolonialismus-Geschichte eine [5][wesentliche
       Rolle] ein. Nicht nur war die Hansestadt stark in den Handel mit
       Kolonialwaren wie Baumwolle, Kaffee und Tabak eingebunden. Der Bremer
       Kaufmann Adolf Lüderitz hatte durch seinen Landkaufbetrug den Weg für den
       Völkermord deutscher Truppen an den Ovaherero und Nama im heutigen Namibia
       bereitet. Das zum [6][Antikolonialismusdenkmal] umgewidmete
       Backstein-Mahnmal in Form eines Elefanten erinnert an das koloniale Erbe
       der Stadt.
       
       5 Dec 2023
       
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