# taz.de -- Nach Protest gegen rechts in Thüringen: Brandanschlag beim SPD-Mann
       
       > Der Thüringer SPD-Mann Michael Müller organisierte eine Demonstration
       > gegen rechts. Nun wurde ein Brandanschlag verübt. Die Familie konnte sich
       > retten.
       
 (IMG) Bild: Ein Brandanschlag als Reaktion auf eine Demonstration gegen rechts?
       
       Dieser Text ist Teil unserer [1][Berichterstattung zu den Kommunal- und
       Landtagswahlen 2024] in Brandenburg, Sachsen und Thüringen. [2][Die taz
       zeigt, was hier auf dem Spiel steht:] Wer steht für die Demokratie ein?
       Welche Agenda verfolgen Rechte? Welche Personen und Projekte fürchten um
       ihre Existenz? 
       
       BERLIN taz | Michael Müller ist auch am Dienstag noch geschockt. „Das ist
       so eine Grenzüberschreitung, dass hier Menschenleben aufs Spiel gesetzt
       wurden.“ Er sei früher durch Afghanistan gereist, ohne Angst. Nun aber habe
       er Angst, in seinem eigenen Haus zu schlafen, sagt der Thüringer
       SPD-Lokalpolitiker aus Waltershausen (Landkreis Gotha) der taz. „Das ist so
       erschreckend.“
       
       In der Nacht zu Montag, gegen 3.20 Uhr, hatten Unbekannte Müllers
       Briefkasten an dessen Holzblockhaus angezündet. Die Flammen griffen auf die
       Fassade am Eingangsbereich über. Fotos zeigen, wie diese schwarz verkohlt
       ist. Auch Müllers Auto wurde angezündet und zerstört. Laut Polizei entstand
       ein Sachschaden von 13.000 Euro.
       
       Der Mittvierziger war in der Nacht selbst nicht zu Hause, aber eine Familie
       mit Kindern sei zu Besuch gewesen. Diese waren rechtzeitig wach geworden,
       hatten sich in Sicherheit gebracht und die Feuerwehr gerufen. „Es war
       einfach nur Glück, dass die Familie so schnell aufgewacht ist“, sagt
       Müller. „Ein paar Minuten später wäre es ein Vollbrand gewesen. Ich will
       mir nicht vorstellen, was dann passiert wäre.“
       
       Die Polizei erklärte, zu dem Brand werde weiter ermittelt, und bat um
       Hinweise. Täter und Motiv bleiben damit vorerst unbekannt. Allerdings:
       Müller war zuvor als Organisator des lokalen [3][Protests gegen rechts]
       aktiv. Am 2. Februar waren auch [4][in Waltershausen 200 Menschen „für
       Demokratie und gegen Faschismus“] auf die Straße gegangen. Müller hatte den
       Protest im Namen der örtlichen SPD angemeldet. „Rassismus, Ausgrenzung und
       Hass haben in unserer Gesellschaft keinen Platz“, erklärte er im Vorfeld in
       einer Mitteilung.
       
       ## Betroffener SPD-Politiker vermutet politisches Motiv
       
       Er selbst habe nach der Demonstration keine direkten Bedrohungen erhalten,
       sagte Müller der taz. Trotzdem vermute er einen Zusammenhang. „Ich weiß
       nicht, was der Hintergrund für die Brandstiftung war. Aber ich kann mir
       keinen anderen als einen politischen vorstellen.“
       
       Auch andere teilen diesen Verdacht. Konkrete Hinweise auf ein politisches
       Motiv gebe es noch nicht, sagte Thüringens Innenminister [5][Georg Maier
       (SPD)] am Dienstag der taz. „Allerdings liegt der Verdacht nahe, da der
       Betroffene zuletzt sehr aktiv als Organisator der Demokratiedemo in
       Erscheinung getreten ist.“ Zudem habe es zeitgleich Angriffe auf SPD-Büros
       in Suhl gegeben, wo Scheiben eingeworfen wurden. Der Brand in Waltershausen
       hätte „in einer Katastrophe enden können“, erklärte Maier. „Wir setzen
       alles daran, den Täter zu ermitteln.“
       
       Auch Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sprach von einer
       „unfassbaren Tat“. Eine Brandstiftung bedeute, „den Tod von Menschen
       herbeizuführen oder billigend in Kauf zu nehmen“. Die Familie habe seine
       Solidarität.
       
       Auch anderenorts hatten Protestierende gegen Rechtsextremismus zuletzt über
       Bedrohungen berichtet, etwa im sächsischen Grimma oder Dippoldiswalde. In
       Thüringen reiht sich der Brandanschlag in eine Reihe weiterer Angriffe auf
       Parteipolitiker*innen ein, wie eben die Angriffe auf die SPD-Büros
       in Suhl. In Bleicherode wurden ebenfalls am Montag an das Wahlkreisbüro der
       Linken-Landtagspräsidentin Birgit Pommer Hakenkreuze geschmiert.
       
       Ministerpräsident Ramelow beklagte, die Verrohung werde „immer heftiger“.
       Demokraten müssten nun zusammenstehen. Auch Innenminister Maier sprach von
       einer „Verrohung, die nicht mehr im Verborgenen, sondern ganz offen“
       stattfinde. „Es werden rote Linien überschritten. Gewalt wird gezielt als
       politisches Mittel eingesetzt.“ Dem werde man nicht tatenlos zusehen,
       kündigte Maier an. Neben intensiven Ermittlungen werde man gefährdeten
       Personen Schutz anbieten.
       
       SPD-Mann Michael Müller ist verunsichert. Eigentlich wollte er im Mai für
       die SPD bei der Stadtratswahl antreten, sagte er. „Nun gerät man nochmal
       ins Überlegen. Das ist schlimm. Denn eigentlich will ich mich nicht
       unterkriegen lassen.“
       
       20 Feb 2024
       
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 (DIR) [2] https://blogs.taz.de/hausblog/was-auf-dem-spiel-steht/
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 (DIR) [4] https://www.thueringer-allgemeine.de/regionen/gotha/article241566124/Nie-wieder-ist-jetzt-Kleinstadt-im-Kreis-Gotha-zeigt-Gesicht.html
 (DIR) [5] /Thueringens-Innenminister-ueber-die-AfD/!5932911
       
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