# taz.de -- Serie „Push“ über Hebammen: Mehr als „ein, aus und fest drücken“
       
       > Geburten wurden in Filmen und Fernsehen lange als Kleinigkeit
       > dargestellt. Die neue Serie „Push“ auf ZDFneo räumt mit Klischees auf.
       
 (IMG) Bild: Szene aus der Serie „Push“, rechts Hebamme Nalan (Mariam Hage)
       
       Die Darstellung von Geburten ist so eine Sache. Lange, lange Zeit
       beschränkte sich das Spektakel auf ein bisschen Unterleibziehen vorher und
       eine ausgeruhte Mutter in frischem Nachthemd mit Kind im Arm hinterher –
       ganz nach Fontanes „da gab es ein Laufen und Rennen“ und dann ist es,
       schwups, auch schon geschehen.
       
       Mittlerweile haben andere Darstellungen ihren Weg auf die Leinwand
       gefunden: das Horrorspektakel „Clock“ (2023) über
       Fruchtbarkeitsbehandlungen etwa [1][und die Verarbeitung einer tragisch
       geendeten Hausgeburt im Kammerspiel „Pieces of a Woman“ (2020)]. Das
       deutsche Fernsehen holt auf und präsentiert mit „Push“ auf ZDFneo eine
       Serie über Geburt, die sich viel traut.
       
       Sechs Folgen begleiten [2][die erfahrenen Hebammen] Nalan (Mariam Hage) und
       Anna (Anna Schudt) und die neue Hebammen-Studentin Greta (Lydia Lehmann),
       Kinder auf die Welt zu bringen. Dass es in diesem Beruf um Begleitung geht,
       nicht um Anleitung, wird schnell offensichtlich: während der
       Schwangerschaft bei allen Fragen, für die beim Arzt weder Zeit noch Umfeld
       passend erscheinen, Begleitung während der Geburt, die über ein „Ein, aus,
       und jetzt drücken“ hinausgeht, Paarbegleitung danach.
       
       All das ausgeführt von in überragender [3][Mehrheit weiblichen
       Arbeitskräften, die noch immer die meiste Care-Arbeit im Privatleben
       leisten]. Annas Mann kann bei Ehestress ausziehen, Anna muss zwischen
       Beckenendlage und Stillproblemen Kind und Enkelkind versorgen.
       
       ## Jede Form der Geburt erhält Raum
       
       Reproduktionen des alten Stereotyps der engelsgleich altruistischen Frau
       mit Häubchen und Kragen bleiben aus. Nalan und Anna schweben nicht leise
       lächelnd von Bett zu Bett, sondern kämpfen sich durch lange Schichten.
       
       Keine einzige FSK-0-Geburt mit ein paar Tropfen Blut und ein bisschen
       Gewimmer ist dabei dem Publikum gestattet. Es wird mitunter so ausdauernd
       und so laut geschrien, dass das Zuschauen herausfordernd wird. Dann sei
       geraten: pausieren, durchatmen – und weiterschauen. „Push“ ist kein
       entspannendes Zuschauererlebnis, aber ein ausgesprochen lohnendes.
       
       Einige Überdeutlichkeiten wären verzichtbar gewesen („Sie ist eine gute
       Ärztin, aber verhält sich so wie ein alter weißer Mann“), von der
       obligatorischen Krankenhaus-Affäre mit Abhängigkeitsgefälle hätte etwa
       abgesehen werden können.
       
       Wenn Anna Schudts ruhige Freundlichkeit aber überlebenswichtig für diese
       Einmal-im-Leben-Situation wird, dann entsteht zwischen Fernsehen und Sofa
       eine Vorstellung davon, wie die Begleitung von Müttern (und Paaren)
       idealerweise aussehen kann und wie unverzichtbar ausgeglichene und
       abgesicherte Hebammen sind.
       
       Der gängige Vorwurf der Schulmedizinfeindlichkeit der Hebammenwelt wird
       thematisiert, nicht aber reproduziert: Jede Form der Geburt erhält Raum,
       immer ist die Perspektive mutig, weiblich und neu. Und trotz aller
       Explizitheit und Alltäglichkeit wird, das große Wunder einer Geburt sogar
       durch den Bildschirm erahnbar.
       
       13 Mar 2024
       
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