# taz.de -- Verteidigungsminister stellt Pläne vor: Rang und schlank
       
       > Führungsstrukturen der Bundeswehr sollen gestrafft, eine neue
       > Cyberstreitkraft geschaffen werden. Auch an eine Rückkehr der Wehrpflicht
       > wird gedacht.
       
 (IMG) Bild: Während einer Pressekonferenz erklärt Boris Pistorius (SPD) die künftige Struktur der Bundeswehr
       
       BERLIN taz | Für die einen sind es schnöde Umstrukturierungen, für Boris
       Pistorius nicht weniger als der Aufbau einer „Bundeswehr der Zeitenwende“.
       Am Donnerstag stellte der Bundesverteidigungsminister in Berlin seine
       „richtungsweisende Reform“ für das deutsche Militär vor. Ziel sei es, die
       Bundeswehr so aufzustellen, dass sie „für den Ernstfall, den
       Verteidigungsfall, für den Kriegsfall optimal aufgestellt ist“, sagte
       Pistorius. Die Bedrohungslage in Europa habe sich verschärft. Es gehe
       darum, die Bereitschaft zur Landes- und Bündnisverteidigung „glaubhaft und
       wahrhaftig ausstrahlen“ zu können. „Ich benutze das Wort
       [1][‚kriegstüchtig‘] nach wie vor und regelmäßig.“
       
       Der SPD-Politiker will die deutsche Armee schlanker, schneller und
       flexibler machen. Kernpunkt der Pläne, die im Wesentlichen innerhalb eines
       halben Jahres umgesetzt werden sollen, ist die Schaffung eines
       einheitlichen Operativen Führungskommandos. Hier soll das für die
       Landesverteidigung zuständige Territoriale Führungskommando mit dem
       Einsatzführungskommando für Auslandsmissionen zusammengeführt werden. Damit
       solle „die einheitliche Führung in allen Einsätzen der Bundeswehr
       garantiert“ werden, sie könnten also zentral gesteuert werden.
       
       Für die Nato, die Bundesländer wie auch für Organisationen wie das THW gebe
       es dann zudem „eine zentrale Ansprechstelle“, sagte der Minister. Die
       getrennten Standorte der beiden Kommandos in Schwielowsee bei Potsdam und
       in der Berliner Julius-Leber-Kaserne sollen allerdings weiter bestehen
       bleiben.
       
       Eine weitere größere Veränderung ist die Aufwertung des bisherigen
       Kommandos Cyber- und Informationsraum (CIR) zu einer eigenen vierten
       Teilstreitkraft neben dem Heer, der Marine und der Luftwaffe. Das CIR ist
       auf elektronische Kampfführung und Cyberoperationen, Aufklärung und den
       Schutz der elektronischen Infrastruktur spezialisiert. Neben der Sicherung
       von Bundeswehrnetzwerken vor Hackerangriffen gehe es auch um den Kampf
       gegen Desinformationskampagnen, so Pistorius. Von wachsender Bedeutung sei
       auch der elektronische Kampf im Gefecht etwa durch den Einsatz von
       Störsendern gegen Sprengfallen.
       
       ## Mögliche Wehrpflichtmodelle bis April
       
       Zudem wird ein neues Unterstützungskommando geschaffen, das allen
       Teilstreitkräften zuarbeiten soll. In ihm werden der Sanitätsdienst, die
       Logistik sowie die ABC-Abwehr, die Feldjäger, die Zivil-Militärische
       Zusammenarbeit (Cimic) und weitere zentrale militärische Dienststellen, wie
       das Planungsamt der Bundeswehr, gebündelt. In der Gesundheitsversorgung der
       Bundeswehr soll es künftig „einen Gesamtverantwortlichen geben“. Das
       Unterstützungskommando wird dem stellvertretenden Generalinspekteur der
       Bundeswehr unterstellt, der bei Konflikten über die Nutzung dieser
       Ressourcen entscheiden soll.
       
       Daneben sollen dem Heer die Heimatschutzkräfte und der Luftwaffe das
       Luftfahrtamt der Bundeswehr zugeordnet werden. Darüber hinaus sollen im
       zivilen Bereich Aufgaben der Wehrverwaltung gebündelt werden. Streitkräfte
       und Wehrverwaltung sollen künftig vor allem in den Bereichen Personal,
       Material und Infrastruktur enger zusammenarbeiten. Dabei gehe es vor allem
       darum, dass im Verteidigungsfall die Rekrutierung von Wehrpflichtigen
       möglichst reibungslos organisiert werden kann.
       
       Allerdings geht es Pistorius auch darum, Strukturen für eine eventuelle
       Reaktivierung [2][der Wehrpflicht] auch außerhalb des Spannungs- oder
       Verteidigungsfalls zu schaffen. Eine mögliche Rückkehr zu „einer wie auch
       immer gearteten Wehr- oder Dienstpflicht“ sei bereits „mitgedacht“ worden,
       räumte der SPD-Politiker ein. Diese Entscheidung werde aber erst später
       getroffen.
       
       Aus Sicht von Pistorius war die Aussetzung des Zwangsmilitärdienstes 2011
       ein Fehler. Die SPD hatte damals im Bundestag dagegen gestimmt. Bis Mitte
       April erwartet er aus seinem Haus ein Papier zur Machbarkeit verschiedener
       Modelle zur Wiedereinführung eines Pflichtdienstes. Anschließend wolle er
       einen Vorschlag in den politischen Raum geben. „Dann wird der
       Diskussionsprozess zeigen, wo wir rauskommen“, sagte Pistorius.
       
       ## Personaloffensive der Bundeswehr stockt
       
       Ob er sich bereits für eine bestimmte Variante entschieden hat, ließ der
       Sozialdemokrat am Donnerstag offen. In der Vergangenheit hat er jedoch
       schon häufiger betont, ein „Faible“ für das sogenannte schwedische Modell
       zu haben. Dabei sind alle Jugendlichen eines Jahrgangs verpflichtet, einen
       Fragebogen auszufüllen. Die Armee entscheidet dann, wen sie zur Musterung
       lädt. Von den Gemusterten muss wiederum nur ein kleiner Teil dann
       tatsächlich den Dienst antreten.
       
       Ein Hintergrund seiner Überlegungen ist, dass die sogenannte
       Personaloffensive der Bundeswehr in den vergangenen Jahren nicht
       vorangekommen ist. „Die Bundeswehr altert und schrumpft“, hat die
       Wehrbeauftragte des Bundestags, [3][Eva Högl], vor Kurzem konstatiert. Im
       Augenblick verfügt die deutsche Armee über rund 181.500 Soldatinnen und
       Soldaten. An dem Ziel, bis 2031 die Bundeswehr auf 203.000 Männer und
       Frauen anwachsen zu lassen, halte er zwar fest, betonte Pistorius. Ob das
       jedoch realisierbar sei, hänge aber beispielsweise auch davon ab, ob die
       Wehrpflicht wieder eingeführt werde.
       
       Die jetzt vorgestellte Neuorganisation hat ihren Ausgangspunkt auf einer
       Bundeswehrtagung im vergangenen November, auf dem Pistorius unter der
       Überschrift „Kriegstüchtigkeit als Handlungsmaxime“ seine neuen
       verteidigungspolitischen Richtlinien ausgerufen hatte. Damals erteilte er
       Generalinspekteur Carsten Breuer und Staatssekretär Nils Hilmer den
       Auftrag, eine Arbeitsgruppe einzusetzen und Reformvorschläge auszuarbeiten.
       
       Diese hat sich der Minister nun weitgehend zu eigen gemacht. Dabei verwies
       er mit sichtlichem Stolz darauf, dass für die Ausarbeitung der Vorhaben auf
       teure Beraterverträge verzichtet, sondern ausschließlich die „Expertise des
       Hauses“ genutzt worden sei. Das war wohl auch als kleiner Seitenhieb auf
       seine Vorgänger:innen zu verstehen.
       
       4 Apr 2024
       
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