# taz.de -- Fehlende Milliarden des Bundes: Täglich grüßt das Haushaltsloch
       
       > Der Streit über die Finanzen für 2025 ist im vollen Gange. Um Geld fürs
       > Militär zu sichern, will Bundesfinanzminister Lindner beim Sozialen
       > sparen.
       
 (IMG) Bild: Bundeskanzler Olaf Scholz während eines Besuchs des Ausbildungsprogramms für ukrainische Soldaten vor einem deutschen Panzer
       
       BERLIN taz | Erst im Februar hat der Bundestag den Etat für dieses Jahr
       beschlossen. Doch schon gehen [1][die Verhandlungen] in die nächste Runde,
       denn Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bereitet den
       Bundeshaushalt für 2025 vor. Noch sollen in seinem Budgetentwurf
       zweistellige Milliardenbeträge fehlen, teilweise ist von 25 Milliarden
       Euro die Rede. Um die Art und Weise, wie diese Lücken gefüllt werden
       könnten, wird wohl noch die nächsten Monate gestritten.
       
       Eine Möglichkeit für die Regierung wäre, Ausgaben zu kürzen und Mittel aus
       einigen Bundesministerien in andere umzuverteilen. Wie schon für den
       Haushalt 2024 werden SPD, Grüne und FDP wohl auch für 2025 diesen Weg
       gehen. Denn die andere Variante – höhere Einnahmen – funktioniert
       vermutlich nicht. Dazu ist das Wirtschaftswachstum zu gering. Und sowohl
       größere Steuererhöhungen als auch umfangreichere Schulden schließt Lindner
       aus.
       
       Als einen Ort, wo ein paar Milliarden Euro zu holen sein könnten,
       betrachtet der FDP-Finanzminister [2][den Etat von Bundesarbeitsminister
       Hubertus Heil (SPD)]. Die Regierung müsse die „Sozialsysteme nachhaltig
       aufstellen“, sagte Lindner kürzlich. So sollten zum Beispiel die Ausgaben
       für Langzeitarbeitslose gedrückt werden, indem man sie wieder verpflichte,
       auch unattraktive Jobs anzunehmen.
       
       Tatsächlich ist das Budget des Arbeits- und Sozialministers das größte des
       gesamten Haushaltes. In diesem Jahr stehen Hubertus Heil 176 von 477
       Milliarden Euro zur Verfügung, ein gutes Drittel. Der wesentliche Teil
       davon (rund 130 Milliarden Euro) wird für die Renten und die Grundsicherung
       im Alter ausgegeben. Weitere rund 47 Milliarden Euro fließen in das
       Bürgergeld und ähnliche Leistungen. Diese Ausgaben kann man aber nicht
       einfach kürzen: Teils beruhen sie auf Ansprüchen, die die Rentner während
       ihrer Arbeitsleben erworben haben, teils sichern sie das unbedingt nötige
       Existenzminimum armer Menschen ab. Umfangreiche Kürzungen im Sozialetat
       mag man sich wünschen, realistisch sind sie nicht.
       
       ## 80 Milliarden Euro jährlich fürs Militär?
       
       So rücken neue Sozialleistungen in den Fokus. Auf Initiative unter anderem
       der grünen Familienministerin Lisa Paus will die Regierungskoalition
       eigentlich die Kindergrundsicherung einführen, die 2025 erstmals rund 2,4
       Milliarden Euro zusätzlich kosten soll. Die FDP bemängelt jedoch, dass
       5.000 neue Verwaltungsstellen geschaffen würden, um das Geld auszuzahlen.
       Denkbar erscheint deshalb, dass sich das Vorhaben verzögert, was weniger
       Ausgaben im Bundeshaushalt 2025 bedeutete.
       
       Für die Bundeswehr stehen dieses Jahr 52 Milliarden Euro im Haushaltsplan,
       rund 11 Prozent aller Ausgaben. Hinzu können einige Milliarden Euro aus dem
       Sondervermögen kommen, das der Bundestag 2022 wegen des russischen Angriffs
       auf die Ukraine einrichtete. Soweit aus der Koalition zu hören ist, soll
       diese Summe 2025 nicht sinken – allerdings auch nicht steigen, was sich
       angesichts der militärischen Schwäche der Ukraine als problematisch
       erweisen könnte.
       
       Um das Nato-Ziel – 2 Prozent Militärausgaben im Verhältnis zum
       Bruttoinlandsprodukt (BIP) – auch ab 2028 einzuhalten, müsste der
       Verteidigungshaushalt auf über 80 Milliarden Euro jährlich steigen, zumal
       das Sondervermögen dann aufgebraucht sein wird. Um das wenigstens teilweise
       zu finanzieren, schlägt Lindner vor, die dann fällige Tilgung der ab 2020
       aufgenommenen Coronaschulden hinauszuschieben. Das sei machbar, so
       Lindner, wenn die Staatsverschuldung bis dahin wieder unter 60 Prozent des
       BIP gesunken sei. Diese Logik bedeutet: Weiterhin Sparen, keine neuen
       Sozialausgaben, Militär ist wichtiger.
       
       Vor diesem Hintergrund erscheint es widersinnig, wenn Finanzminister
       Lindner außerdem noch [3][Steuersenkungen in Aussicht stellt], die die
       Einnahmen verringern, die Lücke zu den Ausgaben also vergrößern. Er
       plädiert für einen höheren Grundfreibetrag in der Einkommensteuer. Und er
       möchte er die Steuersätze insgesamt so anpassen, dass auch alle anderen
       Beschäftigten weniger zahlen.
       
       Lässt sich das noch verhindern? Bis Mitte April sollen die Ministerien
       eigene Sparvorschläge bei Lindner einreichen. Um allzu viel Aufregung zu
       vermeiden, wird es aber wohl bis zu den Europawahlen Anfang Juni keine
       Entscheidung geben. Diese könnte in Spitzengesprächen zwischen Kanzler Olaf
       Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Lindner vor der
       Sommerpause des Bundestages fallen.
       
       3 Apr 2024
       
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