# taz.de -- Absage an Israels Pavillon in Venedig: Eine Geste der Solidarität
       
       > Die Künstlerin Ruth Patir sollte bei der Biennale Venedig Israels
       > Pavillon bespielen. Sie macht einen Waffenstillstand im Gazakrieg zur
       > Voraussetzung.
       
 (IMG) Bild: Vor dem geschlossenen israelischen Pavillon auf der Biennale in Venedig
       
       VENEDIG dpa | Der israelische Pavillon bei der Kunstbiennale in Venedig
       öffnet nach Angaben der ausstellenden Künstlerin nicht wie geplant. Die
       Künstlerin und Kuratoren des Pavillons würden die Ausstellung eröffnen,
       wenn eine Vereinbarung über einen Waffenstillstand im Gazakrieg und die
       Freilassung der von der islamistischen Hamas festgehaltenen Geiseln
       erreicht sei, hieß es am Dienstag auf der Webseite der israelischen
       Künstlerin Ruth Patir.
       
       Die US-amerikanische Zeitung New York Times berichtete, dass die
       Entscheidung auch auf einem Schild vor dem geschlossenen Pavillon
       mitgeteilt worden sei.
       
       Die [1][Kunstbiennale in Venedig] wird am Samstag eröffnet. Am Dienstag
       sollten Pressevertreter Einblicke in die Pavillons der Länder erhalten. Die
       Biennale gilt neben der documenta in Kassel als wichtigste Präsentation
       zeitgenössischer Kunst.
       
       „Die Entscheidung der Künstlerin und der Kuratoren besteht nicht darin,
       sich selbst oder die Ausstellung abzusagen, sondern sich mit den Familien
       der Geiseln und der großen Gemeinschaft in Israel, die einen Wandel
       fordert, zu solidarisieren“, hieß es in der Mitteilung auf Patirs Webseite
       weiter. „Ich hasse es, aber ich denke, es ist wichtig“, zitierte die New
       York Times Patir.
       
       ## Nicht die Zeit für Kunst
       
       Sie habe das Gefühl, dass gerade nicht die Zeit für Kunst sei, und sie
       müsse daran glauben, dass sie zurückkehren werde, schrieb Patir kurz
       nachdem bekannt wurde, dass der Pavillon nicht öffnet, in einer
       Instagram-Story. „Und wenn mir eine so bemerkenswerte Bühne geboten wird,
       dann möchte ich sie nutzen.“ Deshalb habe sie beschlossen, den Pavillon
       erst zu eröffnen, wenn es einen Waffenstillstand gibt und die Geiseln aus
       Gaza freigelassen werden. „Das war unsere Entscheidung, und wir stehen
       dazu“, so Patir weiter.
       
       Sie lehne einen kulturellen Boykott ab. Aber: „Ich ziehe es vor, meine
       Stimme mit denen zu erheben, die ich in ihrem Schrei unterstütze:
       Waffenstillstand jetzt, bringt die Menschen aus der Gefangenschaft zurück.
       Wir können es nicht mehr ertragen.“
       
       Kuratorin Tamar Margalit sagte der New York Times, dass Besucherinnen und
       Besucher eine von Patirs Videoarbeiten durch Fenster des geschlossenen
       Pavillons sehen könnten. Die Eröffnung des israelischen Pavillons bei der
       diesjährigen Kunstbiennale war bereits im Vorfeld mit Spannung erwartet
       worden. Wie viele andere kulturelle Veranstaltungen wurde die Kunstbiennale
       im Vorfeld vom Gazakrieg überschattet.
       
       ## Petition war vorausgegangen
       
       Tausende Menschen, unter ihnen viele Künstler, hatten bereits [2][Ende
       Februar in einer Petition den Ausschluss Israels von der diesjährigen
       Kunstbiennale gefordert]. Es sei inakzeptabel, Kunst aus einem Staat zu
       präsentieren, der gegenwärtig Gräueltaten gegen die Palästinenser in Gaza
       ausführe, hieß es damals in einem online veröffentlichten offenen Brief der
       sogenannten Art Not Genocide Alliance (ANGA). Sie werfen Israel Völkermord
       vor. Nach Angaben der Aktivistengruppe haben inzwischen mehr als 23.000
       Menschen unterschrieben.
       
       Bei dem Massaker der palästinensischen Terrororganisation Hamas und anderer
       Gruppen am 7. Oktober in Israel sind mehr als 1.200 Menschen getötet
       worden. Es wurden zudem zahlreiche Menschen aus Israel als Geiseln in den
       Gazastreifen verschleppt. Noch immer werden 133 Menschen dort festgehalten,
       von denen vermutlich nur noch ein Teil am Leben ist. Israel reagierte mit
       massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Angesichts der hohen Zahl
       ziviler Opfer und der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen steht
       Israel international – auch bei engen Partnern – immer stärker in der
       Kritik.
       
       16 Apr 2024
       
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