# taz.de -- Tierschutzgesetz der Ampelregierung: Mehr Rinderschutz in 10 Jahren
       
       > Die schmerzhafte Anbindehaltung von Rindern soll verboten werden, aber
       > nicht sehr bald. Ein Gesetzentwurf sieht weitreichende Ausnahmen vor.
       
 (IMG) Bild: Anbindehaltung in einem Stall im Schwarzwald
       
       BERLIN taz | Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der
       in 10 Jahren verbieten soll, Rinder ganzjährig zu fixieren. Höfe mit
       höchstens 50 über sechs Monate alten [1][Tieren] ist diese „Anbindehaltung“
       demnach nur noch erlaubt, wenn die Rinder während der Weidesaison auf die
       Weide und außerhalb dieser Zeit zwei Mal pro Woche Zugang zu einem
       Freigelände haben. Zudem sollen Kälbern die Hornanlagen nur noch unter
       Betäubung ausgebrannt werden dürfen.
       
       Schlachthöfe müssen nach der von Agrarminister Cem Özdemir (Grüne)
       vorgeschlagenen Reform des Tierschutzgesetzes zum Beispiel die Betäubung
       des Viehs auf Video aufzeichnen, damit Behörden Verstöße leichter verfolgen
       können. Das Kabinett der Ampelkoalition nahm die Vorlage am Freitag im
       Umlaufverfahren an.
       
       2020 wurden nach einer Auswertung des bundeseigenen
       Thünen-Agrarforschungsinstituts [2][10 Prozent aller Rinder] im Stall etwa
       durch einen Metallrahmen oder eine Kette am Hals fixiert – und zwar meist
       das ganze Jahr über. „Dies führt bei den betroffenen Tieren zu erheblichen
       Schmerzen, Leiden und/oder Schäden“, so das Agrarministerium. Die rund
       28.300 Höfe mit dieser Haltungsform waren im Schnitt deutlich kleiner als
       Betriebe mit Laufställen.
       
       „Anbindehaltung ist Tierqual. Es ist unerklärlich, dass
       Bundestierschutzminister Özdemir aus eigener Motivation – entgegen
       wissenschaftlicher Erkenntnisse und trotz einschlägiger Gerichtsurteile –
       das Leid der Rinder für ewig festschreiben will“, kritisierte der Präsident
       des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Özdemir rechtfertigte
       seinen Vorschlag damit, dass bei einem völligen Verbot der Praxis viele
       Betriebe die Rinderhaltung aufgeben müssten, die „die wertvollen und
       [3][artenreichen Kulturlandschaften] in Süddeutschland mit den Bergbauern
       und Almen, Wiesen und Weiden“ erhalten würden.
       
       ## Bauernverband setzt auf das Parlament
       
       Auch die Tierschutzorganisation ProVieh forderte ein konsequenteres Verbot
       der Anbindehaltung. Sie lobte aber auch die verpflichtende Videoüberwachung
       in Schlachthöfen und dass die Regierung das schmerzhafte Kupieren der
       Ringelschwänze bei Ferkeln und das Enthornen von Kälbern strenger regeln
       will.
       
       Dem Bauernverband geht all das schon zu weit. „Ausgerechnet jetzt sollen
       den Landwirten mit dieser Novelle weitere nationale Sonderwege und
       bürokratische Lasten ohne Zusatznutzen für den Tierschutz aufgebürdet
       werden“, teilte die Organisation mit. „Wir setzen jetzt auf das
       parlamentarische Verfahren“.
       
       Diese Hoffnung der Agrarlobby könnte tatsächlich aufgehen. Denn die
       Erfahrung mit der Ampelkoalition zeigt, dass zum Beispiel die FDP im
       Bundestag regelmäßig Vorlagen der eigenen Regierung verwässert.
       
       24 May 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tiere/!t5014145
 (DIR) [2] https://www.thuenen.de/de/themenfelder/nutztierhaltung-und-aquakultur/nutztierhaltung-und-fleischproduktion-in-deutschland/anbindehaltung-in-der-rinderhaltung
 (DIR) [3] https://www.bmel.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/047-tierschutzgesetz.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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