# taz.de -- AfD schickt Prepper in Kreistag: Staatsgefährder wird Abgeordneter
       
       > Haik Jäger plante mit der Preppergruppe „Nordkreuz“ rechtsextreme
       > Massentötungen. Nun zieht er für die AfD in den Kreistag
       > Nordwestmecklenburg ein.
       
 (IMG) Bild: Steigbügelhalter für Rechtsextremisten: AfD-Mitglieder bei ihrem Landesparteitag im November 2023 in Neubrandenburg
       
       Einer der führenden Aktivisten der aufgeflogenen Preppergruppe „Nordkreuz“
       zieht in den Kreistag Nordwestmecklenburgs ein. Haik Jäger und seine
       Komplizen wollten am Tag X bereit sein für den Umsturz: Die Gruppe legte
       Feindeslisten an, hortete Leichensäcke und machte Schießübungen.
       
       Ermöglicht wurde Jägers Mandat durch den Erfolg der AfD bei den
       Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Landesweit wurde sie zur
       stärksten Kraft. Mit 25,6 Prozent liegt sie vor der CDU – ein Zuwachs von
       über elf Prozentpunkten. Im Landkreis Nordwestmecklenburg lag die
       Steigerung mit 13 Prozentpunkte etwas über dem Landesdurchschnitt. Die Zahl
       ihrer Mandate verdoppelte sich auf 16.
       
       Das frischgebackene Kreistagsmitglied Jäger ist kein Nobody. Er hat für den
       ehemaligen AfD-Landtagsabgeordneten Holger Arppe gearbeitet. Der
       Ex-Landessprecher war 2018 aus der Partei ausgeschlossen worden, nachdem
       2017 via taz und NDR [1][bekannt wurde], dass er in Chats mit
       Parteikollegen über die [2][Hinrichtung politischer Gegner] fantasiert
       hatte.
       
       Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags zum NSU hob
       ein Zeuge des Bundeskriminalamtes (BKA) die Rolle Jägers in der Gruppe
       Nordkreuz hervor. Er sagte aus, dass Jäger „als Polizeibeamter ohne
       dienstliche Veranlassung aus den Datenbanken der Polizei Informationen für
       die Feindeslisten von Nordkreuz gesammelt“ habe. Jäger soll über seinen
       Dienstcomputer illegal [3][Daten zu Asylrechtsanwälten, Flüchtlingsvereinen
       und engagierten Kommunalpolitikern] abgefragt haben. Eine Liste mit mehr
       als 5.000 Namen und Adressen von ausgemachten Feinden erstellte der des
       Anwalt Jan Hendrik Hammer für die Gruppe.
       
       Der BKA-Zeuge hatte von 2017 bis 2021 gegen Jäger ermittelt. Vor dem PUA
       bestätigte der Zeuge, dass er als Ermittler ebenso wie das BKA das
       Verfahren gegen Jäger und ein weiteres Mitglied der Gruppe wegen
       Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat habe weiterführen
       wollen. Der Generalbundesanwalt habe jedoch entschieden, das Verfahren zu
       beenden. Jäger wurde vom Dienst suspendiert und erhielt eine Geldstrafe.
       
       Die von Marko Gross gegründete [4][Gruppe „Nordkreuz“ war im Herbst 2017
       aufgeflogen]. Für sie stand der Feind links und Flüchtlinge waren eine
       Bedrohung. Gross fiel schon 2009 in der Polizei mit rechtsextremen
       Aktivitäten auf, ohne dass das dienstliche Folgen gehabt hätte. Bis zu 50
       Personen soll die Gruppe um den Beamten des Landeskriminalamtes (LKA)
       umfasst haben. Gemeinsam fuhren sie für Schießübungen nach Güstrow, zur
       Polizeischießanlage nach Plate oder zur Schießsportanlage des
       Reservistenverbandes in Hagenow.
       
       Bei den Razzien gegen die Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern war die
       regionale Polizei nicht eingebunden. Der Grund könnte gewesen sein, dass
       weitere „Nordkreuz“-Mitglieder bei der Polizei tätig waren. Die
       Ermittelnden fanden 55.300 Patronen, von denen 1.400 dem
       Kriegswaffenkontrollgesetz unterlagen. Sie stammen zum größeren Teil aus
       Beständen der Landespolizeien, der Bundespolizei und Bundeswehr, wie die
       taz 2020 recherchierte.
       
       Die AfD störte sich nicht an den Aktivitäten Jägers. Der Landesband um den
       Bundestagsabgeordneten Leif-Erik Holm berief den Ex-Kriminalkommissar Ende
       2017 in eine interne Arbeitsgruppe zum Thema Sicherheit. Die Vorwürfe waren
       zu der Zeit bereits bekannt. Im Januar 2018 bestimmte der Landesverband
       Jäger zum Vorsitzenden des Fachausschusses 5, „Innere Sicherheit, Justiz
       und Datenschutz“.
       
       Mit der Aufstellung Jägers zur Kommunalwahl habe die [5][AfD] deutlich
       gemacht, „dass sie keinerlei Berührungsängste mit dem rechtsextremen Rand
       der Gesellschaft hat“, findet Bernd Lange, Obmann der SPD-Fraktion im PUA.
       Die bundesweite Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz sei absolut
       gerechtfertigt. Der Landesverfassungsschutz sieht die AfD bisher selbst als
       „Verdachtsfall“.
       
       27 Jun 2024
       
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