# taz.de -- US-Präsident Biden im Wahlkampf: Wer sagt’s ihm?
       
       > Bis zum 5. August haben die Demokraten noch Zeit, den schwach
       > erscheinenden Präsidentschaftsbewerber Biden auszuwechseln. Finden sie
       > den Mut?
       
 (IMG) Bild: Joe Biden und First Lady Jill Biden bei einer Wahlkampfveranstaltung Ende Juni
       
       Noch am Abend des katastrophalen Auftritts von Joe Biden beim ersten live
       übertragenen TV-Duell mit Donald Trump am vergangenen Donnerstag hatte der
       kalifornische Gouverneur, der Demokrat Gavin Newsom, zur Geschlossenheit
       aufgerufen: „Wir müssen hinter diesem Präsidenten stehen. Sie wenden sich
       nicht wegen eines Auftritts ab. Was für eine Partei würde das tun?“
       
       „Vielleicht eine, die gewinnen will? Oder eine, die einen Kandidaten
       aufstellen will, von dem die amerikanische Bevölkerung glaubt, dass er dem
       Job gewachsen ist?“, schrieb zwei Tage später der
       [1][New-York-Times-Kolumnist Ezra Klein]. „Was für eine Partei würde jetzt
       einfach nichts tun?“, fragte er rhetorisch zurück.
       
       Wieder ein paar Tage später scheinen allerdings die US-Demokraten genau
       diese Partei zu sein. Da können Kommentatoren noch so betteln oder den
       ehemaligen Präsidenten Barack Obama anflehen, jetzt bitte Führungsstärke zu
       zeigen und seinen Einfluss auf Joe Biden zu nutzen, um ihn zum Abtreten zu
       bewegen. Zumindest öffentlich wird nur ein Treffen der Biden-Familie vom
       Wochenende bekannt, bei dem der Präsident sich der vollen Unterstützung
       seiner Liebsten versichert.
       
       Dazu manche Versuche, [2][die Bedeutung des TV-Auftritts herunterzuspielen]
       – eine verkorkste Nacht, kommt nicht wieder vor – und die Wahlchancen
       hochzuschreiben: In den Umfragen, heißt es aus der Biden-Kampagne, habe
       sich nicht viel geändert. Trump führte halt vorher auch schon deutlich.
       Eilig werden Sponsoren zu Videocalls zusammengerufen, laut Medienberichten
       konferierte Bidens Wahlkampfmanager Jen O’Maley Dillon am Montagabend mit
       500 zentralen Spendern, um sie zu beruhigen und im Anschluss Erfolgszahlen
       über ungebrochenen Zuspruch herausgeben zu können.
       
       ## Biden selbst muss den Weg freimachen
       
       Noch immer ist keine einzige prominente Stimme aus der Demokratischen
       Partei mit der Rückzugsforderung an Biden hervorgetreten. Dabei drängt die
       Zeit. Wenn die Demokratische Partei tatsächlich vorhaben sollte,
       Konsequenzen zu ziehen, dann muss sie das bald tun. Genauer: Dann muss bald
       jemand Joe Biden selbst davon überzeugen, dass es der einzige Weg ist. Denn
       nur, wenn er selbst den Weg freimacht, hätte der Demokratische
       Nominierungsparteitag, der am dem 19. August in Chicago beginnt, die
       Chance, mit dann freien Delegierten jemand anderen zu nominieren.
       
       Diejenigen, die da immer wieder genannt werden – der bereits erwähnte Gavin
       Newsom oder die Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, halten sich
       zurück. Whitmer selbst telefonierte stattdessen mit dem
       Biden-Wahlkampfteam, um zu versichern, dass sie es ganz abscheulich fände,
       dass ihr Name ständig genannt werde. Am Montag veröffentlichte sie ein
       Statement: „Ich bin eine stolze Unterstützerin von Joe Biden als unserem
       Kandidaten und ich stehe zu 100 Prozent hinter ihm, um Donald Trump zu
       besiegen.“
       
       Die Parteiorganisatoren erhöhen sogar den Zeitdruck. War eine Abstimmung
       unter allen Delegierten zur Wahl Joe Bidens per elektronischem Roll Call
       ursprünglich deshalb für den 5. August angesetzt worden, weil im wichtigen
       Bundesstaat Ohio zwei Tage später eine Frist zur Einschreibung von
       Kandidaten ablief, gebe es dafür nach einer Regeländerung eigentlich keinen
       Grund mehr. Aber die Parteispitze hält an dem Datum fest – noch weniger
       Zeit also, um sich auf eine Alternative zu Biden zu einigen, sollte er
       überhaupt zurücktreten.
       
       Solange niemand weiß, ob der Schritt erfolgt, will auch niemand vortreten.
       Erst in dem Moment, da Biden verkünden würde, aus gesundheitlichen Gründen
       müsse er leider seine Kandidatur zurückziehen, könnte voller Bedauern und
       in absoluter Loyalität jemand anbieten, in letzter Minute ins Rennen zu
       gehen – solange das nicht passiert, will niemand durch illoyale
       Übereifrigkeit seine Chancen verspielen, [3][wenigsten 2028 ganz vorne zu
       stehen].
       
       Und so rauscht eine mutlose Demokratische Partei in ein absehbares Desaster
       und findet einfach keinen Ausweg.
       
       2 Jul 2024
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.nytimes.com/2024/06/30/opinion/biden-debate-convention.html
 (DIR) [2] /US-Praesidentschaftswahlkampf/!6017648
 (DIR) [3] /Daniel-Benjamin-ueber-die-US-Demokratie/!6019075
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernd Pickert
       
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