# taz.de -- Die Stars der EM: Helden beim Antiheldenfußball
       
       > Noch gibt es ihn nicht, den neuen Star der Fußball-EM. Es gibt aber
       > einige Anwärter.
       
 (IMG) Bild: Der Maradonna der Türken? Arda Güler
       
       Starkult gibt es bei dieser Europameisterschaft schon. Nur wo sind die
       Spieler, deren Darbietungen herausragen? Ronaldo, der beste Torschütze der
       vergangenen Europameisterschaft, muss in diesen Tagen nur von den
       Stadionordnern in Manndeckung genommen werden, um die unzähligen
       Selfiejäger nicht zum Zuge kommen zu lassen. Ihm selbst fehlt es an
       Durchsetzungskraft. Er lebt vom Ruhm seiner Vergangenheit. Kylian Mbappé,
       der beste Torschütze der Weltmeisterschaft in Katar, traf lediglich vom
       Elfmeterpunkt und trägt das Handicap einer gebrochenen Nase mit sich herum.
       
       Zwei Elfer und einen weiteren Treffer erzielte der Georgier George
       Mikautadze und war damit nach der Vorrunde der beste Torschütze der EM. Ein
       schöner Trost für den Stürmer, der mit dem FC Metz gerade aus Frankreichs
       erster Liga abgestiegen ist. In Georgien wird ihm das sowieso keiner
       vergessen, weil damit der größte Erfolg der kleinen Fußballnation verbunden
       ist. Ins Gedächtnis der europäischen Fans hat er sich bislang nicht
       wirklich eingeschrieben.
       
       Jamal Musiala und İlkay Gündoğan vollbrachten auf deutscher Seite
       Außergewöhnliches, als das Team aber gegen die Schweiz in Schwierigkeiten
       kam, funktionierte nur das alte deutsche Schema F: Flanke, Füllkrug,
       Freudentor.
       
       Neben dem französischen Kader hätte der englische und belgische diverse
       Einzelkönner auf dem Sprung nach ganz oben aufzubieten. Aber weil deren
       Trainer individuellen Eigensinn, der das Teamergebnis gefährdet, offenbar
       unter Höchststrafe gestellt haben, unterscheiden sie sich kaum vom
       allgemeinen Fußballervolk.
       
       ## Spaniens 24
       
       Auffälligkeiten sind dennoch festzustellen. Der spanischen linken Seite mit
       Außenverteidiger Marc Cucurella und Außenstürmer Nico Williams gelang gegen
       Italien ein formidabler Auftritt. Über Cucurella, für den das erst sein
       sechstes Länderspiel war, schrieb die spanische Sportzeitung Marca: „Nach
       18 Spielen hat kein Spieler ein ähnliches oder besseres Spiel abgeliefert
       als Spaniens 24.“ Trotz aller Parteilichkeit ist das eine These, die sich
       gut begründen lässt. Die Verbindung aus Zweikampfstärke und präzisen
       raumöffnenden Zuspielen auf den trickreichen Williams hatte eine neue
       Qualität. Die Bewertung beschränkte sich allerdings auf diese einzelne
       Partie.
       
       Mit dem Italiener [1][Riccardo Calafiori] hat es ein weiterer Verteidiger
       geschafft, sich ins Gespräch zu bringen. Dank seines überlegten und
       ballsicheren Stils hat er sogar einen TV-Experten (Christoph Kramer) als
       Groupie dazugewonnen. Dass Defensivkräfte besonders gut punkten könnten,
       sagt einiges über die angreifende Fraktion aus.
       
       Eigentlich kommt es bei einem Länderturnier mehr als sonst auf die Einfälle
       und Momente von Einzelkönnern an, weil die Teams mangels Einübungszeit in
       der Offensive seltener kollektive Lösungen finden. Die besonderen Momente
       gab es schon, nur fehlte die Konstanz. Überragend war etwa die
       Schusstechnik des 19-jährigen [2][Arda Güler], als er im ersten Spiel die
       Türkei mit seinem linken Fuß aus der Distanz in Führung schoss. Der Hype um
       ihn, den die türkischen Fans auf den Tribünen massiv befeuerten, konnte er
       jedoch nicht gerecht werden. Wenig verwunderlich ist das, wirft man einen
       Blick auf seine magere Einsatzstatistik bei Real Madrid, die den türkischen
       Nationaltrainer Vincenzo Montella dazu bewog, auf seine Belastungssteuerung
       zu achten.
       
       Auf Dosierung der Einsätze achtet ebenso Spaniens Trainer Luis de la Fuente
       beim noch 16-jährigen [3][Lamine Yamal]. Ähnlich wie Güler wird er schon
       mit extremen Erwartungen überfrachtet. Die Sehnsucht nach den Stars bleibt
       groß, auch wenn etliche Teams Antiheldenfußball spielen lassen.
       
       Die herausragenden, denkwürdigen Momente entstehen allerdings selten in der
       langatmigen Gruppenphase. Selbst wenn sich bisher niemand aufgedrängt hat –
       vielleicht wird es noch den einen Spieler geben, den man besonders mit
       dieser Europameisterschaft im Gedächtnis behalten wird. Wenn es nämlich
       drauf ankommt.
       
       28 Jun 2024
       
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