# taz.de -- 75. Jubiläum der Nato: Ein bizarrer Grund zum Feiern
       
       > Die 75-Jahr-Feier der Nato mutet dieser Tage ahistorisch an. Die eigene
       > Vergangenheit und die drohende Zukunft verderben die Lust darauf.
       
 (IMG) Bild: in diesen Tagen wird das 75-jährige Bestehen des Nato-Militärbündnisses gefeiert
       
       Dieser Tage mutet es fast bizarr an, wenn euphorisch das 75-jährige
       [1][Bestehen des Nato-Militärbündnisses] gefeiert wird, mit
       staatsmännischen Reden, vollmundigen Solibekundungen und abgerundet mit
       Schokoladentorte. Vergessen sind das Bombardement in Jugoslawien, der
       umstrittene Einsatz in Afghanistan, das Säbelrasseln über Jahrzehnte
       hinweg. Von 75 Jahren [2][Frieden] wird gefaselt – und von sich wieder
       aufbäumender Abschreckung.
       
       Ein bisschen Selbstreflexion wäre schön. Natürlich, spätestens seit Februar
       2022 ist klar: Es herrscht wieder Krieg in Europa. Der russische
       Imperialismus greift um sich, hinterlässt Tote, Verletzte und zerstörte
       Infrastruktur in der Ukraine. Die meisten Vertreter:innen der 32
       Nato-Mitglieder rühmen sich mit Kriegsrhetorik und salbungsvollen Zusagen,
       Luftabwehrsysteme und Munition zu liefern. Die Nato ist eben kein
       Friedensbündnis, sondern eine Kriegsallianz.
       
       Noch-Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bemüht sich derweil um
       Einigkeit. Doch es dräut eine Lage, auf die das Bündnis nicht vorbereitet
       zu sein scheint. Wird Donald Trump erneut US-Präsident – und diese
       Horrorvorstellung ist leider nicht abwegig –, bröckelt auch das Bündnis,
       denn die USA sind der wichtigste Partner. Obwohl die europäische Flanke mit
       Schweden und Finnland Verstärkung bekommen hat, wird eine Abkehr der USA
       zum Fiasko werden.
       
       ## Machtdynamiken im Wandel
       
       Alte – und liebgewonnene – Verhältnisse und Annahmen innerhalb des
       Bündnisses werden hart auf die Probe gestellt. Die baltischen Staaten und
       die osteuropäischen Länder mucken auf, wollen mehr Einfluss, gar hohe
       Posten. Zuletzt brachte sich die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas
       als Nachfolgerin Stoltenbergs ins Spiel – und zog wieder zurück. Denn für
       die USA und Großbritannien ist der Niederländer Mark Rutte der Favorit.
       
       Die Bestrebungen aus dem Osten sind wenig überraschend, ist der russische
       Aggressor doch direkter Nachbar. Im Fall eines Angriffs werden enge
       Verbündete und Fürsprecher im Bündnis gebraucht, die im Zweifel mit
       bilateralen Initiativen unterstützen, bis sich der schwerfällige
       Gesamtapparat auf eine Haltung einigt. Bestes Beispiel ist die
       Ukrainehilfe.
       
       Mit dem Nato-Ukraine-Rat wurde zwar ein Gremium geschaffen, das
       Waffenlieferungen und ein mögliches Ende des Krieges in den Blick nehmen
       soll. Doch neben dem Ramstein-Format oder dem wiederauferstandenen Weimarer
       Dreieck geht der Rat schlicht unter. In [3][Kriegszeiten] ist nicht daran
       zu denken, dass die Nato bedeutungslos wird. Um aber tatsächlich Gewicht zu
       bekommen, braucht es Reformen, schlankere Strukturen und ein Gleichgewicht
       unter den Partnern. Die Ukraine ist der Testball für das Bündnis der
       Zukunft.
       
       6 Apr 2024
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tanja Tricarico
       
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