# taz.de -- Abgeschoben aus den USA: Zurück nach Honduras
       
       > Zu Zehntausenden werden Honduraner aus den USA und Mexiko in die Heimat
       > abgeschoben. Die Dinge, vor denen sie geflohen waren, sind unverändert
       
 (IMG) Bild: Praktisch: Aufnahmezentrum für Abgeschobene mit Bahnanschluss
       
       TEGUCIGALPA/SAN PEDRO taz | Der Schreibtisch von Schwester Lidia Mara Silva
       da Souza steht verwaist in einer Ecke des Büroraums. Neben dem Tisch, auf
       dem ein paar Akten liegen, ist ein Transparent mit dem Slogan des
       bischöflichen Hilfsprogramms für Migranten zu sehen. „Ich war Migrant und
       du hast mich aufgenommen“ steht auf dem Plakat mit dem Logo der
       honduranischen Bischofskonferenz.
       
       „Ich bin meist unterwegs. Hier am Schreibtisch habe ich nur selten zu tun“,
       sagt eine Stimme aus dem Hintergrund. Die Nonne des Scalabrini-Ordens hat
       den Raum durch eine Seitentür betreten. Ihr Orden ist von der Regierung mit
       der Leitung des Zentrum für Rückkehrer in San Pedro Sula betraut, kümmert
       sich aber auch um Familien, die aus den USA nach Tegucigalpa abgeschoben
       werden.
       
       Obendrein unterhält er ein Programm für Abgeschobene mit Behinderung, und
       Schwester Lidia, eine mittelgroße Frau von Mitte dreißig mit rundem
       Gesicht, koordiniert die Arbeit.
       
       „Ich pendle zwischen San Pedro Sula, wo das Gros der Abgeschobenen aus der
       USA landet, und Tegucigalpa. Hin und wieder bin ich auch am Grenzübergang
       Agua Caliente bei den Kollegen vom Roten Kreuz“, erklärt die quirlige
       Ordensfrau. Dort im Norden kommen die aus Mexiko abgeschobenen Honduraner
       an und dort hat die Regierung ein Aufnahmezentrum eingerichtet.
       
       ## 100.000 raus – 75.000 rein
       
       Abschiebung ist Teil der Realität in Honduras, das im Jahresschnitt mehr
       als 100.000 Menschen verlassen – Tendenz steigend. „Parallel dazu gehen
       auch die Abschiebezahlen hoch“, so Schwester Lidia. 75.279 Honduraner*innen
       wurden im Jahr 2018 in den drei Aufnahmezentren in Empfang genommen.
       
       In San Pedro Sula, der Industriemetropole des Landes, landet täglich
       mindestens eine Maschine aus den USA mit 80 bis 110 abgeschobenen
       Migrant*innen. Das Logo der United States Immigration and Customs
       Enforcement (ICE) findet sich auf den Flugzeugen, die die Rückkehrer zu Fuß
       in Richtung Aufnahmeeinrichtung verlassen, in einem separaten Teil des
       Fluggeländes.
       
       Medizinische und psychologische Hilfe bieten die Schwestern neben dem
       obligatorischen Sandwich und der Flasche Wasser an. Parallel dazu versorgen
       die Behörden die Rückkehrer*innen mit Dokumenten, schildert die Ordensfrau
       das Procedere. „Viel mehr ist nicht drin, denn die Perspektiven für die
       unfreiwilligen Rückkehrer*innen sind alles andere als rosig.“
       
       ## Für Bauern gibt es nichts
       
       Arbeitslosigkeit und die Gewalt der Jugendbanden, der Maras, denen korrupte
       und hochgerüstete Sicherheitskräfte gegenüberstehen, prägen das Leben in
       den großen Städten. „In den ländlichen Regionen fehlt hingegen eine
       Förderpolitik für kleinbäuerliche Landwirtschaft. Deshalb kehren viele
       gleich wieder um“, schildert die Ordensfrau ihre Erfahrungen.
       
       Dazu komme, dass die Schlepper für die einmalige Zahlung von 7.000 bis
       12.000 US-Dollar den Migrant*innen drei Versuche zubilligen, um in die USA
       zu kommen. „Jede und jeder, die oder den wir davon abhalten können, ist ein
       Erfolg für uns“, sagt die Ordensfrau.
       
       Wirklich helfen können die Schwestern nur denjenigen, die mit schweren
       Verletzungen zurückkehren, so wie Héctor Edgardo Pérez. Mit zwei Krücken
       und einer Prothese ist er aus Mexiko gekommen. Pérez, 37 Jahre alt und
       Straßenverkäufer von Handy-Equipment in Tegucigalpa, ist Initiator der
       ersten Fußballmannschaft von versehrten Migranten, die das Logo
       „ConAmiredis“ auf den Shirts tragen. So heißt das Programm der
       Scalabrini-Schwestern für abgeschobene Migrant*innen mit Behinderungen.
       
       ## Kleinkredite aus Spenden
       
       Das kann dank internationaler Spenden unter anderem von „Brot für die
       Welt“, helfen. Pérez hat mit einem Kleinkredit seinen Verkaufsstand vor
       einer Mall in Tegucigalpa aufmachen können, wo er vom Adapter über
       Speicherkarten bis zu Schutzhüllen und externen Akkus alles für Handys
       anbietet.
       
       „Damit komme ich über die Runden“, so der stämmige Mann, der regelmäßig am
       Bischofssitz vorbeikommt. „Jedes Jahr sind es einige Dutzend, die mit einem
       Bein oder einen Arm weniger zurückkommen. So wie ich“, sagt Pérez. Er
       verlor sein linkes Bein, als er in Mexiko vom Zug rutschte.
       
       Doch dem Gros der Rückkehrer*innen können die Schwestern kaum mehr bieten
       als etwas seelischen Beistand. Dazu brauche es strukturelle Reformen in
       Honduras, meint die Ordensfrau. An ihrer Miene ist abzulesen, dass sie da
       wenig Hoffnung hat.
       
       6 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Knut Henkel
       
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