# taz.de -- Abstimmung Sondervermögen Bundeswehr: Bundeswehr kann tüchtig aufrüsten
       
       > Der Bundestag verankert einen 100-Milliarden-Fonds für die Bundeswehr im
       > Grundgesetz. Diese Aufrüstung sei Wahnsinn, meint die Linke.
       
 (IMG) Bild: Protest vor dem Bundestag gegen „Geldregen für Waffen und Militärausgaben“ am Tag der Abstimmung
       
       BERLIN taz | Den Abgeordneten des Bundestags ging es nach der langen
       Haushaltswoche wohl wie Schüler:innen vor den Pfingstferien. Als
       Finanzminister Christian Lindner, FDP, die „historische“
       Grundgesetzänderung ankündigte, musste ihn Aydan Özoğuz für einen
       Ordnungsruf unterbrechen: „Dies ist eine wirklich wichtige Debatte“,
       appellierte die Bundestagspräsidentin an die schwatzenden
       Parlamentarier:innen.
       
       Recht hatte sie. Um die Bundeswehr zu ertüchtigen, werden zusätzlich 100
       Milliarden Euro neue Schulden aufgenommen. Damit dies trotz
       grundgesetzlicher Schuldenbremse möglich ist, beschloss der Bundestag mit
       567 Stimmen am Freitag eine Grundgesetzänderung. Die nötigen Stimmen für
       die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit, die bei 491 liegt, steuerte die
       Union bei. Zusammen kommen die Fraktionen der Ampel aus SPD, Grünen und FDP
       und die Unionsfraktion auf 613 Sitze. Etliche Abgeordnete von ihnen
       stimmten also auch dagegen oder enthielten sich.
       
       In einer zweiten Abstimmung über das „Bundeswehrsondervermögensgesetz“
       konkretisierten die Abgeordneten, wie und wofür das Geld ausgegeben wird.
       Auch dieses Gesetz zur Einrichtung des Sondertopfes passierte den Bundestag
       mit 593 Ja-Stimmen. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, SPD,
       versprach, nun sei Schluss mit der Mangelverwaltung, jede Soldat:in
       bekomme nun die nötige Ausrüstung. Der Großteil des Geldes soll allerdings
       in Rüstungsprojekte fließen, in Kampfflugzeuge, Kampfpanzer und
       Kampfschiffe.
       
       ## Sondervermögen nur für Bundeswehr
       
       Das Sondervermögen – korrekt Sonderschulden – hatte Bundeskanzler Olaf
       Scholz in einem Atemzug [1][mit der Zeitenwende] nach dem russischen
       Überfall auf die Ukraine angekündigt. Drei Monate lang rangen Ampel und
       Union um die Details. Dabei konnte sich die Union unterstützt von SPD und
       FDP damit durchsetzen, dass die 100 Milliarden ausschließlich der
       Bundeswehr zugutekommen. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der
       Unionsfraktion Mathias Middelberg lobte das „sehr gute Ergebnis“ und hob
       hervor, dass die Mittel jetzt vollumfänglich der Bundeswehr und nicht
       „irgendwelchen Sicherheitsaufgaben“ zur Verfügung stünden.
       
       Die Grünen wollten eigentlich auch ein paar Milliarden für die Abwehr von
       Cyberangriffen und den Zivilschutz abzweigen. Dafür wird jetzt eine eigene
       Strategie erarbeitet, die Ausgaben müssen aus dem regulären Haushalt
       bestritten werden. Nicht wenige Grüne haben deshalb Bauchschmerzen, einige
       machten sie öffentlich. Da die zivile Krisenprävention nun über den
       Bundeshaushalt finanziert werden müsse, „besteht die große Gefahr, dass das
       zulasten wichtiger Maßnahmen für soziale Gerechtigkeit geht“, schreibt etwa
       der sozialpolitische Sprecher der Grünen Wolfgang Strengmann-Kuhn in einer
       Erklärung. Er stimmte gegen Verfassungsänderung und Bundeswehrgesetz. Genau
       wie die Juso-Vorsitzende und SPD-Abgeordnete Jessica Rosenthal.
       
       Die Union konnte sich aber nicht mit der Forderung durchsetzen, dass im
       Grundgesetz festgeschrieben wird, nun jedes Jahr zwei Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts in den Verteidigungsetat zu stecken. Stattdessen
       heißt es im Gesetz jetzt nur noch verschwiemelt, dass auch nach dem
       Verbrauch der 100 Milliarden die finanziellen Mittel bereitgestellt werden
       müssten, um die Nato-Fähigkeitsziele zu erreichen.
       
       Linkspartei und AfD stimmten gegen das Sondervermögen und die
       Grundgesetzänderung. Die AfD, weil sie die Grundgesetzänderung für unnötig
       hält, um die Bundeswehr auszustatten. Die Linke aus „staatspolitischer
       Verantwortung“, wie Fraktionschef Dietmar Bartsch betonte. [2][Aufrüstung
       sei der Wahnsinn].
       
       3 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Anna Lehmann
       
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