# taz.de -- Aktionwoche von „Ende Gelände“ in Hamburg: Sabotage ist erlaubt
       
       > Klimaaktivist*innen fordern den sofortigen Erdgasausstieg. Im
       > Visier der Hamburger Aktionswoche: Hafen und LNG-Terminals.
       
 (IMG) Bild: Rund 2.000 Menschen demonstrieren am Mittwochabend in Hamburg gegen den Bau von LNG-Terminals
       
       HAMBURG taz | Am frühen Morgen stehen etwa 40 Personen vor dem Tor einer
       der größten europäischen Kunstdüngemittelfabriken, der Firma Yara in
       Brunsbüttel. Laut den Klimaaktivist*innen verbraucht das Werk ein
       Prozent des deutschen Gases. „Bei Yara fährt heute nix durch die
       Werkstore“, schreiben sie auf ihrem Twitter-Kanal. Um zwölf Uhr zieht die
       Gruppe dann ab. Die Aktionstage des Klimabündnisses Ende Gelände in Hamburg
       haben begonnen.
       
       Die Klimagerechtigsbewegung hat ein neues Ziel: Nach dem beschlossenen
       Atom- und Kohleausstieg, soll nun der Gasausstieg forciert werden. Im Fokus
       der Aktivist*innen steht das zweite Jahr in Folge „LNG“, also
       Flüssiggas. Um es in das bestehende Versorgungssystem einzuspeisen, sollen
       an verschiedenen Orten in Norddeutschland bis zu zwölf LNG-Terminals gebaut
       werden. Die Bundesregierung erhofft sich durch LNG einen Ausweg aus
       befürchteten Gasversorgungsengpässen aufgrund der Ukrainekrise.
       
       Charly Dietz, Sprecherin des Bündnisses Ende Gelände, sagt, der Neubau
       fossiler Infrastruktur sei ein Verbrechen, denn Gas sei noch viel
       klimaschädlicher als Kohle. „Statt aus Gas auszusteigen, werden Millionen
       in Gasinfrastruktur investiert und ein Import bis 2043 vorgeschrieben“,
       kritisiert Dietz. Deswegen planen die Aktivist*innen LNG-Infrastruktur
       zu blockieren. Zum ersten Mal sollen die Anlagen auch über die Präsenz der
       Aktivist*innen hinaus außer Betrieb genommen werden, heißt es im
       Aktionskonsens von Ende Gelände. Das bedeutet, es könnte zu
       Sachbeschädigungen kommen.
       
       Neu ist in diesem Jahr auch, dass [1][der Hamburger Hafen in den Fokus der
       Klimaaktivist*innen] gerückt ist. Die Sprecherin des kommunistischen
       „ums Ganze!“-Bündnis, Liv Roth kündigte an, die Aktivist*innen planten,
       mit ihren Körpern Straßen und Versorgungswege des Hafens zu blockieren. Der
       Hafen stehe für ein System, in dem die Wirtschaft über die Lebensgrundlage
       der Menschen gestellt werde.
       
       ## Umweltkämpfe in Südamerika
       
       „Die ungebremste Ausbeutung von Natur und Menschen gewährleistet die
       Logistik, die Ader des Kapitalismus“, so Roth. Dafür stehe der Hamburger
       Hafen. Das Bündnis „ums Ganze!“ beteilige sich an den Aktionen, um den
       unauflösbaren Zusammenhang von Klimakrise und Kapitalismus „anzugreifen“.
       Der Kapitalismus sei bei endlichen Ressourcen auf unendliches Wachstum
       angewiesen.
       
       Insbesondere Perspektiven aus dem globalen Süden wollen die
       Aktivist*innen noch stärker in ihre Aktionen einbeziehen. „Wir möchten
       die Umweltkämpfe in Südamerika hier in Deutschland sichtbar machen“, sagte
       Init Amaguaña von der Gruppe Abya Yala Anticolonial bei der Pressekonferenz
       im „System Change Camp“ am Donnerstagvormittag. Abya Yala ist die
       Bezeichnung der indigenen Gruppe der Kuna für den amerikanischen Kontinent
       vor der Kolonialisierung. „Die Wirtschaft in Abya Yala basiert auf der
       Ausbeutung natürlicher Ressourcen, die in den globalen Norden exportiert
       werden“, sagt Amaguaña.
       
       Ein Beispiel für ein fossiles Unternehmen aus Europa, das in Südamerika
       Ressourcen ausbeute, nennt Esteban Servat, ein Anti-Fracking-Aktivist aus
       Argentinien. Er berichtet von der Beteiligung des deutschen Gas- und
       Ölförderunternehmens Wintershall DEA an Fracking-Aktivitäten an der
       argentinischen Ölschiefer-Lagerstätte Vaca Muerta. Seitdem das Fracking
       angefangen hat, sei der Anteil der Leukämieerkrankten im Umkreis dreimal so
       hoch wie der nationale Durchschnitt, schildert Servat.
       
       Das System Change Camp am nördlichen Ende des Altonaer Volksparks läuft
       seit Dienstag und soll bis Anfang nächster Woche dauern. Eigentlich war es
       in der Innenstadt geplant. [2][Die Versammlungsbehörde versuchte Schlafen
       und Essen zu verbieten.] Das Hamburger Verwaltungsgericht kippte dies und
       das Camp wurde in den kleineren Altonaer Volkspark verlegt.
       
       Um die 40 Gruppen aus dem gesamten Spektrum der Klimabewegung sind an der
       Organisation beteiligt. In verschiedenen Zelten gibt es Vorträge und
       Workshops. Bis zu 6.000 Teilnehmer*innen erwarten die
       Organisator*innen. An einer Auftaktdemonstration am Mittwochabend durch die
       Hamburger Innenstadt beteiligten sich etwa 2.000 Personen. Wann die
       angekündigten Massenaktionen stattfinden sollen, wollten die
       Pressesprecher*innen noch nicht verraten.
       
       11 Aug 2022
       
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