# taz.de -- Anschlag von Hanau: Aufklärung nicht in Sicht
       
       > Seit drei Jahren geht es in Hanau mit der Klärung kaum voran. Und: Der
       > rassistische Terror ist nicht vorbei – denn da ist noch der Vater des
       > Täters.
       
 (IMG) Bild: Ein Porträt des getöteten Sedat Gürbüz in Hanau
       
       „Der Friedhof ist meine Wohnung geworden“, erzählt Emiş Gürbüz. Sie ist die
       Mutter von Sedat Gürbüz. Ihr Sohn ist [1][eines der neun Opfer] des
       rassistischen Terrors von Hanau vor drei Jahren.
       
       Sedat gehörte die Shishabar Midnight, einer der Tatorte. Über 1.070 Tage
       hat sie gezählt, seit ihr Sohn nicht mehr bei ihr ist, sagt Emiş Gürbüz bei
       der Eröffnung der Ausstellung zum Anschlag im Hanauer Rathaus (läuft noch
       bis 18. März). Auf dem Friedhof spreche sie mit ihrem Sohn, erzähle ihm von
       den Jahreszeiten. Manchmal streite sie sich mit Sedat, weil er sie
       alleingelassen habe.
       
       Drei Jahre, über 1.070 Tage später, geht es [2][mit der Klärung offener
       Fragen] nur schleppend voran, wenn überhaupt. Aufgeklärt werden muss die
       „Kette des Versagens“, wie die Hinterbliebenen offene Fragen im Kontext der
       Tat nennen. Die Kette ist lang und Polizei und Justiz sind ihre Glieder.
       Fragen wie die nach dem nicht erreichbaren Notruf und dem verschlossenen
       Notausgang an einem der Tatorte sind hinlänglich bekannt.
       
       Zuletzt hat der Generalbundesanwalt gemauert, als er unter anderem die
       Aufnahmen eines Polizeihubschraubers als geheim einstuft. Sie seien im
       Hanauer Untersuchungsausschuss nicht bewertbar. Doch die Aufnahmen waren zu
       dem Zeitpunkt bereits für alle öffentlich im Internet zugänglich. Das
       Bundesverwaltungsgericht gab am Montag bekannt, dass der
       Generalbundesanwalt die Akten zum Anschlag weitgehend ungeschwärzt an den
       Untersuchungsausschuss übergeben muss.
       
       ## Kette des Versagens
       
       Ein weiteres Glied [3][in der Kette des Versagens] ist auch der unhaltbare
       Umstand, dass der Vater des Täters seit drei Monaten trotz gerichtlich
       erwirktem Näherungsverbot, Serpil Temiz, der Mutter des getöteten Ferhat
       Unvar, auflauert. Hier muss dringend die Sicherheit der Angehörigen
       gewährleistet werden.
       
       Ich frage mich, weshalb die Aufklärung den Hinterbliebenen und Überlebenden
       so schwer gemacht wird. Unlängst haben sie sich mit den Hinterbliebenen von
       Oury Jalloh zusammengetan. Er ist 2005 im berüchtigten Polizeirevier
       Dessau-Roßlau verbrannt. Auch sie kämpfen für Gerechtigkeit. Wie im Fall
       von Hanau ist nicht auszuschließen, dass sich solche Taten wiederholen. Das
       gesellschaftliche Klima dafür ist vergiftet genug. Es wird gegen
       Geflüchtete und (vermeintliche) Migrant*innen gehetzt, und Shishabars
       wie die in Hanau stehen eher im Fokus der Öffentlichkeit als Steuerskandale
       wie Cum-Ex, die im Gegensatz zu Shishabars der Allgemeinheit wirklich
       schaden.
       
       Überhaupt müssen Politik und Behörden sich fragen, ob die Opfer und
       Hinterbliebenen gut versorgt sind. Seit drei Jahren übernehmen sie ihre
       Arbeit, ohne dafür entlohnt zu werden.
       
       Emiş Gürbüz sagt, dass es bis zur Aufklärung noch ein langer Weg sein wird.
       Das Mindeste, was wir tun können, ist, uns an ihre Seite zu stellen, damit
       sie nicht allein ist.
       
       8 Feb 2023
       
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