# taz.de -- Aufbau antiwestlicher Staatenallianz: Annäherung an die Taliban
       
       > Russland und China bewegen sich Schritt für Schritt in Richtung einer
       > vollen diplomatischen Anerkennung des afghanischen Taliban-Regimes.
       
 (IMG) Bild: Kabul, 25. April: Der stellvertretende Wirtschaftsminister der Taliban, Mullah Abdul Ghani Baradar, besucht eine Messe
       
       BERLIN taz | Dank der russischen Regierung kommen Afghanistans Taliban der
       ersehnten diplomatischen Anerkennung einen Schritt näher. Am Dienstag
       verbreitete Russlands offizielle Nachrichtenagentur Tass ein Video, in dem
       Präsident Wladimir Putin lässig mit der Hand in der Hosentasche erklärt:
       „[1][Afghanistan hat Probleme], fraglos, das ist allen bekannt.“ Aber die
       Taliban seien „die Leute, die die Macht haben im heutigen Afghanistan.“
       Beziehungen mit ihnen seien „notwendig“. Man studiere dazu auch die
       Meinungen von Russlands „Partnern und Freunden in Zentralasien“.
       
       Dort unterhalten viele Länder bereits intensive Beziehungen mit den
       Taliban, ohne deren Regime allerdings bisher offiziell anzuerkennen. Wie
       westliche Länder sind sie daran interessiert, dass [2][die
       national-islamistischen Taliban am Hindukusch] weiter die weltweit
       agierende Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) bekämpfen.
       
       Bereits am Montag teilten Russlands Außen- und das Justizministerium Putin
       mit, er könne die Taliban von der Liste der terroristischen Organisationen
       streichen. Außenminister Sergej Lawrow wies darauf hin, dass Kasachstan
       dies bereits getan habe. Man warte nun auf eine Entscheidung, so Russlands
       Afghanistan-Sonderbotschafter Samir Kabulow.
       
       Er hatte den Vorschlag am Montag im Fernsehen begründet: Moskau sei an
       einer Kooperation interessiert, „nicht nur in verschiedenen
       Wirtschaftssektoren, sondern auch zwischen unseren
       Strafverfolgungsbehörden“, angesichts „des effektiven Potenzials“ der
       Taliban, „den ‚Islamischen Staat‘ zu unterdrücken und zu eliminieren“.
       
       Trotzdem sei es aber laut Kabulow „voreilig, von Anerkennung zu sprechen“.
       An diesem Thema werde „weiter gearbeitet“.
       
       ## Moskaus Handelsvolumen mit Kabul hat sich verfünffacht
       
       Bereits zwei Wochen zuvor hatte er erklärt: „Ich will nicht sagen, dass die
       Taliban unsere Freunde Nummer eins sind, aber sie sind offensichtlich keine
       Feinde.“ Russlands Handelsvolumen mit Afghanistan verfünffachte sich seit
       2021, als die Taliban wieder die Macht übernahmen, liegt aber noch deutlich
       hinter Pakistan und Iran.
       
       Bisher erkennt kein Land das Taliban-Regime vollumfänglich diplomatisch an.
       Russland, China [3][und weitere Staaten] haben jedoch Botschafter in Kabul.
       China akkreditierte als erstes Land im Weltsicherheitsrat einen von den
       Taliban ernannten Botschafter. Präsident Xi Jinping höchstpersönlich nahm
       im Januar in Peking dessen Beglaubigungsschreiben entgegen.
       
       Das ist [4][Teil der russischen und chinesischen Außenpolitik], eine
       antiwestliche Staatenallianz zu schmieden, wie dies auch bereits in Afrika
       und Teilen des Balkans sichtbar ist. Russland und China halten sich bisher
       aber an den Konsens, den Taliban nicht Afghanistans UN-Sitz zu übertragen.
       
       Die meisten Staaten Zentralasiens, einige am Golf und auch etwa die Türkei,
       akkreditierten bereits niederrangigere Taliban-Diplomaten. Auch westliche
       Länder haben Botschafter für Afghanistan, die aber in Nachbarländern
       residieren. Die der Schweiz, Japans, Norwegens und Großbritanniens etwa
       reisen regelmäßig nach Afghanistan.
       
       Andere Länder wie die USA oder Deutschland vermeiden das. Sie treffen aber
       Taliban-Vertreter, meist in Katar. Dort gab es auch wiederholt
       US-Taliban-Kontakte zum Thema Bekämpfung des IS.
       
       30 May 2024
       
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