# taz.de -- Aufbaupaket gegen Corona-Krise: Italien bejubelt Plan der EU
       
       > Italiens Premier Conte reagiert geradezu enthuasiastisch auf den
       > Vorschlag der EU-Kommission. Die populistische Rechte sieht das anders.
       
 (IMG) Bild: Begeistert: Italiens Premierminister Conte
       
       ROM taz | „Ein optimales Signal aus Brüssel, es geht genau in die von
       Italien gewiesene Richtung“. Geradezu enthusiastisch war die Reaktion des
       italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte auf den Vorschlag der
       EU-Kommission, für den Wiederaufbaufonds 750 Milliarden Euro
       bereitzustellen.
       
       Was [1][Ursula von der Leyen da vorstellte], liegt in der Tat genau auf der
       von Italiens Regierung seit März verfolgten Linie: ein in seiner
       Ausstattung robustes Paket, das 500 Milliarden Euro an Zuwendungen an die
       Mitgliedstaaten und 250 Milliarden an Krediten mit sehr langer Laufzeit und
       sehr niedrigen Zinsen vorsieht. Mehr noch, Italien würde mit 172,8
       Milliarden Euro den dicksten Batzen erhalten, 82 Milliarden davon als nicht
       rückzahlbarer Zuschuss. Und vor allem sieht die Regierung in Rom ihre
       Forderung erfüllt, den Wiederaufbaufonds per gemeinsamer europäischer
       Kreditaufnahme zu finanzieren.
       
       Entsprechend begeistert sind die Reaktionen in allen Regierungsparteien,
       nicht nur in der traditionell proeuropäischen, gemäßigt linken Partito
       Democratico (PD). Aus ihren Reihen stammt der EU-Kommissar Paolo Gentiloni,
       der am Mittwoch die „europäische Wende“ bejubelte, aus ihren Reihen auch
       der Europaminister Enz Amendola, der festhielt, „Europa ist präsent“.
       
       Aber auch das Movimento5Stelle (M5S, 5-Sterne-Bewegung) zeigte sich
       hochzufrieden. Die EP-Abgeordnete Tiziana Beghin bezeichnete den
       Kommissionsplan als „Meilenstein“. Matteo Renzi wiederum, Chef der sonst in
       der Koalition oft gegen Premier Conte polemisierenden Kleinpartei Italia
       Viva, frohlockte: „Die Europäische Union schlägt die Populisten mit 750
       (Milliarden) zu null“.
       
       ## Zustimmung zur EU war im Keller
       
       Noch vor zwei Monaten schien es in der Tat unvorstellbar, dass die EU in
       dieser Weise auf die Krise reagiert. Die Forderung von Eurobonds hatte
       seinerzeit Deutschlands Wirtschaftsminister Peter Altmaier als
       „Gespensterdebatte“ abgebügelt, [2][und von der Leyen hatte sie als
       „Slogan“ abgetan]. [3][Italien sah sich in seiner schwersten Krise wieder
       einmal allein gelassen]. Die Zustimmungswerte zur EU rutschten in dem einst
       klar proeuropäischen Land in den Keller, etwa die Hälfte der
       Italiener*innen konnte sich gar einen Austritt aus der Union, einen
       Abschied auch vom Euro vorstellen.
       
       Inakzeptabel erschien Italien auch der Vorschlag, dass Europa dem Land
       allein mit günstigen Krediten etwa aus dem Europäischen
       Stabilitätsmechanismus unter die Arme greift. Das Land hatte schon vor der
       Coronakrise eine Staatsverschuldung von 135 Prozent des
       Bruttoinlandsprodukts. Der jetzige konjunkturelle Schock wird das Wachstum
       dieses Jahr voraussichtlich um 10 Prozent einbrechen lassen und die
       Neuverschuldung auf 10 Prozent hochtreiben – am Jahresende wird deshalb ein
       Schuldenberg von 160 Prozent erwartet.
       
       Europäische Kredite hätten da den einzigen Vorteil, dass sie zu günstigeren
       Zinsen zu haben wären, doch auch sie würden die nationale
       Gesamtverschuldung weiter nach oben treiben. Deshalb setzte und setzt
       Italien auf echte europäische Lösungen, deshalb zeigt es sich jetzt so
       enthusiastisch.
       
       Der Enthusiasmus hat allerdings Ausnahmen. Die starke populistische Rechte
       mag in den Jubelchor nicht so recht einstimmen. Matteo Salvini, Chef der in
       den aktuellen Umfragen bei 26 Prozent liegenden rechtsnationalistischen
       Lega, beschwerte sich, aus Brüssel seien auch jetzt wieder nur „Worte statt
       Taten“ gekommen. Diese einigermaßen lahme Kritik macht jedoch zugleich die
       Schwierigkeit deutlich, in der er sich befindet: Inhaltlich hat auch er an
       dem Vorschlag der Kommission nichts auszusetzen.
       
       Einen Schritt weiter geht Giorgia Meloni, Vorsitzende der
       postfaschistischen Fratelli d’Italia (Brüder Italiens), die in den Umfragen
       bei 14 Prozent liegen. Sie hält den EU-Plan für „unbefriedigend“, und sie
       beschwert sich, die Mittelvergabe sei „an von Brüssel diktierte Reformen“
       gebunden – ganz so, als sei etwa eine Steigerung der Effizienz der
       italienischen Justiz gegen die Interessen des Landes.
       
       28 May 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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