# taz.de -- Blutspende-Diskriminierung aufgehoben: Alle können spenden
       
       > Der Bundestag hat eine diskriminierungsfreie Auswahl zur Blutspende
       > beschlossen. Die Neuregelung war seit Jahren gefordert worden.
       
 (IMG) Bild: Die sexuelle Orientierung ist beim Blutspenden kein Ausschlusskriterium mehr
       
       BERLIN taz | „Danke für diese überfällige Klarstellung“, [1][twitterte der
       Queerbeauftragte] der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne). Der Bundestag
       hat am Donnerstagabend dafür gestimmt, dass homosexuelle Männer, bisexuelle
       und trans Personen nicht länger bei der [2][Blutspende diskriminiert]
       werden. Die auch im Koalitionsvertrag vereinbarte Änderung des
       Transfusionsgesetzes wurde mit den Stimmen der Ampelkoalition beschlossen.
       
       In [3][dem Gesetz] ist ausdrücklich festgehalten, dass die sexuelle
       Orientierung bei der Auswahl von Blutspender*innen nicht länger
       berücksichtigt werden darf. Jahrzehntelang waren insbesondere homosexuelle
       Männer mit der Begründung von erhöhter HIV-Gefahr gänzlich von der
       Blutspende ausgeschlossen. Seit 2017 ist es queeren Menschen möglich, Blut
       zu spenden. Allerdings mussten homosexuelle Männer zuvor Fragen zu ihren
       sexuellen Aktivitäten beantworten. Hatten sie innerhalb von 12 Monaten nur
       mit einer Person Sex gehabt, kamen sie als Spender infrage. Zuletzt wurde
       diese Grenze auf vier Monate herabgesetzt. Für andere Spender*innen gab
       es aber überhaupt keine Grenze.
       
       Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte diese Regelung als
       Diskriminierung eingestuft: „Ob jemand Blutspender werden kann, ist eine
       Frage von Risikoverhalten, nicht von sexueller Orientierung“, so
       Lauterbach.
       
       Auch der Lesben- und Schwulenverband (LSVD) begrüßte die Gesetzesänderung:
       „Viel zu lange schon halten die Bundesärztekammer und andere zuständige
       Stellen an überholten Vorstellungen von schwuler, bisexueller und trans*
       Sexualität fest und tragen damit zur anhaltenden Stigmatisierung queerer
       Menschen bei“, so Alva Träbert vom LSVD-Vorstand. Träbert verwies darauf,
       dass die Auswahlrichtlinien aus der Zeit stammten, wo es noch wenige
       Kenntnisse bezüglich der Übertragung und Diagnose von HIV und anderen
       Infektionskrankheiten gab. Inzwischen gebe es moderne Testverfahren, um die
       Sicherheit von Blutprodukten zu überprüfen.
       
       ## Zweifel ob Diskriminierung in der Praxis abnimmt
       
       Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU, Tino Sorge, äußerte Bedenken,
       dass der Schutz von Blutspendeempfänger*innen durch die Änderung
       weniger werden würde: „Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partnern,
       die Nähe zu gefährdeten Milieus und andere Risikofaktoren müssen auch
       zukünftig verlässlich ausgeschlossen werden“, so Sorge.
       
       Die Deutsche Aidshilfe äußerte sich dagegen vorsichtig optimistisch zu den
       Änderungen. Ob diese wirklich Diskriminierungen verhindern würde, könne nur
       die Praxis zeigen: „Die bisherigen Veröffentlichungen der Bundesärztekammer
       […] lassen darauf schließen, dass es den Beteiligten an Wissen gegenüber
       den Lebens- und Verhaltensweisen schwuler Männer und trans Menschen sowie
       an sprachlicher Sensibilität mangelt“, heißt es in einer Stellungnahme.
       
       Durch die Gesetzesänderungen dürfen nun auch trans Personen nicht länger
       bei der Blutspende [4][diskriminiert werden]. Ein Ausschluss darf nur noch
       „auf Grundlage des jeweiligen individuellen Sexualverhaltens der
       spendewilligen Person“ erfolgen, nicht aber wegen der Geschlechtsidentität,
       einer Gruppenzugehörigkeit oder wegen des Geschlechts der
       Sexualpartner*innen.
       
       Auch ein Ausschluss von Blutspenden aufgrund des Alters wird durch die
       Gesetzesänderung aufgehoben. Zukünftig sollen Ärzt*innen darüber
       entscheiden, ob Menschen für die Spende geeignet sind. Täglich werden in
       Deutschland etwa 15.000 Blutspenden für Operationen und Behandlungen
       kranker Menschen benötigt. Aufgrund des Anstiegs von Infektionskrankheiten,
       [5][auch durch Corona], werden aktuell mehr Blutspenden gebraucht. Nach
       einer Krankheit mit Erkältungssymptomen sollten die Personen bis zu vier
       Wochen symtomfrei sein, um wieder Blut spenden zu dürfen. Welche
       Blutgruppen bei Spenden aktuell besonders gewünscht sind, zeigt das
       Deutsche Rote Kreuz online auch in [6][einem Blutgruppenbarometer].
       
       17 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/svenlehmann/status/1636410633435455488?cxt=HHwWgIC9iaKz2bUtAAAA
 (DIR) [2] /LGBTQI-Rechte-in-Deutschland/!5908375
 (DIR) [3] https://www.gesetze-im-internet.de/tfg/__5.html
 (DIR) [4] /Aktionsplan-fuer-sexuelle-Vielfalt/!5896128
 (DIR) [5] /Blutspenden-in-Deutschland-werden-knapp/!5858336
 (DIR) [6] https://www.blutspende-nordost.de/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Linda Gerner
       
       ## TAGS
       
 (DIR) IG
 (DIR) Blutspende
 (DIR) Diskriminierung
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Karl Lauterbach
 (DIR) Schwerpunkt LGBTQIA-Community
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
 (DIR) Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Studie zur Situation von LGBTIQ+: Ungeliebte Schwiegerkinder
       
       Laut einer neuen Studie fehlt es queeren Menschen in Deutschland an
       Rechtssicherheit – und besonders trans und inter an gesellschaftlicher
       Akzeptanz.
       
 (DIR) LGBTQI+-Rechte in Deutschland: Blutspende wird erleichtert
       
       Die sexuelle Orientierung und das Geschlecht sollen im neuen
       Transfusionsgesetz keine Rolle mehr spielen. Das fordert
       Gesundheitsminister Lauterbach.
       
 (DIR) LGBTIQ-Menschen in der Arbeitswelt: Diskriminierung bleibt Alltag
       
       JedeR dritte Homosexuelle wurde am Arbeitsplatz schon diskriminiert, so
       eine neue Studie. Unter trans Personen sind die Zahlen noch höher.